Gläubigerversammlung:Arcandor-Gläubiger wetzen die Messer

Forderungen von 19 Milliarden Euro - die Causa Arcandor wird zum größten Insolvenzverfahren der deutschen Geschichte. Viele Gläubiger werden fast leer ausgehen.

Mit der Gläubigerversammlung des Handels- und Touristikkonzerns Arcandor geht das größte Insolvenzverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik in eine neue Runde.

Karstadt, ddp

Eine brennende Fackel vor Karstadt: Viele Beschäftigten haben jetzt große Zugeständnisse beim Gehalt gemacht, um dem Konzern Luft zu verschaffen.

(Foto: Foto: ddp)

Mit angemeldeten Förderungen von bis zu 19 Milliarden Euro und bis zu 50.000 Gläubigern stelle Arcandor sowie seinen zahlreichen Tochtergesellschaften alle bisherigen Verfahren in den Schatten, sagte ein Sprecher des Essener Amtsgerichts.

Und schon jetzt ist klar: Zumindest die Gläubiger-Gruppe der insolventen Arcandor-Holding wird kaum etwas von ihren angemeldeten Forderungen in Höhe von 15 Milliarden Euro wiedersehen. Die Quote für die Gläubiger werde angesichts der geringen Vermögenswerte und der hohen Zahlungsverpflichtungen "im unteren Promille-Bereich liegen", sagte der Insolvenzverwalter der Arcandor AG Klaus Hubert Görg gemäß einem vorab verbreiteten Manuskript.

Das heißt: Für jeden Euro, den Arcandor schuldig geblieben ist, werden die Gläubiger weniger als einen Cent zurückerhalten.

Im Video: Vor fast leeren Reihen hat die Gläubigerversammlung der insolventen Arcandor AG begonnen.

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Vier Amtsrichter und sechs Rechtspfleger seien mit den insgesamt 37 Verfahren, darunter die Fälle Karstadt und Quelle, beschäftigt. Insgesamt rechnen die Experten mit einer Verfahrensdauer von bis zu zehn Jahren.

Beim ersten Treffen am Montag geht es zunächst nur um die Dachgesellschaft Arcandor, die derzeit noch 94 Mitarbeiter beschäftigt. Eine Rettung dieser Holding steht jedoch nicht auf dem Plan von Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg, der bei dem Termin einen Bericht über die Entwicklung des Unternehmens seit dem Insolvenzantrag am 9. Juni vorlegen will. Etwa 600 bis 700 Gläubiger haben ihre Forderungen angemeldet.

Höhepunkt der Woche dürfte am Dienstag die Karstadt-Gläubigerversammlung werden, bei der es um das weitere Schicksal von 126 Waren- und Sporthäusern sowie von 28.000 Beschäftigten geht. Allein schon bei dieser Veranstaltung haben 33.500 Gläubiger ihre Forderungen zu Protokoll gegeben. Noch am Montag wollte die große Tarifkommission der Gewerkschaft Verdi über einen am Wochenende ausgehandelten Sanierungsbeitrag der Beschäftigten in Höhe von 150 Millionen Euro beschließen. Die Einkommenszugeständnisse sollen zunächst auf ein Treuhandkonto fließen. Mit einer Entscheidung wird im Lauf des Tages gerechnet.

Quelle-Aus besiegelt

Dabei besteht für viele Karstadt-Beschäftigte durchaus Hoffnung. Denn einem Bericht des Handelsblatts zufolge kommt die Sanierung der insolventen Warenhauskette besser voran als erwartet. Insolvenzverwalter Görg, der sich einen Erhalt des Warenhausunternehmens als Ganzes zum Ziel gesetzt hat, werde der Gläubigerversammlung im operativen Geschäft schwarze Zahlen präsentieren, hieß es. Vor allem der Oktober sei sehr gut gelaufen.

Am Mittwoch steht dann der Niedergang des Versandhändlers Quelle auf dem Programm. Die Zahl der Quelle-Gläubiger beziffert das Essener Amtsgericht auf etwa 8000. Der Insolvenzverwalter hatte den Erhalt von Quelle bereits vor mehr als zwei Wochen für gescheitert erklärt. Ein Investor für das Traditionsunternehmen hatte sich nicht gefunden.

Bitter für die Beschäftigten: Rund 2000 der etwa 6000 verbliebenen Quelle-Mitarbeiter mussten bereits gehen. Derzeit läuft der Ausverkauf von Quelle. Das endgültige Ende des Versandhändlers ist besiegelt.

Im Lauf des Novembers finden in Essen noch 34 weitere Gläubigerversammlungen von Arcandor-Gesellschaften statt, deren Insolvenzverfahren von Görg abgewickelt werden. Treffpunkte der Gläubiger sind dabei entweder die Räume des Essener Amtsgerichts oder sogar die Kantine der Arcandor-Hauptverwaltung.

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