Banken:Der Kosten-Check fürs Girokonto

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Banken verlangen für Girokonten zunehmend höhere Preise. Eine Grundgebühr muss aber nicht immer ein Nachteil sein.

(Foto: Christoph Hardt/imago/Future Image)

Immer weniger Banken und Sparkassen bieten kostenlose Girokonten an. Doch es gibt sie, die günstigen Alternativen. Man muss nur danach Ausschau halten. Neue Anbieter sind schon da.

Von Benjamin Emonts

Die Liste der Kontogebühren verbirgt sich in den "Pflichtinformationen" auf dem Online-Portal der Münchner Bank, gleich neben dem Impressum. Der monatliche Grundpreis für eines der Kontomodelle namens "Ehrlich": 5,40 Euro. Dispozins: 11,19 Prozent. Beleglose Buchungen: 30 Cent. Girocard: 7,50 Euro im Jahr. So oder so ähnlich kassieren viele Banken mehr und mehr Gebühren. Doch für die Verbraucherinnen und Verbraucher gibt es Alternativen zu kostspieligen Girokonten. Sie müssen bloß danach suchen.

Viele Menschen, das betonen Finanzexperten wie Horst Biallo, zahlen deutlich zu viel für ihre Konten. Das von ihm gegründete Verbraucherportal Biallo.de nimmt jeden Monat die Preispolitik von mehr als 1300 Kreditinstituten ins Visier. Nach neuesten Zahlen des Portals bieten bundesweit nur noch 30 Banken bedingungslos kostenlose Girokonten an - nicht halb so viele wie im Vorjahr. Als nächste Direktbank schafft Comdirect, die Online-Tochter der Commerzbank, ihr bedingungslos kostenloses Girokonto ab. Zum Nulltarif gibt es das Konto für Bestandskunden ab Mai nur noch bei einem monatlichen Geldeingang von mindestens 700 Euro, drei Zahlungen über Apple Pay oder Google Pay oder einem Wertpapiergeschäft.

Speziell Regionalbanken schrauben derzeit kräftig an ihren Grundpreisen, auch weil sie in ländlichen Regionen kaum Konkurrenz fürchten müssen. Teilweise schlagen die Geldhäuser mal eben drei Euro pro Monat obendrauf. Nach Angaben der Stiftung Warentest gibt es aber eine Schmerzgrenze: "Für ein Girokonto inklusive Girocard und Onlinebuchungen sollte niemand mehr als fünf Euro im Monat oder 60 Euro im Jahr bezahlen."

Laut Biallo.de haben im vergangenen Jahr rund 800 Banken die Kosten für mindestens eines ihrer Girokonten erhöht. Das Statistische Bundesamt hat ermittelt, dass die Gebühren für Girokonten 2020 durchschnittlich um 6,4 Prozent gestiegen sind. Zwischen den Jahren 2015 bis 2019 erhöhten sich die Preise demnach sogar um satte 25 Prozent, während die Inflationsrate im selben Zeitraum deutlich langsamer um 0,9 Prozentpunkte anzog.

Die Banken argumentieren mit den niedrigen Zinsen

Die drastischen Erhöhungen begründen die Banken meist mit der Zinsentwicklung in der Euro-Zone. Obwohl sie mehr Darlehen denn je vergeben, ließe sich an Kreditgeschäften kaum noch etwas verdienen in Zeiten von Niedrig- und Negativzinsen, argumentieren die Geldinstitute. Besonders Filialbanken weisen daraufhin, dass sie ihre Filialen und Angestellten am Schalter finanzieren müssten. Niels Nauhauser, Finanzexperte in der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, hält von diesen Argumenten nicht viel: "Das Narrativ lautet, dass die Banken wegen der Zinspolitik nicht anders können, aber die Jahresberichte sprechen eine andere Sprache", sagt er. "Bei vielen Banken tragen die erhöhten Kontogebühren zum Gewinn bei, die Einnahmen daraus sind weit höher als die Aufwendungen."

Die Kreditinstitute, so viel ist klar, sind erfinderisch geworden, um ans Geld ihrer Kundinnen und Kunden zu kommen. Sie erhöhen die Grundgebühren, kassieren für Kontoauszüge und nehmen mancherorts sogar Gebühren für Abhebungen am hauseigenen Automaten. Laut Biallo verlangen inzwischen 463 Banken Extrageld für Kartenzahlungen beispielsweise im Supermarkt oder beim Bäcker, pro Zahlvorgang können bis zu 75 Cent anfallen. Gerade in Corona-Zeiten, in denen jeder Zweite bargeldlos zahlt, komme so einiges zusammen für die Banken. Doch "mit dieser Preispolitik", ist Biallo überzeugt, "schaufeln sich Filialbanken ihr eigenes Grab".

Wie also findet man das richtige Konto? Die Stiftung Warentest, die seit vergangener Woche im Auftrag der Bundesregierung einen kostenlosen Kontenvergleich anbietet, empfiehlt, zunächst zu prüfen, ob das eigene Nutzerverhalten zu den Konditionen des Girokontos passt. Hilfreich ist dabei auch ein Blick in die gesetzlich vorgeschriebene "Entgeltinformation", welche die Banken auf Antrag einmal im Jahr vorlegen müssen. Dort sind alle angelaufenen Kosten für das Girokonto aufgelistet. Für Unzufriedene gilt: Vergleichen lohnt sich.

Das Konto sollte zum Nutzungsverhalten passen

Wer etwa viel zu buchen hat, sollte sich fernhalten von Kontomodellen, bei denen jede Abbuchung kostet. Für diese Vielnutzer kann sich ein sogenanntes Premiumkonto mit einem höherem Grundpreis lohnen, das die meisten anderen Zusatzleistungen beinhaltet. Wer hingegen oft im Minus ist, sollte auf einen nicht zu hohen Dispo- und Überziehungszins achten. Vielerorts liegt dieser bereits weit über der Zehn-Prozent-Marke. Die Raiffeisenbank Plankstetten in der Oberpfalz liegt im bundesweiten Vergleich der Regionalbanken mit 13,75 Prozent ganz vorne. Wer dort auch noch den Dispo überzieht, zahlt saftige 18,75 Prozent.

Menschen, die viel unterwegs sind und gerne verreisen, sollten über ihre Bank an möglichst vielen Automaten kostenlos Geld abheben können. Bei einigen Anbietern wie der Norisbank oder der DKB sind dies rund 58 000 Automaten bundesweit. Wer regelmäßig größere Summen auf seinem Girokonto aufbewahrt, sollte dringend sicherstellen, dass seine Bank keine Negativzinsen verlangt. Beispielsweise nimmt die Sparkasse Barnim in Brandenburg von Neukunden seit 1. April ein Verwahrentgelt von minus 0,5 Prozent ab einem Betrag von 50 000 Euro. Man kann sich aber auch überlegen, wie wichtig einem das persönliche Gespräch in der heimischen Filiale ist. In diesem Fall muss man auch bereit sein, Geld dafür zu auszugeben.

Weit oben in den Bestenlisten der Online-Konten steht das Cash-Konto der DKB, weil dort sämtliche Buchungen sowie Giro- und Kreditkarten kostenlos sind und der Dispozins vergleichsweise niedrig ist (Tabelle). Bedingungslos kostenfrei ist beispielsweise auch das Online-Only-Konto der Raiffeisenbank im Hochtaunus. Bei den Filialkonten schneidet das Pluskonto der Hypovereinsbank gut ab. In den ersten fünf Jahren kostet das Konto für Neukunden keine Grundgebühr, danach 9,90 Euro im Monat. Auch die knapp 40 Banken, die ihre kostenlosen Girokonten an einen monatlichen Geldeingang knüpfen, sind für viele attraktiv. Bei den Online-Konten der ING oder Comdirect liegt der Betrag bei 700 Euro; nur wenige Banken fordern mehr. Das könnten auch Geringverdiener mit ihrem Lohn stemmen, sagt Biallo.

Finanz-Start-ups kommen mit neuen Angeboten

Wer vor allem Geld abheben und überweisen muss, kann sich auch die meist einfach gehaltenen Girokonten von Online-Banken und Finanz-Start-ups anschauen. Der Kundenkontakt läuft dort ausschließlich über Mail oder Chat. Da diese Unternehmen weniger Ausgaben für Personal haben, bekommen ihre Kunden häufig günstigere Konditionen. Bereits im Jahr 2019 ist in Deutschland beispielsweise die Open Bank der spanischen Santander-Gruppe auf den Plan getreten. Die Online-Bank bietet ohne Wenn und Aber ein Girokonto zum Nulltarif an. In der Testphase steckt gerade das neue Girokonto vom schwedischen Finanzunternehmen Klarna, das sich als Zahlungsdienstleister einen Namen gemacht hat. Auch Fintechs wie Vivid oder Tomorrow bieten kostenlose Kontoführung, man kann diese Konten allerdings nicht überziehen.

Da ständig neue Konkurrenten auf den Markt drängen, geht Finanzexperte Biallo davon aus, dass kostenlose Girokonten so schnell nicht verschwinden werden. Das Wechseln der Bank funktioniere in den meisten Fällen sehr schnell und mittlerweile sogar vom Smartphone aus, sagt Verbraucherschützer Nauhauser. Er verweist auf die gesetzlich garantierte Kontowechselhilfe, wonach alte und neue Bank miteinander kooperieren müssen. "Wenn die Sparkasse ständig die Preise erhöht, können die Kundinnen und Kunden ihr dafür auch die rote Karte zeigen", sagt er. "Es ist ihr gutes Recht."

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