Gipfelstürmer:Strom statt Wurst

Robert Tönnies, Mitinhaber des Fleischkonzerns, will mit dem Leasing von Elektroautos Geld verdienen. Dafür lässt er Oldtimer umrüsten.

Von Caspar Busse, Kitzbühel

Hemd, Jeans, Turnschuhe - auf den ersten Blick wirkt Robert Tönnies, 39, wie einer dieser vielen Start-up-Unternehmer. Und so fühlt er sich an diesem Montag auch, obwohl er aus einem alteingesessen Konzern kommt. Ihm gehören 50 Prozent der Anteile an der Tönnies-Gruppe, einem der größten deutschen Betriebe für Schlachtung und Fleischverarbeitung. Die Familie gehört zu den wohlhabendsten in Deutschland. Vor einigen Wochen erst hat er sich nach einem harten und langen juristischen Streit mit seinem Onkel Clemens auf eine Neuordnung des westfälischen Konzerns geeinigt. Aber all das lastet Tönnies offenbar nicht aus. Anfang 2016 hat er ein weiteres Unternehmen gegründet. Und er hat große Pläne damit.

Die Electrify GmbH mit Sitz in Bielefeld beschäftigt sich mit Elektromobilität. Derzeit wird bereits eine Flotte betrieben. Gewerbliche und private Nutzer leasen die rund 150 E-Autos, vor allem Pflegedienste sind Kunden. Es handelt sich Tönnies' Angaben zufolge um das erste reine Elektro-Fahrzeugleasing in Deutschland. Der Start sei erfolgreich, das Wachstum gut, sagt Tönnies. Demnächst sollen weitere Niederlassungen folgen, neben Bielefeld auch in Dortmund und Osnabrück.

Gipfelstürmer: Sonst handelt er mit Fleisch, nun will er mit nachhaltigerer Mobilität Geld verdienen: Unternehmer Robert Tönnies (re.) in einem umgerüsteten VW Käfer-Cabrio.

Sonst handelt er mit Fleisch, nun will er mit nachhaltigerer Mobilität Geld verdienen: Unternehmer Robert Tönnies (re.) in einem umgerüsteten VW Käfer-Cabrio.

Aber das ist nur der Anfang. Nun erweitert Tönnies das Angebot. Zusammen mit seinem Partner Dennis Murschel und einem Team von 15 Ingenieuren hat er in Renningen in der Nähe von Stuttgart eine Art Auto-Manufaktur aufgebaut. Dort werden teilweise 40 Jahre alte VW Käfer-Cabrio aufwendig umgebaut und mit Elektromotoren ausgestattet.

Tönnies glaubt, dass dies ein großer Markt werden kann. "Wir wollten ein besonderes Elektro-Auto bauen", sagt er bei einer Präsentation in Kitzbühel. Und: "Wir wollen die Historie mit der Zukunft verbinden." Bei der Überlegung, alten Stil und neue Technik zu verbinden, sind er und seine Mitarbeiter auf den Käfer-Cabrio gekommen. Rund 1500 historische Käfer-Cabrio-Modelle gebe es in Deutschland pro Jahr zu kaufen, sagt Tönnies. Für Nachschub sei also immer gesorgt. Einige Oldtimer werden in einer Halle bei Stuttgart eingelagert und dann aufwendig auseinandergebaut. Die Einzelteile werden bearbeitet und neu zusammengesetzt. Am Ende steht ein Retro-Modell mit Elektro-Antrieb.

Dafür sind einige Schritte notwendig: Es wird ein doppelter Boden eingezogen, um Platz für die Batterie zu schaffen. Auch bei den Tesla-Modellen ist die Batterie dort verbaut. Dadurch habe das Auto einen sehr tiefen Schwerpunkt und lasse sich besonders gut fahren, schwärmt Tönnies. Ansonsten wird der Wagen möglichst originalgetreu restauriert, hat zwar auch einen berührungsempfindlichen Bildschirm, verfügt aber zum Beispiel nicht über Servolenkung.

Gipfelstürmer

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"Das ist kein Hobby. Wir wollen damit Geld verdienen", betont Tönnies. Es gebe seiner Ansicht nach einen Markt von Liebhabern, die sich solche Fahrzeuge leisten können. Zunächst sollen bis zu 25 Fahrzeuge mit dem - übrigens nicht geschützten - Namen "Retro-Käfer" im Jahr hergestellt werden. Der Stückpreis soll bei mehr als 100 000 Euro liegen, dafür werde eine Garantie von bis zu zehn Jahren gewährt. Kunden zu finden, sei einfach, sagt Tönnies, der offenbar bereits den Markt sondiert hat.

Um das Projekt bekannt zu machen, werden zunächst Fahrzeuge an bekannte Hotels gegeben, wo diese tageweise für etwa 220 Euro ausgeliehen werden können. Das erste Modell bekommt die Nobelherberge "Stanglwirt" in der Nähe von Kitzbühel. So soll die kaufkräftige Kundschaft in Kontakt mit den Retro-Modellen kommen, sagt Tönnies.

"Wir müssen zu nachhaltigem Wirtschaften kommen", betont der Unternehmer. Die Vorurteile gegen E-Mobilität müssten abgebaut, die Popularität gesteigert werden. Schon seit einigen Jahren fährt Oldtimer-Liebhaber Tönnies bereits ein Model S von Tesla. Die Fahreigenschaften hätten ihn begeistert, sagt er, Elektroautos gehören seiner Ansicht nach die Zukunft. Ob das Konzept auch auf andere Oldtimer ausgedehnt werde, sei offen.

Kapital dafür wäre vorhanden. Die Tönnies-Holding, wegen ihrer Geschäftspraktiken umstritten, machte zuletzt mit mehr als 10 000 Beschäftigten einen Umsatz von rund sechs Milliarden Euro - und gute Gewinne, die in Start-up-Firmen investiert werden können.

Mit dem Gipfelstürmer-Wettbewerb zeichnet der SZ-Wirtschaftsgipfel am 19. November deutsche Gründer aus. Die Serie begleitet den Wettbewerb. Bewerbungen und weitere Infos unter: www.sz-wirtschaftsgipfel.de/gipfelstuermer.

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