Wäre die Deutsche Bahn nicht so grandios unpünktlich und chaotisch, wie sie nun leider ist, dann würden ihre Kunden wahrscheinlich bevorzugt darüber lamentieren: dass man auch im Jahr 2025 noch sehr unzuverlässigen Internet-Empfang in den Zügen hat. Man möge doch bitte fair sein, mahnt die Bahn, wenn man das Wlan in den Zügen nutzen will, und nicht etwa größere Datenmengen herunterladen oder Filme streamen. Denn dann bleibe für andere Fahrgäste nicht mehr genug Kapazität frei. Doch das soll sich ändern.
Die vier deutschen Mobilfunkbetreiber Telekom, Vodafone, O2 und 1&1 haben sich mit der Bahn, dem deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), dem Netztechnikanbieter Ericsson, dem Funkturmspezialisten Vantage Towers und der Infrastrukturfirma RIN zusammengetan für ein Forschungsprojekt mit dem Namen Gigabit Innovation Track XT, kurz Gint XT. Das Ziel: Gigabit-Versorgung an Zugstrecken, oder, weniger technisch gesagt: superschnelles Internet für Zugreisende.
Beim Vorgängerprojekt Gint hatte sich gezeigt, dass es grundsätzlich möglich ist, Züge mit schnellem Netzzugang zu versorgen. Um das aber abseits von kurzen Teststrecken hinzubekommen, müssen die Partner kooperieren. „Gigabit am Gleis ist machbar, wenn alle mit anpacken“, sagt O2-Chef Markus Haas. Marcel de Groot, Chef von Vodafone Deutschland, erklärt, warum: Man nutze dafür die 5G-Frequenzen aller Netzbetreiber. Die vier Mobilfunkbetreiber teilen also für das schnelle Internet im Zug ihre Funkfrequenzen für die derzeit schnellste Funktechnologie. Ericsson liefert dafür die technischen Grundlagen.
Erstes Projekt der neuen Allianz ist die Bahnstrecke Berlin –Hamburg. Die will die Bahn ohnehin komplett sanieren und dabei auch den kommenden Bahnfunk FRMCS (Future Rail Mobile Communication System) installieren. Dafür müssen Masten etwa jeden Kilometer aufgestellt, Versorgungscontainer bereitgestellt sowie Strom- und Datenleitungen verlegt werden. Dies alles wird die Bahn auch den Projektpartnern zur Verfügung stellen. Damit können also über die Infrastruktur des FRMCS-Systems auch die Einrichtungen für den schnellen Mobilfunk versorgt werden.
Zunächst nur auf einer Strecke
Beim Ausbau von FRMCS steht die Bahn unter Zeitdruck, denn spätestens 2035 soll das System den bisher genutzten Standard GSM-R ablösen. Etwa 20 000 Masten müssen dafür errichtet, Glasfaserkabel verlegt, Stromversorgungen bereitgestellt werden. Etwa sechs Milliarden Euro soll das alles kosten.
Das schnelle Internet kommt vorläufig nur auf der Strecke Hamburg – Berlin. Getestet werden muss dabei auch, wie es abseits der bisherigen, kurzen Teststrecke in Mecklenburg-Vorpommern aussieht. Dort fahren Züge nur bis 140 Stundenkilometer schnell. Im Realbetrieb und bei höheren ICE-Geschwindigkeiten sieht es dann schon anders aus.
Es geht also erst einmal um Machbarkeit. Entlang der Schienen, sagt Vodafone-Mann de Groot, sei es eben „besonders herausfordernd, schnelles Netz von den Funkmasten auch tatsächlich hinein zu den Reisenden und Pendlern zu bringen“. Erst wenn das erfolgreich ist, können weitere Strecken mit dem schnellen Netz versorgt werden. Bis dahin heißt es also weiter, Rücksicht im Bahn-Wlan zu nehmen.