Gezerre um Alstom:Frankreich hat das letzte Wort bei Übernahmen

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Es ist die ultimative Waffe, um Alstom und andere Firmen vor dem Zugriff von US-Konzernen zu schützen: Die französische Regierung verleiht sich selbst bei Übernahmen ein weitgehendes Vetorecht, verstößt damit aber möglicherweise gegen EU-Recht.

Die Furcht vor den Amerikanern in Frankreich ist groß. Sollte der US-Konzern General Electric das französische Industrieunternehmen Alstom übernehmen, dann bestehe die Gefahr, "ein großes Entscheidungszentrum zu verlieren", hatte der französische Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg im April gesagt. Diesem Szenario ist die Regierung nun mit einem Dekret zuvorgekommen, das ihr weitreichenden Einfluss einräumt ( PDF).

Frankreich kann nun die Übernahme von französischen Firmen in strategisch wichtigen Industrien wie Energie, Wasser, Telekommunikation oder Gesundheitswesen durch ausländische Unternehmen blockieren. Sollte ein Konzern Alstom übernehmen wollen, müsste nun der Wirtschaftsminister zustimmen. Es ist ein weiterer Eingriff in den Markt, mit dem die französische Regierung versucht, europäische Großkonzerne aufzubauen, frei von Einfluss aus Übersee.

Alstom prüft derzeit ein Übernahmeangebot des US-Konzerns General Electric, auch Siemens aus Deutschland hat Interesse an Alstom. Frankreichs Präsident François Hollande und Montebourg sehen eine Übernahme durch GE kritisch und befürchten Arbeitsplatzverluste in Frankreich. Siemens will die Alstom-Bücher bis Ende des Monats prüfen und dann über ein konkretes Angebot für Alstom entscheiden.

Das Dekret diene "dem Schutz strategischer Interessen Frankreichs", sagte Montebourg der Tageszeitung Le Monde. Die Entscheidung sei aus Gründen des "wirtschaftlichen Patriotismus" gefallen. Es ginge nicht in erster Linie um die Blockade von Übernahmen, sondern darum, Interessen zu sichern. Im Jahr 2005 hatte die Regierung schon einmal verschiedene Unternehmen benannt, die gesetzlich vor Übernahmen geschützt werden sollten. Damals wollte der US-Konzern Pepsi Danone übernehmen.

Unstrittig ist das Vetorecht nicht: Es könne den freien Kapitalverkehr in Europa einschränken, sagte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Die französische Regelung dürfe nicht dazu führen, dass alle Transaktionen zum Einstieg in eine Firma nationalen Behörden vorgelegt werden müssten. "Das wäre eindeutig Protektionismus." Er werde prüfen, ob das Dekret mit EU-Recht vereinbar sei, kündigte der französische EU-Kommissar an.

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