Getränkeindustrie:Bierpreis wird steigen

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Das Bier schmeckt vielen – und doch jubeln die Brauer nicht. (Foto: Robert Haas)

Der Branche könnte es so richtig gut gehen. Die Weltbevölkerung nimmt zu, mehr Menschen können sich etwas leisten. Doch Protektionismus und hohe Kosten bereiten Sorgen.

Von Uwe Ritzer, Nürnberg

Rekord? Nun, sagt Rolf Keller und überlegt einen Moment, ob er den Begriff umschiffen kann. Zu vollmundig will das Mitglied in der Geschäftsleitung der Nürnberger Messegesellschaft nicht rüberkommen. Aber andererseits: Ja, noch nie war die Brau-Beviale größer. Noch nie kamen mehr Vertreter der Getränkewirtschaft, von Rohstofflieferanten über Brauer und andere Getränkehersteller bis zu Maschinenbauern, zur wichtigsten Branchenmesse, die an diesem Dienstag beginnt. Nicht zuletzt dank des langen und warmen Sommers, in dem naturgemäß viel getrunken wurde, bringen fast alle gute Geschäftszahlen mit nach Nürnberg. Und doch ist die Stimmung getrübt.

Volker Kronseder, 65, etwa, Aufsichtsratschef und mit seiner Familie Mehrheitseigner des Getränketechnikkonzerns Krones, macht sich Sorgen. Der bayerische Unternehmer spricht auch für 600 deutsche Hersteller von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen. Mit einem Anteil von mehr als einem Fünftel sind sie Weltmarktführer. 2017 lag ihr Umsatzplus bei fünf Prozent. Die Branche ist stark exportabhängig; 80 Prozent der Maschinen werden ins Ausland verkauft.

Drei Megatrends kämen ihnen zugute, sagt Kronseder: die Zunahme der Weltbevölkerung, die Urbanisierung und dass immer mehr Menschen sich abgefüllte Getränke leisten können. Die Geschäfte könnten also dauerhaft boomen, wären da nicht der wachsende Protektionismus bis hin zum Handelskrieg zwischen den USA und China. Kronseder wittert dahinter "nicht nur einzelne Personen, sondern leider generelle Strömungen". Und er schiebt etwas verbittert nach: "Allmählich schaffen die es, dass das Wachstum zurückgeht".

Anders als Kronseder ist Georg Rittmayer noch neu in seinem Amt. Seit wenigen Tagen erst amtiert der Oberfranke als Präsident der Privaten Brauereien in Bayern. Deren Märkte sind meist regional, weshalb sie die weltpolitischen Einflüsse weniger tangieren als die Maschinenbauer. Sie plagt mehr, dass in Deutschland der Bierkonsum seit Langem langsam, aber stetig zurückgeht; 2017 um zwei Prozent auf 93 Millionen Hektoliter, was im internationalen Ranking immer noch einen respektablen fünften Rang beschert, nach China, den USA, Brasilien und Mexiko.

Andererseits gibt es hierzulande immer mehr Brauereien, 1500 an der Zahl, weil der Boom der kleinen, aber feinen Craft-Brewer zwar etwas abgeebbt, aber noch lange nicht vorbei ist. Bier ist nicht nur Massen-, sondern bei immer mehr Konsumenten vor allem Genussgetränk. Die Nachfrage nach besonderen Bieren oder neuen Sorten steigt. "Die Konsumenten", sagt Rittmeyer, würden "immer mehr auf Klasse statt Masse, auf Individualität und Regionalität schauen". Weshalb auch die großen Lebensmittel-Einzelhandelsketten neben den großen, bekannten Marken immer häufiger auch die Biere regionaler Brauereien in ihr Sortiment aufnehmen. Das und die warme Witterung in diesem Jahr - von Januar bis einschließlich September stieg der Bierabsatz im Bundesdurchschnitt um 0,8, in Bayern sogar um vier Prozent - könnte bei der Nürnberger Braumesse für gute Stimmung sorgen. Wäre da nicht das Rohstoffproblem. Denn die Kehrseite des langen, warmen Sommers sind deutlich niedrigere Erträge bei Braugetreide und Hopfen. Als Folge davon steigen die Preise, und Brauereien-Präsident Rittmayer ist überzeugt, dass dies auch den Bierpreis nach oben treiben wird. Wie stark, darauf mochte er sich nicht festlegen. "Das wird von Brauerei zu Brauerei unterschiedlich sein", sagte er.

Vergleichsweise entspannt gehen die Hersteller alkoholfreier Getränke in die Brau-Beviale. Knapp 150 Liter Mineral- und Heilwasser trinkt jeder Mensch hierzulande pro Jahr; dank des Supersommers könne man eine kleine Delle des Jahres 2017 wieder ausgleichen, sagte Udo Kremer, Geschäftsführer des Mineralbrunnenverbands. Weltmeister seien die Deutschen, was Fruchtsäfte und Nektare angeht. Jeder Bundesbürger trinkt davon im Schnitt 32,2 Liter.

© SZ vom 13.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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