Einer der ranghöchsten Interessensvertreter der privaten Krankenversicherung (PKV) wechselt ins Bundesgesundheitsministerium. Der Vizedirektor des PKV-Verbandes, Christian Weber, werde voraussichtlich Anfang Februar die Leitung der Grundsatzabteilung übernehmen, hieß es am Dienstag in Berlin.
In dieser Funktion wird der 53-Jährige unter anderem für die Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Pflegeversicherung verantwortlich sein. Die Opposition warf Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) vor, Klientelpolitik zu Lasten der GKV zu betreiben. Das Ministerium wollte zu der Personalie nicht Stellung nehmen.
"Typische Klientelpolitik"
Weber ist FDP-Mitglied und gilt als Experte sowohl für die PKV als auch für die GKV. Er ist der privaten Krankenversicherung seit den achtziger Jahren verbunden, wenn auch mit Unterbrechungen. Zeitweise arbeitete er für die FDP-Bundestagsfraktion.
Beim PKV-Verband war er für den Aufbau des wissenschaftlichen Instituts zuständig, 2007 wurde er stellvertretender Verbandsdirektor. Weber wird Nachfolger von Franz Knieps, den Röslers Amtsvorgängerin Ulla Schmidt (SPD) ins Ministerium geholt hatte. Knieps war zuvor beim Bundesverband der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) tätig gewesen.
Die Opposition reagierte mit Empörung auf den Wechsel Webers. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Elke Ferner bezeichnete die Entscheidung Röslers "als typische Klientelpolitik der FDP". Die Liberalen wollten den Einstieg in die Privatisierung der GKV und hätten dafür nun das Personal von der PKV erhalten.
Langfristig auf Prämie umgestellt
"Offensichtlich zahlen sich die hohen Wahlkampfspenden an die FDP jetzt aus", sagte sie. Man könne nur hoffen, dass nicht die Regierungskoalition als Ganzes dem nun vom Gesundheitsministerium vorgezeichneten Kurs folgen werde. Noch in diesem Jahr will die Regierung die Reform der GKV angehen. Langfristig soll das System auf eine Prämie umgestellt werden, bei der ein Manager den gleichen Betrag zahlt wie seine Putzfrau. Um soziale Ungerechtigkeiten zu verhindern, strebt die Koalition einen steuerlichen Ausgleich an.
Heftige Kritik kam auch von der gesundheitspolitischen Sprecherin der Grünen, Biggi Bender. "Hier wird der Bock zum Gärtner gemacht", sagte sie. Rösler werde die PKV so lange im Garten der gesetzlichen Krankenversicherung grasen lassen, bis nur noch eine gesundheitspolitische Wüste übrig bleibe. Weber werde sich darauf konzentrieren, die Pflegereform im Sinne der Privaten zu reformieren. "Mit dieser Personalentscheidung kann sich jeder ausrechnen, dass die geplante Zusatzversicherung zum Aufbau eines Kapitalstocks alleine in den Händen der Privatversicherer landen wird", sagte Bender der SZ.
"Nun wird klar, wohin die Reise geht"
Im Koalitionsvertrag hatten Union und FDP vereinbart, eine solche Kapitaldeckung für die Pflegeversicherung aufzubauen. Einzelheiten soll eine Arbeitsgruppe der Regierung ausarbeiten.
Die Gesundheitsexpertin der Linken, Martina Bunge, sagte: "Nun wird klar, wohin die Reise mit Herrn Rösler geht: In Richtung der Privatisierung der gesetzlichen Krankenversicherung." Es bleibe zu hoffen, dass Weber seinen Sachverstand zum Wohle der Allgemeinheit einbringen wird und sich nicht seinen vorherigen Arbeitgebern, den Versicherungskonzernen, verpflichtet fühle.