Gesundheitsbranche:Neue Lebensretter

Lesezeit: 2 min

Ob bei Herzkrankheiten, Diabetes oder zur Vorsorge: Im medizinischen Bereich kann smarte Bekleidung hilfreich sein.

Von Jan Schwenkenbecher, München

Wenn T-Shirts und Hosen 24 Stunden am Tag Daten über den eigenen Körper sammeln, man stets über den eigenen Puls, die Atmung oder seine Temperatur informiert ist, dann fällt das erst mal in die Kategorie nice to have. Nett, wenn man beobachten kann, wie die Herzfrequenz in die Höhe schießt, wenn der Vordermann an der Supermarktkasse seelenruhig durch sein Kleingeld pflügt - aber eigentlich auch nicht so richtig wichtig. In manchen Lebensbereichen, Berufen oder Extremsituationen kann smarte Kleidung aber einen wirklichen Vorteil bringen und womöglich sogar Leben retten.

An erster Stelle steht da die Medizin. Menschen, die an chronischen Herzerkrankungen leiden, können ihren Puls im Blick behalten und eventuelle Unregelmäßigkeiten sehen. Ein chinesisch-deutsches Forscherteam hat hierzu einen smarten Schal entwickelt, der die Durchblutung der Halsschlagader misst. Zusätzlich kann er auch das Schluck- und Hustenverhalten aufzeichnen und so auch zur Überwachung von Lungenerkrankungen eingesetzt werden. Und auch zur Rehabilitation kann smarte Kleidung genutzt werden. Amerikanische Forscher haben einen Handschuh für Patienten entwickelt, die nach einem Schlaganfall wieder ihre Bewegung trainieren wollen. Der Handschuh überwacht die Haltung des Arms und meldet es dem Träger, wenn er die Übungsbewegung falsch ausführt.

Ein anderer wichtiger medizinischer Bereich ist die Früherkennung, und auch hier können intelligente Textilien helfen. So hat etwa ein dänisches Unternehmen einen Strumpf entwickelt, der Ödeme an den Unterschenkeln erkennen kann, indem er konstant den Umfang des Beins misst. Entstehende Flüssigkeitsansammlungen können schnell erkannt und behandelt werden. Eine weitere smarte Socke stammt von einer amerikanischen Firma, sie hilft, Diabetes-Symptome zu erkennen. Die Socke misst die Fußtemperatur und kann daran Geschwüre im Entstehen ausmachen, die der Betroffene selbst sonst noch gar nicht bemerkt hätte.

Neben der Medizin gibt es aber noch weitere Bereiche, in denen smarte Kleidung einen hohen Mehrwert liefert. Das amerikanische Militär hat etwa spezielle Stoffe entwickelt, die Körperparameter messen und mit Algorithmen gepaart Stress, Gesundheit oder Verletzungen erkennen. Auch das spanische Militär forscht auf dem Gebiet und hat unter dem Namen "Atrec" ein Projekt gestartet, in dem der mentale Stress von Soldaten mit einem Brust- und einem Armgurt sowie mit einem smarten Handschuh gemessen werden soll. Und auch im Weltall kommt smarte Kleidung zum Einsatz: Der kanadische Astronaut David Saint-Jacques, der im Dezember zur ISS fliegt, wird bei seiner Reise ein Shirt im Gepäck haben, das jederzeit seine Körperparameter misst.

Darüber hinaus haben Forscher bereits smarte Arbeitskleidung entwickelt, etwa Handschuhe für Feuerwehrmänner und Hosen für Waldarbeiter. Der intelligente Feuerwehr-Handschuh misst die Außentemperatur und stuft sie für den Träger als normal, hoch, sehr hoch oder gefährlich ein. Dazu misst er den Luftdruck und im Handschuh die Körperparameter des Feuerwehrmanns. Dem Träger hilft das einzuschätzen, wann es zu gefährlich wird, und Kollegen bekommen mit, wenn etwas passiert, jemand zum Beispiel das Bewusstsein verliert. Zur Sicherheit von Waldarbeitern gibt es die Schutzhose "Horst". In ihr verbaute Sensoren sind mit einem Funkempfänger an der Kettensäge verbunden. Rutscht der Arbeiter mal ab und die Säge kommt der Hose zu nah, geht sie automatisch aus.

© SZ vom 04.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: