Gesundheit:Krankenkassen wollen Daten von Fitness-Armbändern nutzen

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Fitness-Armbänder können zum Beispiel Herzfrequenz, Kalorienverbrauch oder Schrittzahl messen - die Krankenkassen hätten diese Daten gerne von ihren Patienten. (Foto: dpa)

Sollen Bewegungsdaten von Patienten in der elektronischen Gesundheitsakte gespeichert werden? Der Datenschutz könnte dagegen sprechen - und die Zielgruppe der Armbänder.

Von Kim Björn Becker, München

Vertreter von Politik und Krankenkassen wollen die Gesundheitsdaten von Versicherten stärker als bislang nutzbar machen. Viele unterstützen den jüngsten Vorstoß der Techniker-Krankenkasse (TK), Daten von Fitness-Armbändern in der elektronischen Patientenakte zu speichern. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), sagte der Süddeutschen Zeitung, dass die Möglichkeiten der Digitalisierung "endlich auch im Gesundheitswesen genutzt" werden müssten. In diesem Bereich sei Deutschland "immer noch Entwicklungsland". Die elektronische Patientenakte biete "große Chancen", dies gelte auch für die Nutzung der Daten von Fitness-Trackern. Die Geräte werden üblicherweise am Handgelenk getragen, sie speichern Bewegungs- und Schlafprofile. Zugleich mahnte Laumann, dass niemand dazu gedrängt werden dürfe, Daten herzugeben.

Jens Baas, Chef der größten deutschen Krankenkasse, hatte angeregt, dass Bewegungsdaten Eingang in die geplante elektronische Patientenakte finden sollten. Zugleich müsse der Patient "Herr über seine Akte" bleiben. Die Patientenakte ist eine Anwendung auf der Grundlage der elektronischen Gesundheitskarte. Bis Ende 2018 sollen die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass später zum Beispiel Röntgenbilder und Laborbefunde gespeichert und über die Versichertenkarte von Ärzten abgerufen werden können.

Sicherheitslücken beim Datenschutz

Andere Krankenkassen zeigten sich offen für den Vorschlag der TK, äußerten aber zugleich Zweifel. Barmer-Chef Christoph Straub sagte, er beobachte die Entwicklung von Fitness-Armbändern sehr genau. "Überlegungen, diese Daten online zu erfassen und sie der Gesundheitsversorgung zugänglich zu machen, sind jedoch zum jetzigen Zeitpunkt Zukunftsmusik", so Straub. Er vermutet, dass der Gesetzgeber derartigen Vorhaben "einen Riegel vorschieben" würde.

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Aus Regierungskreisen verlautete, dass die technische Anbindung der Hersteller an das geplante Hochsicherheitsnetz der Gesundheitskarte eine Hürde bei der Umsetzung des Vorhabens sein könnte. Eine gerade erst veröffentlichte Studie von britischen und kanadischen Forschern attestierte mehreren Fitnessarmbändern Sicherheitslücken. So können Dritte die Gesundheitsdaten abschöpfen oder manipulieren, hieß es.

Ärzte sprechen von "Datenmüll"

Kritik an dem Plan der TK kommt von den Ärzten. Für Franz Bartmann, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer, sind Tracking-Daten in Patientenakten "Datenmüll". Die vorwiegenden Nutzer seien leistungsbereite junge Menschen, die meist kein Fall für den Arzt seien. Sinnvolle Daten, die vom Patienten erfasst werden und in die Behandlung einfließen, müssten darüber hinaus die strengen Kriterien des Medizinproduktegesetzes erfüllen.

Der Digitalverband Bitkom hält die Auswertung von Tracker-Daten nur für sinnvoll, wenn Ärzte sie leicht verwenden können. Ohne eine einheitliche Lösung aller Hersteller produzierten die Sensoren für Mediziner eher einen "Datenfriedhof", sagte der Bitkom-Experte Pablo Mentzinis.

© SZ vom 09.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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