Gesundheit:Es fehlen Medikamente

Apotheker beklagen, dass Kliniken wichtige Arzneien fehlten. Lobbyisten-Gejammer? Ein paar Probleme gibt es wirklich.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Es geht um wichtige Krebsmittel oder bestimmte Antibiotika: In Deutschlands Krankenhäusern fehlen immer wieder wichtige Medikamente für die Versorgung der Patienten. Dies geht aus einer neuen Erhebung des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker hervor. Danach waren zum Zeitpunkt der Befragung im Februar 2017 Arzneimittel mit 280 Wirkstoffen nicht verfügbar. Darunter befanden sich 30, die Klinikapotheken als "versorgungskritisch" einstufen.

Die Angaben sind nicht repräsentativ. Die befragten Apotheken decken aber sechs Prozent der deutschen Krankenhauskapazitäten mit mehr als 30 000 Betten ab und deuten somit offenbar auf ein Problem hin. Lieferprobleme können dazu führen, dass Kliniken Operationen verschieben oder Antibiotika verabreichen müssen, die Resistenzbildung befördern, ohne dass der Patient davon etwas erfährt. "Das sind nicht haltbare Zustände", sagt der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Krankenkassen, Ärzte und der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) fordern nun, per Gesetz Lieferengpässen bei Medikamenten vorzubeugen.

Bislang gibt es eine freiwillige Meldepflicht. Liegt ein Lieferproblem vor, sollen die Hersteller dies dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte melden. Von den 30 Wirkstoffen, bei denen die Klinikapotheker ein Versorgungsproblem beanstandeten, wurden laut ADKA aber nur acht an die Behörde gemeldet. Diese Zahlen zeigten, "dass die Arzneimittelhersteller das Prinzip der Freiwilligkeit ausnutzen, um ihre Lieferfähigkeit zu beschönigen", kritisiert Wolf-Dieter Ludwig, Chef der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Auch für ADKA-Präsident Rudolf Bernard ist klar: "So geht das nicht weiter."

Hinzu kommt ein weiteres Problem. Wird ein Medikament nicht geliefert, bleibt unklar, woran das genau liegt. Christopher Hermann, Vorstandschef der AOK Baden-Württemberg, spricht von einem "Tal der Ahnungslosen". Trotz der Digitalisierung gebe es keine Übersicht darüber, wer gerade wann was wohin liefert. Die AOK, die Apotheker und Ärzte verlangen deshalb unter anderem, eine Meldepflicht für die Pharmaindustrie einzuführen. Sie sollten per Gesetz dazu verpflichtet werden, ihre Lagerbestände sowie kurzfristige Lieferprobleme an das zuständige Bundesinstitut zu melden. Im geplanten Arzneimittelgesetz ist bislang eine Meldepflicht der Pharmaindustrie an die Klinikapotheken vorgesehen. AOK-Chef Bernhard geht dies aber nicht weit genug, weil die Pharmaindustrie nach wie vor keine Sanktionen fürchten müsse.

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