Gesundheitsmarkt:Fresenius erwägt Trennung von FMC

Gesundheitsmarkt: Eine Mitarbeiterin von Fresenius Medical prüft Dialysatoren.

Eine Mitarbeiterin von Fresenius Medical prüft Dialysatoren.

(Foto: FMC/oh)

Der Dax-Konzern will wachsen, schließt aber höhere Schulden aus und muss somit neue Geldquellen erschließen. Dazu könnte ein Verkauf des Dialyseanbieters gehören.

Von Elisabeth Dostert

Ein Jahr lang hat Fresenius-Vorstandschef Stephan Sturm über die Struktur des Konzerns nachgedacht. Bei der Bilanzpressekonferenz vor einem Jahr sagte er, alle Bereiche würden geprüft. Dass die Struktur laufend hinterfragt werde, sei ein ganz normaler Prozess, sagte Sturm dann im Mai bei der Hauptversammlung. Es gebe keine Tabus. Am Dienstag in der erneut virtuellen Bilanzpressekonferenz gab Sturm dann das Ergebnis aller Überlegungen bekannt. Er möge die Struktur mit den vier Bereichen Fresenius Medical Care (FMC), Vamed, Helios und Kabi. Diese habe sich gerade in schwierigen Zeiten bewährt. Der Konzern hat im Geschäftsjahr 2021 wieder unter der Pandemie gelitten, aber "unter den gegebenen Umständen ein ordentliches Ergebnis abgeliefert", erläuterte Sturm.

Der Umsatz stieg 2021 währungsbereinigt um fünf Prozent auf 37,5 Milliarden Euro, das Konzernergebnis bereinigt um Sondereinflüsse um fünf Prozent auf 1,9 Milliarden Euro. Die Dividende soll, so der Vorschlag an die Hauptversammlung, um vier Cent auf 92 Cent je Aktie steigen. Die Aktionäre haben allerdings zum ersten Mal die Wahl, sich das Geld in bar auszahlen zu lassen oder in Aktien.

Sturm betont die Synergien der bestehenden Konzernstruktur, etwa bei der Finanzierung. Die Fremdkapitalgeber "wissen sie sehr zu schätzen". Einige Investoren mögen sie nicht. Sturm weiß warum: Der Konzern sei an der Börse deutlich niedriger bewertet als die Summe der Einzelteile. Es wäre auch nicht das erste Mal, dass ein Konzern zerschlagen würde, es gibt viele Beispiele. Der US-Konzern Johnson & Johnson etwa, plant seine Aufspaltung in zwei börsennotierte Firmen, auch der japanische Konzern Toshiba will sich zerlegen. Sturm sieht bei Fresenius keine Argumente dafür: "Wir sind kein Konglomerat". Fresenius sei im Gesundheitsmarkt unterwegs. Ob er eine Filetierung des Konzerns plane? Sturm stellt die Frage und beantwortet sie unverzüglich: "Ganz sicher nicht." Was er dann erläutert, ist für ihn kein Widerspruch.

Gesundheitsmarkt: Stephan Sturm im Februar bei der Bilanz-Pressekonferenz in der Konzernzentrale. Nun hat das Unternehmen sein Ausscheiden bekanntgegeben.

Stephan Sturm im Februar bei der Bilanz-Pressekonferenz in der Konzernzentrale. Nun hat das Unternehmen sein Ausscheiden bekanntgegeben.

(Foto: Jens Braune/dpa)

Der Konzern will wachsen, braucht dazu Geld und muss sich neue Kapitalquellen erschließen. Kleine bis mittlere Übernahmen könne das Unternehmen selbst stemmen, so Sturm. Größere Übernahmen und größere Investitionen etwa in die Digitalisierung könne Fresenius nicht aus Bordmitteln leisten, und die Verschuldung wolle er nicht weiter signifikant steigern. Eine Erhöhung des Eigenkapitals auf der Holding-Ebene des Konzern sei keine Option, sagt Sturm mit Blick auf den Aktienkurs, um dann mehrere Optionen ausführlich zu erläutern. Eine Garantie für alle Zeiten für alle vier Bereiche zu geben, "das wäre nicht seriös", sagt Sturm.

Eine Trennung von der Beteiligung an Fresenius Medical Care schließt Sturm nicht aus. FMC versorgt Menschen mit Nierenleiden. An dem im Dax gelisteten Konzern hält Fresenius 32 Prozent. Wenn es ein "wirklich attraktives Angebot" gäbe, sei es seine Pflicht, dies zu prüfen, sagt Sturm. Bei der Tochter Kabi wolle Fresenius alleiniger Eigentümer bleiben. Sie stellt unter anderem Biosimilars, Infusionen und Sondenernährung her. Bei Helios und Vamed kann sich Sturm Sach- oder Barkapitaleinlagen vorstellen, den Einstieg von Investoren und, so erläutert er, als Ausstiegsoption für mögliche Investoren auch "auf Sicht" einen Börsengang. Helios betreibt Kliniken, medizinische Versorgungszentren und Arztpraxen. Vamed plant und errichtet Krankenhäuser und betreibt Pflege- und Reha-Einrichtungen. An Vamed wolle Fresenius eine Minderheitsbeteiligung behalten, schon jetzt gehört Sturm zufolge ein knappes Viertel dem Staat Österreich und einem Investor. Am Klinikkonzern Helios wolle Fresenius eine Mehrheit behalten.

Es gibt, so klingt Sturm, wirklich kaum ein Tabu.

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