Gesetzesvorschlag von EU-Kommissionspräsident Barroso:Scharfe Kontrollen für Euro-Länder

Und am Schluss schaut Brüssel drauf: Nach den Vorstellungen der EU-Kommission sollen die Euro-Staaten künftig zweimal jährlich ihre Etatpläne vorlegen. Auf diese Weise will die EU-Kommission "die ökonomische Verflechtung vorantreiben".

Cerstin Gammelin und Claus Hulverscheidt

Die Europäische Kommission will die Kontrolle der Euro-Länder drastisch verstärken. Die 17 Mitgliedsstaaten sollen künftig ihre Haushalte nach "einem gemeinsamen Zeitplan und einheitlichen Regeln" vorbereiten und vor dem endgültigen Beschluss von Brüssel bestätigen lassen.

European Commission President Barroso attends a debate at the European Parliament in Strasbourg

Würde sich Barroso mit seinen Vorstellungen durch, müsste Berlin seine Haushaltsberatungen künftig deutlich ändern.

(Foto: REUTERS)

Solche Länder, die Hilfskredite aus dem Euro-Rettungsfonds erhalten, will die Brüsseler Behörde stärker und über längere Zeit als bisher überwachen. Das geht aus dem Entwurf eines Gesetzespaketes hervor, das Präsident José Manuel Barroso an diesem Mittwoch vorstellen will. Es liegt der Süddeutschen Zeitung vor.

Mit den deutlich verschärften Regeln will die EU-Kommission "die ökonomische Verflechtung unter den Euro-Ländern vorantreiben" und die avisierte europäische Wirtschaftsregierung ausbauen, heißt es weiter. Zudem will die Kommission die Voraussetzungen dafür schaffen, dass der Euro-Klub künftig einen Teil seiner Schulden gemeinsam finanzieren kann.

Bund lehnt Pläne strikt ab

Barroso kämpft für die Einführung gemeinschaftlicher Anleihen, sogenannter Euro-Bonds. Er geht davon aus, dass sie die Währungsmeinschaft langfristig stabilisieren und den Euro weltweit für Investoren attraktiv machen. Barroso will dazu an diesem Mittwoch drei Varianten dieser Anleihen vorstellen.

Die Bundesregierung lehnte die Pläne der Kommission vorab strikt ab. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Kanzlerin Angela Merkel teile nicht den Glauben derer, die Euro-Bonds für ein "Allheilmittel" zur Lösung der Schuldenkrise hielten. Vielmehr bestünde bei einer Einführung die Gefahr, dass zugrunde liegende Probleme ungelöst blieben.

Nichtsdestotrotz werde die Regierung das Papier der Kommission eingehend prüfen. FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte, der Vorstoß sei nichts anderes als eine "Zinssozialisierung", die mit den Liberalen keinesfalls zu machen sei. Euro-Anleihen würden "deutsche Interessen" beschädigen.

Die neuen Vorschläge für striktere Haushaltskontrollen griffen direkt in nationales Recht ein. Die Euro-Länder müssten einige Kompetenzen nach Brüssel abgeben, wie etwa die Zeitplanung. Barroso will vorschlagen, dass die Länder ihre Haushaltsentwürfe zunächst bis zum 15. April des jeweiligen Jahres zur Kontrolle einschicken, die Kommission soll dazu Anmerkungen und Hinweise geben.

Die endgültigen Entwürfe sollen dann national beraten und am 15. Oktober erneut in Brüssel eingereicht werden, um die Zustimmung der Kommission zu bekommen. Zwar muss die Kommission die Pläne nicht formal freigeben, sie erhält aber das Recht, öffentliche Rügen auszusprechen und Nachbesserungen zu fordern. Wird der Plan so beschlossen, muss Berlin seine Haushaltsberatungen künftig deutlich ändern.

Präsident Barroso will auch die Kontrolle über die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Länder übernehmen, die Kredite aus dem Euro-Rettungsfonds bekommen. Zusammen mit der Europäischen Zentralbank will die Behörde permanent prüfen, ob die Sparprogramme umgesetzt werden - und bei Abweichungen neue Vorschriften vorschlagen.

Die Länder sollen auch dann noch unter Kuratel stehen, wenn sie keine Hilfskredite mehr bekommen, und zwar so lange, bis sie "mindesten 75 Prozent der Hilfen zurückgezahlt haben".

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