Gesetzesnovelle zur Mülltrennung:Streiten bis zum Tonnenkrieg

Die Bundesregierung will mehr Müll sammeln lassen, der recyclet werden kann. Dazu will sie eine neue Wertstofftonne einführen. Die Frage ist nur: Wem gehört Deutschlands Müll?

Michael Bauchmüller, Berlin

Eine Lösung noch in diesem Jahr? Peter Kurth ist skeptisch. "Vielleicht auch erst 2012" werde sich die Sache mit der Tonne klären, sagt der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungswirtschaft. Zeitpläne sind in dieser Sache ohnehin nicht sehr verlässlich. Es geht schließlich um Müll.

Müll kann überlebenswichtig sein, so sieht es eine ganze Branche. Wahlweise lastet er Recyclinganlagen aus oder lässt Kraftwerke laufen, die das verbrennen, was deutsche Haushalte nicht mehr brauchen können. Und manchmal stecken in diesem Abfall auch wertvolle Rohstoffe. Deshalb soll künftig eine "Wertstofftonne" auch jenen Müll einsammeln, der in den üblichen Tonnen schlecht aufgehoben ist: zu schade für die Restmülltonne, aber auch kein Verpackungsabfall, wie ihn gelbe Tonnen und Container sammeln. Klingt einfach? Ist es aber nicht.

Seit Monaten wirbt die Bundesregierung für ihre Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, es soll vor allem den Weg bahnen für die bessere Verwertung weggeworfener Rohstoffe. "Unser Ziel ist eine einheitliche Erfassung der Wertstoffe", sagt Thomas Rummler, zuständiger Beamter im Bundesumweltministerium. Schließlich würden schon jetzt 13 Prozent der hiesigen Rohstoffe wiederverwendet. "Das wollen wir weiterentwickeln."

Und damit die Bürger nicht noch eine zusätzliche Abfalltonne unterbringen müssen, soll der Wertstoffmüll in eine bestehende, vorzugsweise in die gelbe. Schließlich landeten schon jetzt viele Plastikabfälle oder Elektronikschrott in der gelben Tonne. "Diese Fehlwürfe werden damit legalisiert", sagt Rummler. 570.000 Tonnen zusätzliche Wertstoffe ließen sich so von 2015 an erfassen. Die Frage ist nur, wer den Müll abholt.

Längst tobt um die Neuregelung ein Streit zwischen kommunalen und privaten Müllentsorgern, in Berlin entbrannte ein regelrechter Tonnenkrieg. Rein rechtlich gehört der deutsche Müll bisher den Kommunen. Sie haben - je nach Sichtweise - das Recht und die Pflicht, den deutschen Müll einzusammeln. Private hatten bisher im Wesentlichen über die so genannten Dualen Systeme Zugriff auf Müll, nämlich den mit dem Grünen Punkt. Verpackungsabfälle sind in Deutschland bisher Sache der Privatwirtschaft. Und nach den bisherigen Plänen der Bundesregierung könnte das bald auch für die begehrten Wertstoffe gelten.

Demnach könnte der Auftrag für deren Entsorgung künftig per Ausschreibung vergeben werden. Das käme eher den privaten Entsorgern entgegen, die auch das Gros der Recycling-Anlagen betreiben. "Unsere Branche begrüßt den Entwurf des Kreislaufwirtschaftsgesetzes", sagt Verbandspräsident Kurth. "Das sollte man nicht verwässern." Nur sehen das die Kommunen ganz anders. Sie wollen ein flexibleres System, in dem zwar Recyclingquoten vorgegeben werden, es aber letztlich Städten und Gemeinden überlassen bleibt, wie sie mit den Wertstoffen umgehen. "Jedenfalls wollen wir keine bundesweit einheitliche Zwangstonne", sagt Hans-Joachim Reck, Geschäftsführer des Verbandes Kommunaler Unternehmen.

Um den Zwist zu überbrücken, konnten beide Seiten kurz vor dem Sommer in einem "Planspiel" Für und Wider verschiedener Lösungen durchspielen. Einer Lösung sind sie zwar seither nicht näher gekommen, doch das Umweltministerium will aufbauend darauf nun Eckpunkte für ein "Wertstoffgesetz" erarbeiten, inklusive Regelung, wem der Müll künftig gehört.

Nur wann es verabschiedet wird, das weiß bislang keiner. Denn am Ende werden auch die Länder zustimmen müssen, und die äußerten zuletzt mehrheitlich Sympathien für die kommunalen Interessen. Gut möglich, dass am Ende ein Vermittlungsverfahren zwischen Bund und Ländern einen Kompromiss bringen muss. Das kann dauern.

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