Süddeutsche Zeitung

Gesetz zur Finanzmarkt-Regulierung:Regierung will Haftstrafen für zockende Banker

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Wer als Manager vorsätzlich Risiken eingeht und damit sein Institut gefährdet, soll künftig ins Gefängnis. Strafbar sind die Verstöße laut einem neuen Gesetzesentwurf allerdings nur, wenn sie zu einer Krise des Unternehmens führen. Für den Ernstfall müssen Banken außerdem ihr Testament machen.

Von Guido Bohsem

Mit Vorurteilen ist es so eine Sache. Sie sind vor allem deshalb so erfolgreich, weil sie so einfach sind und alles über einen Kamm scheren. Das gilt eigentlich immer. Es gilt aber im besonderen Maß auch für die Finanzmarkt-Regulierung. Wer am Stammtisch schwadroniert, dass nichts passiert ist und dass das Kasino weiterzockt, macht es sich entweder zu einfach oder will die Realität nicht wahrhaben. Streiten lässt sich allein darüber, ob das Richtige beschlossen und unternommen wurde. An der Zahl der Regelungen kann es jedenfalls nicht liegen.

Tatsächlich wurden in Deutschland seit dem Ausbruch der Finanzkrise vor etwas mehr als fünf Jahren mehr als drei Dutzend Regelungen erlassen oder auf den Weg gebracht. Auch an diesem Mittwoch wird das Kabinett einen neuen Entwurf beschließen, das "Gesetz zur Abschirmung von Risiken und zur Planung und Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten". Erstmals soll klar geregelt werden, dass Banken- und Versicherungsmanagern harte Strafen drohen, wenn sie bei riskanten Geschäften und Spekulationen ihre Sorgfaltspflichten verletzen.

Den Managern drohen in diesem Fall Haftstrafen von bis zu fünf Jahren oder sie werden mit einer Geldbuße von bis zu etwa elf Milliarden Euro belegt. Der Täter muss dabei allerdings vorsätzlich handeln. Agiert er lediglich fahrlässig, ist das Strafmaß laut Gesetzesentwurf niedriger.

Ohne Krise bleibt sogar ruchloses Handeln ohne Folgen

Die Regierung will damit nicht nur das Geld der Anleger schützen, sondern die Stabilität des Finanzmarktes an sich bewahren. Denn risikoreiche Spekulationen sind durchaus geeignet, ein ganzes Institut ins Wanken zu bringen, wie sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt hat.

Strafbar sind die Verstöße allerdings nur, wenn sie zu einer tatsächlichen Krise des Unternehmens führen. Das heißt im Klartext: Gibt es keine Krise, bleibt auch das fehlerhafte, das sorglose, ja sogar das ruchlose Handeln eines Managers für ihn ohne Folgen - zumindest, was das Strafrechtliche angeht.

In Deutschland ist seit Ausbruch der Krise praktisch kein Topbankmanager vor Gericht verurteilt worden - obwohl offensichtlich gravierende Fehler gemacht wurden. "Wir haben festgestellt, dass hier eine gewisse Regulierungslücke besteht, die wir schließen wollen", sagte ein hochrangiger Regierungsvertreter.

Dass diese Auflage die Banken oder Versicherer daran hindern wird, risikoreiche Geschäfte einzugehen, glaubt die Regierung indes nicht. Diese sind sogar weiterhin erwünscht, heißt es in dem Entwurf. Schließlich sei so ziemlich jedes unternehmerische Handeln mit einem Risiko bewehrt. Wenn alle gesetzlichen Pflichten gewahrt werden und geeignete Strategien, Verfahren und Konzepte zur Sicherstellung der Tragfähigkeit vorhanden seien, habe der Gesetzgeber nichts einzuwenden.

Mehrere Institute sind von Aufspaltung betroffen

Der Gesetzesentwurf enthält zudem zwei weitere Kernregulierungen. Wie bereits bekannt, fordert er die Aufteilung des Bankengeschäfts in ein Kundengeschäft und ein Geschäft mit dem Eigenhandel. Dazu muss allerdings eine Schwelle überschritten werden. Verpflichtend ist die Aufspaltung nur, wenn die riskanten Geschäfte mehr als 20 Prozent der gesamten Bilanzsumme ausmachen oder ihr Volumen größer als 100 Milliarden Euro ist.

Nach Angaben aus Regierungskreisen sind davon mehr als drei Institute betroffen. Zuletzt waren immer nur die Commerzbank, die Deutsche Bank und die Landesbank Baden-Württemberg genannt worden. Die Bankenbranche hat die Pläne scharf kritisiert.

Schließlich werden die Banken im Gesetzesentwurf aufgefordert, ein Testament anzulegen. Diese Regelung soll für systemrelevante Banken gelten, Institute also, die beispielsweise bei einer ungeordneten Pleite den gesamten Finanzmarkt in den Abgrund ziehen können - den nationalen oder sogar den internationalen. In diesem Testament soll das Institut im Prinzip einen Plan zur eigenen Sanierung oder Abwicklung erarbeiten.

Gesetz soll so schnell wie möglich in Kraft treten

Ziel der neuen Regelung ist es, den Krisenfall möglichst schnell, effektiv und aus eigener Kraft überwinden zu können, heißt es im Gesetzesentwurf. Gelingt das nicht, greifen die Pläne zur Abwicklung des Unternehmens. Dabei soll eine Gefährdung des Finanzmarktes verhindert werden. Insbesondere möchte die Regierung aber vermeiden, dass das betroffene Institut mit dem Geld des Steuerzahlers gerettet werden muss.

Damit das Banken-Testament nicht zur reinen Lyrik ohne konkrete Folgen verkommt, soll die Finanzaufsicht Bafin die getroffenen Abwicklungsbestimmungen genau unter die Lupe nehmen.

Trotz heftiger Kritik der SPD und der Grünen will die Regierung das Gesetz so schnell wie möglich in Kraft setzen. Angestrebt ist demnach der Januar des kommenden Jahres.

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SZ vom 05.02.2013
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