Geschichten aus Griechenland:Krise ist schlecht fürs Karma

Als Yoga-Lehrer hält Evangelos Morakis viel von Disziplin. Und die, so findet der Athener, fehle Griechenland. Die Krise sei daher eine "Krise des Geistes". Dagegen helfe nur: meditieren und im Geschäft bleiben.

Jannis Brühl

Die SZ hat mir ihren Lesern über Facebook, Twitter und Google Plus Menschen gesucht, die in Griechenland leben. Wir haben mit ihnen telefoniert, gesprochen, ihnen zugehört. Und alles aufgeschrieben. Jetzt erzählen wir ihre Geschichten.

Krise ist schlecht fürs Karma. "Ich muss mehr meditieren, aber sonst hat sich für mich nichts geändert", sagt Evangelos Morakis. Damit will der Yoga-Trainer aus Athen die negative Energie ausgleichen, die das Land durchströmt. "Die Nachrichten im Fernsehen projizieren viel Angst." Er war mal Barkeeper, seit 15 Jahren unterrichtet er ausgelaugte Seelen im Kundalini-Yoga.

Morakis sagt: "Die Krise ist eher eine Krise des Geistes." Damit meint der 38-Jährige aber keineswegs spirituelle Reinheit, sondern die knallharte Metaphysik des Kapitalismus: Seinen Landsleuten fehlten nicht nur integere Politiker, sondern vor allem Disziplin und mehr Teamwork. Die sieht er ausgerechnet in dem Land verwirklicht, das scheinbar als Zuchtmeister der Griechen auftritt. "Die Deutschen arbeiten wie Hunde. Hier dagegen gibt es Straßenkehrer, die nie eine Straße gekehrt haben."

Spricht er über die Vetternwirtschaft und Ineffizienz, gerät Spannung in seine sonst so leise, ausgeglichene Stimme. "Wir haben Anführer, die nicht führen, Gesetze, die nicht angewendet werden." Das System, in dem vieles nicht funktioniert, nennt er "versteckte Anarchie".

Demonstrieren gegen die Sparprogramme geht er nicht. In der Krise träumt er lieber Unternehmerträume: "Eines Tages will ich meine eigene Yoga-Schule haben".

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