Süddeutsche Zeitung

Geschichten aus Griechenland:"Es regieren Angst, Misstrauen und Drohungen"

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Georgios Baliakas setzt seine ganze Hoffnung auf die Linkspartei Syriza. Der Lehrer und Schauspieler beobachtet, dass viele seiner Landsleute nur noch müde sind.

Protokoll von Hans von der Hagen

Am Sonntag stimmen die Griechen über ein neues Parlament ab. Vor der Wahl erzählen einige, wie sie ihr Land sehen. Georgios Baliakas, 48, ist Lehrer in der Katerini und Schauspieler am örtlichen Theater. Die SZ hatte schon 2012 und 2013 mit ihm gesprochen. Hier schildert er, was sich seither getan hat.

Hoffnung auf die Wahlen

Hier sind alle von der Krise mittlerweile erschöpft und abgestumpft. Wenn ich Maler wäre, würde ich die Menschen mit müden Gesichtern und vielen Wunden zeichnen. Und trotzdem hoffen viele auf die Wahlen. Dass da jemand gewinnen könnte, der der Gesellschaft hilft, wieder Vertrauen in die Zukunft zu fassen. Welche Partei das sein könnte? Die linke Partei Syriza. Auch wenn ich nicht mit allen Zielen von Syriza einverstanden bin, hoffe ich, dass sie die Regierung stellen wird. Und zwar möglichst ohne weitere Parteien.

Es regieren Angst, Misstrauen und Drohungen - sowohl bei den Menschen untereinander, als auch zwischen Menschen und Institutionen. Erst wenn das Misstrauen schwindet, kann es dem Land besser gehen. Jetzt ist es doch so: Die Bürger hinterziehen Steuern, weil alle wissen, dass jeder andere das auch macht.

Wir brauchen zur Zeit keine radikalen Änderungen, die der letzten Jahre waren schlimm genug. Wir brauchen jetzt behutsame Schritte. Das Schlimme ist: Bislang habe ich das Gefühl, dass all die persönlichen Einschnitte wie die drastischen Gehaltskürzungen völlig umsonst waren. Nichts ist besser geworden. Im Gegenteil: Wenn ich nun etwa ins Krankenhaus gehe, zahle ich viel mehr als früher, obwohl ich weniger verdiene. Nur ist mittlerweile fast kein Arzt mehr da, der einen behandeln könnte. Entweder sind sie gefeuert worden - oder ausgewandert.

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