Weihnachten:Worauf man achten sollte bei Geschenken von Temu & Co.

Lesezeit: 3 Min.

Shoppen "wie ein Milliardär", aber zu welchem Preis? (Foto: Michael Bihlmayer/Imago)

Temu und andere Plattformen locken in der Weihnachtszeit mit günstigen Angeboten. Das Geschäftsmodell birgt jedoch Risiken – nicht nur für Verbraucher.

Von Gregor Scheu

Dank Temu, Wish und anderen Online-Discountern war der Weihnachtseinkauf anscheinend selten so günstig wie heute. Die Shopping-Anbieter aus China überbieten sich seit einigen Wochen mit Schleuderpreisen, die zu gut scheinen, um wahr zu sein. Neue Kopfhörer im Airpod-Design? Sechs Euro. Ein neues Tablet? 59 Euro. Sogar ein winziges Elektroauto lässt sich hier für etwa 2800 Euro aus China bestellen. Wen die Suche nach Weihnachtsgeschenken auf Seiten wie Temu treibt, der wird schnell zum Schnäppchenjäger.

Die Webseiten lösen aber auch Unwohlsein aus. Irgendwo muss es bei solchen Preisen einen Haken geben. Die gute Nachricht: Wer trickreich shoppt, kann tatsächlich schnell und günstig an seine Weihnachtsgeschenke gelangen. Der Haken: umweltfreundlich ist das nicht und förderlich für die Steuereinnahmen ist es auch nicht.

Das liegt am Geschäftsmodell: Denn warum sind Plattformen wie Temu so günstig? Die Produkte stammen fast ausschließlich aus chinesischen Fabriken und werden auch direkt von diesen versandt. Die Plattformen vermarkten die angebotenen Artikel nur. Da es keine Zwischenhändler gibt, kommen am Ende niedrige Preise für die Verbraucher heraus. Der Direktversand aus China überzeugt inzwischen so viele Menschen, dass Schätzungen zufolge mittlerweile mehr als 200 000 Temu-Lieferungen pro Tag nach Deutschland gesendet werden.

Hier liegt eine der größten Schwachstellen des Modells: der weite Transport, meist per Flugzeug. Das verursacht einen hohen Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen. Trotzdem dauert es vergleichsweise lange, bis das Produkt beim Kunden eintrifft. Anbieter wie Temu sprechen von einer durchschnittlichen Lieferzeit von fünf bis 14 Tagen. Für alle, die erst jetzt Weihnachtsgeschenke dort bestellen, könnte es knapp werden. Temu weist bei den Versandoptionen mit diesem Vermerk darauf hin: „kann vor Weihnachten eintreffen“. Soll wohl heißen: Kann, muss aber nicht. Einige Produkte hält der Billig-Anbieter zwar in Warenlagern in Deutschland vorrätig. Hier wirbt Temu mit Lieferzeiten von nur 48 Stunden. Allerdings gilt auch hier: eine Liefergarantie bis zum Heiligabend gibt es nicht.

Ein anderes Problem bei Bestellungen auf Temu ist der Zoll. Da die Sendungen fast ausschließlich aus China und damit aus dem Nicht-EU-Ausland kommen, gelten für sie gewisse Einfuhrbestimmungen. Ab einem Sachwert von 150 Euro müssen auf die Bestellung aus China Abgaben gezahlt werden. Folgendes müssen Kunden dabei beachten: Die Verkäufer auf Temu geben grundsätzlich den Gesamtrechnungsbetrag beim Zoll an. Zollfahnder gehen davon aus, dass meist nicht der korrekte Wert der Waren von den Verkäufern deklariert wird, um unter der Schwelle zu bleiben. Insofern schwebt der Verdacht des Steuerbetrugs im Raum.

Wer absichtlich seine Einkäufe auf mehrere Bestellungen aufteilt, um Zollabgaben zu entgehen, sollte etwas bedenken.

Für den Zoll ist es zudem nicht ersichtlich, was genau für den Versand bezahlt wurde. Sie sehen nur die gesamte Rechnung. Kauft der Kunde beispielsweise Waren im Wert von 145 Euro und muss sechs Euro Versandgebühren zahlen, wird dem Zoll die Sendung im Gesamtwert von 151 Euro gemeldet. Es empfiehlt sich also, schon bei der Bestellung Warenwert und Versandkosten genau im Blick zu behalten, damit beide in Summe den Wert von 150 Euro nicht überschreiten.

Wer absichtlich seine Einkäufe auf mehrere Bestellungen aufteilt, um Zollabgaben zu entgehen, sollte bedenken: Das bedeutet noch mehr Pakete, noch mehr Flugverkehr und noch mehr Treibhausgase.

Hat der Zoll ein Paket ausfindig gemacht, auf das Abgaben zu entrichten sind oder dessen Inhalt geprüft werden soll, verzögert sich die Lieferung maßgeblich. Unter Umständen muss die Sendung nach der Prüfung sogar persönlich im jeweiligen Zollamt abgeholt werden. Wer unkompliziert bei Billig-Anbietern im Internet für Weihnachten shoppen möchte, sollte also den Faktor Zoll nicht außer Acht lassen.

Schlussendlich ist das Weihnachtsgeschenk-Shopping auf Temu und Co somit nicht nur eine Frage des Geldbeutels, sondern auch eine Frage des Gewissens. Denn die günstigen Produkte, die dort zu Schleuderpreisen angeboten werden, ermutigen Kunden dazu, weit über ihren tatsächlichen Bedarf hinaus einzukaufen. Dazu kommt die Qualität: Sie ist oftmals so dürftig, dass die Produkte schon nach kürzester Zeit ausgedient haben und entsorgt werden müssen. Fachleute warnen auch davor, es könnten sich gesundheitsschädliche Stoffe in den Produkten verbergen. Wer im Schadensfall haftet, ist auch unklar. Auf Temu mag man also auch zu Weihnachten dem Werbeslogan entsprechend „einkaufen wie ein Milliardär“. Die Frage ist nur: zu welchem Preis?

Anmerkung der Redaktion: Temu legt Wert auf folgende Feststellung: „Selbst ohne lokale Lagerartikel zu berücksichtigen, werden 80 Prozent der aus China versandten Artikel innerhalb von 8 Werktagen ausgeliefert."

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