Süddeutsche Zeitung

Gescheiterte Beziehung: Lidl und Basic:Augen zu und raus

Es war nur eine kurze Liaison - und sie war nicht glücklich: Lidl-Chef Klaus Gehrig über den Ein- und den Ausstieg seines Konzerns bei der Biokette Basic.

Bernd Kastner

Es sind wohl ein paar der angenehmeren Minuten für Johann Priemeier, die er auf diesem Platz durchlebt. Einmal sogar lächelt der Mann, der einst Basic, die Bio-Supermarktkette, gründete und ganz nach oben bringen wollte, still in sich hinein. Wer ihn kennt, ahnt, dass er am liebsten laut herausschreien möchte: Genau, hört ihm zu, so war es, so ist es.

Priemeier sitzt auf der Anklagebank des Landgerichts München, weil ihm in zwei Fällen Untreue vorgeworfen wird. Direkt vor ihm, auf dem Zeugenstuhl, hat Klaus Gehrig Platz genommen. Gehrig ist einer der ganz Großen im Geschäft, er führt den Schwarz-Konzern mit Lidl und Kaufland, und nun spricht dieser Gehrig vom "großen Mann". Gehrig meint Priemeiers Rolle in der Basic AG. Man merkt, er schätzt den geschassten Bio-Pionier noch immer.

Der Lidl-Boss ist vor Gericht geladen, um Auskunft zu geben über den Bio-Deal des Jahrzehnts, der die Ökowelt aufbrachte. Wie war es, als Schwarz zur Jahreswende 2006/07 bei Basic einstieg? Wer zahlte wofür wie viel?

Das Gericht unter Vorsitz von Peter Noll hat zu klären, ob Priemeier die AG und seinen Gründerkollegen Georg Schweisfurth finanziell über den Tisch gezogen hat. Unstrittig ist, dass Priemeier seine privaten Anteile wesentlich teurer verkaufte als die der AG, und Schweisfurth soll er mit einem Trick um mehrere 100.000 Euro gebracht haben. Dass Priemeier, 52, geschäftstüchtig war, ja, raffiniert gegenüber seine internen Opponenten, ist im Prozess recht klar geworden. Aber ist diese Schläue auch strafbar?

Gehrig, 61, ist dem Gericht in strafrechtlicher Hinsicht wohl keine große Hilfe. In Details und die Preisfindung für einzelne Aktienpakete sei er nicht involviert gewesen, er habe sich von seinen Fachleuten die Ergebnisse nur präsentieren lassen, beteuert er.

Das Bio-Einmaleins

"Haken dran, in Ordnung", habe er am Ende gesagt. "Begeistert von der Idee" sei er gewesen. Der Lidl-Konzern habe das Bio-Einmaleins lernen wollen von Basic, und umgekehrt die Münchner bei Logistik und Expansion unterstützen wollen. Und mit Geld. Etwa 17 Millionen Euro war Gehrig das Engagement wert. Über eine Poolbildung wollte er eine sichere Aktienmehrheit garantieren. Anfang 2007 war der Lidl-Einstieg perfekt beim Bio-Händler, der wachsen wollte, und wie.

Wachstum. Hier trafen sich zwei Brüder im Geiste. Gehrig hielt Basic für zu klein, um bestehen zu können, und Priemeier wollte von Gehrig das Wachsen lernen. Von Dutzenden neuen Märkten pro Jahr war die Rede, und das zu einer Zeit, als Basic noch nicht mal 30 Filialen unterhielt. Priemeier, damals Hauptaktionär der AG, sei "Geistesvater" von Basic, habe Basic als seine Firma betrachtet. Dies wird bei Gehrigs Aussage klar, aber Priemeier habe die "falschen Gesellschafter" gehabt. Solche wie Schweisfurth, der einem Lidl-Einstieg nie zugestimmt hätte.

Überhaupt Lidl, da ist Gehrig überraschend offen. Es war damals die Zeit, als der Discounter im öffentlichen Ansehen ganz unten war, das "Schwarzbuch Lidl" war in aller Munde, der Konzern stand am Pranger wegen seines Umgangs mit Mitarbeitern. Also habe er, Gehrig, seine Bio-Partner gewarnt: "Sie müssen wissen, mit wem Sie eine Beteiligung eingehen. Da spielt auch Lidl mit eine Rolle." Er habe mit Wirbel gerechnet, wenn der zunächst als Geheimaktion geplante Deal bekannt werde, aber nicht mit jenem öffentlichen Aufschrei sowie Kunden- und Lieferantenboykott, der Basic an den Rande des Ruins führte und die Schwaben nach ein paar Monate entnervt das Handtuch werfen ließ: "Augen zu und raus", sei dann die Devise gewesen, sagt Gehrig. Der Prozess dauert an.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.939776
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 11.05.2010/mel
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.