Geschäfte der Hypo-Vereinsbank:Strafanzeige gegen HVB-Manager

Vor der Finanzkrise verkauften die großen Banken gerne riskante Zinsgeschäfte, die ihre Kunden gar nicht verstanden. Viele Käufer verloren damit Geld. Jetzt haben einige von ihnen gegen ehemalige Manager der Hypo-Vereinsbank Strafanzeige eingereicht.

Von Thomas Fromm

Eigentlich wollte Helmut M. (Name von der Redaktion geändert) nur ein Gewerbeobjekt finanzieren und dafür einen Kredit bei der Hypo-Vereinsbank aufnehmen. Dann kam das Angebot seines Bankberaters, bei dieser Gelegenheit ins Geschäft mit außerbörslichen Finanztermingeschäften einzusteigen. Im Angebot: sogenannte Cross-Currency-Swaps.

Es ging um komplexe Zinssicherungsgeschäfte, mit denen der Unternehmer aus Oberbayern auf steigende und fallende Zinsniveaus wettete. Geschäfte, von denen er heute meint, dass sie völlig neu für ihn gewesen seien. Dennoch sagte er damals Ja zu dem Geschäft. Die Sache war verlockend: Denn die Erträge aus diesen wundersamen Swaps, so habe die Bank versichert, sollten helfen, seine eigene Zinsbelastung abzubauen. Außerdem war er seit 30 Jahren Kunde der Bank - was sollte da schon schiefgehen?

"Auf meine Nachfrage, ob das mit Risiken verbunden sei, hieß es ganz klar: 'Nein'", so der frühere Kunde. Als dann plötzlich Verluste von über einer Million Euro aufliefen, war es zu spät. Und Helmut M. erging es so wie vielen anderen Bank-Kunden, die in den Jahren vor der Finanzkrise 2008/2009 Swap-Geschäfte abgeschlossen hatten: Sie wollten ihre Zinsbelastung senken und saßen am Ende auf einem hohen Berg von Verlusten.

Anleger und Kunden haben eine Strafanzeige eingereicht

Das riskante Geschäft mit Swaps soll nun ein strafrechtliches Nachspiel haben. Etwa 30 Anleger und Bankkunden - vor allem mittelständische Unternehmen und vermögende Privatkunden - haben über eine Münchner Anwaltskanzlei Strafanzeige wegen der damaligen Geschäftspraktiken eingereicht. Die Strafanzeige richtet sich dem Vernehmen nach gegen einen amtierenden Vorstand sowie ehemalige Vorstände der Hypo-Vereinsbank, darunter auch einen früheren Vorstandssprecher.

Noch ist nicht entschieden, ob die Staatsanwaltschaft den Fall weiter verfolgen und Ermittlungen aufnehmen wird. Klar ist aber jetzt schon: Die juristische Aufarbeitung riskanter Finanzprodukte im Vorfeld der Finanzkrise dürfte mit Strafanzeigen gegen einzelne Bankmanager nun in eine neue Runde gehen. Sollten die Anleger mit ihrem Vorgehen gegen einzelne Topmanager in München durchkommen, hätte dies eine starke Signalwirkung - auch für andere Fälle in Deutschland.

Dem Bankberater "zu sehr vertraut"

Denn seit Jahren schon gehen Firmen, Privatpersonen, aber auch Kommunen gegen Banken vor, weil sie sich durch Swap-Geschäfte geschädigt sehen. Die Liste der Institute, um die es geht, ist lang: Deutsche Bank, HVB, Landesbanken, Sparkassen - die Geschäfte gehörten lange Zeit schon beinahe zum Standard-Repertoire der Banker - auch wenn sie umstritten sind.

Das Oberlandesgericht Stuttgart stellte daher schon im Dezember 2011 fest, dass "die Beherrschung" solcher Risiken "zwingend ein effektives Risikomanagement verlangt, damit rechtzeitig Verluste begrenzt werden können". Die Frage der Kritiker lautet: Wie gut kann ein Risikomanagement sein, wenn die Kunden, um die es geht, keine Profis im Swap-Geschäft sind? Bei der HVB will man sich noch nicht zu den Vorwürfen äußern und zunächst den weiteren Verlauf abwarten. "Die von Ihnen angesprochene Strafanzeige und ihr Hintergrund sind uns nicht bekannt", heißt es dort nur knapp.

Tatsache ist: Bislang geht es in den juristischen Auseinandersetzungen rund um die Swap-Geschäfte um Schadensersatzforderungen. Um Kunden also, die ihr Geld zurückhaben wollen. Dass einzelne Manager strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden sollen, geschieht äußerst selten. "Das Verhältnis von Chance und Risiko war ganz klar zulasten der Anleger konstruiert", sagt der Münchner Anwalt Stephan Greger, der die Kunden vertritt. Der Schaden soll sich nach eigenen Aussagen auf insgesamt mehr als 100 Millionen Euro belaufen.

Der Vorwurf: Die Swap-Geschäfte seien wesentlich riskanter gewesen, als man dies in den Beratungsgesprächen dargestellt habe. Greger geht davon aus, dass seine Mandanten "zu Spekulationsgeschäften verleitet wurden und damit vonseiten der Berater, aber auch der jeweiligen Vorstände der Hypo-Vereinsbank der Straftatbestand § 26 Börsengesetz erfüllt wurde". Demnach ist es "verboten, gewerbsmäßig andere unter Ausnutzung ihrer Unerfahrenheit in Börsenspekulationsgeschäften zu solchen Geschäften oder zur unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an solchen Geschäften zu verleiten". Oder wie es Greger formuliert: "Wenn die Leute richtig aufgeklärt worden wären, dann hätte niemand die Swap-Geschäfte gemacht." Genau dies aber dürfte im Nachhinein schwer zu belegen sein. Und: Was ist erfahren, was unerfahren?

Helmut M., der Swap-Kunde von einst, sagt heute, fünf Jahre später: "Ich muss mir einen Vorwurf gefallen lassen: dass ich meinem Bankberater zu sehr vertraut habe."

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