Gerüchte über Fusion von Siemens und Thyssen-Krupp:Der große Traum von der Deutschland AG

Zwei Konzerne, ein Strippenzieher: Seit Wochen wird über eine Megafusion von Siemens und Thyssen-Krupp spekuliert. Siemens dementiert auffällig vehement. Beide Unternehmen sind vor allem durch einen Mann verbunden.

Thomas Fromm

Die beiden Konzerne sind sehr verschieden. Hier der Essener Stahlkonzern Thyssen-Krupp. Ein Koloss aus der Ära der alten Stahlbarone. Unten im Süden dagegen das Münchner Technologieunternehmen Siemens. Ein Elektrokonzern mit Sparten wie Medizintechnik, Energie und Gebäudetechnik, der mehr mit dem US-Giganten General Electric gemein hat als mit den Stahl-Leuten aus dem Ruhrpott.

Und doch hält sich seit Wochen hartnäckig ein Gerücht: Thyssen-Krupp und Siemens könnten enger aneinanderrücken - bis hin zur Fusion. Es ist ein Gerücht, das alle Ingredienzen hat, die ein gutes Gerücht braucht, um sich zu halten: Da ist Gerhard Cromme, Aufsichtsratsvorsitzender bei Thyssen-Krupp und bei Siemens. Zwei Konzerne, ein Strippenzieher.

Cromme war es auch, der den heutigen Thyssen-Krupp-Chef Heinrich Hiesinger im Herbst 2010 von Siemens holte. Und Cromme war es, der 2007 - auf dem Höhepunkt der Korruptionsaffäre bei Siemens - den österreichischen Manager Peter Löscher nach München lotste und dort den Neuanfang organisierte.

Als Herr über zwei Konzernaufsichtsräte sitzt Cromme an wichtigen Schaltstellen. Und wer Manager wie Figuren auf einem Schachbrett bewegen könne, sagen viele, der könne auch eine Großfusion von zwei Unternehmen - eine Art Renaissance der großen alten Deutschland AG - einfädeln. Langsam, behutsam, hartnäckig.

Es ist bisher, wie gesagt, nur ein Gerücht, und interessant ist, wer bei der Sache wie reagiert. Siemens-Manager sind hart im Dementi. Es handele sich "um Spekulationen" ohne geschäftliche Grundlage, sagte Siemens-Chef Peter Löscher neulich bei der Siemens-Hauptversammlung. Und sein Finanzchef, Joe Kaeser, sagte dem Handelsblatt: "Ich glaube, einer der wenigen Namen, über die wir als Übernahmeziel noch nie diskutiert haben, ist Thyssen-Krupp." Die Arbeitnehmervertreter im Siemens-Aufsichtsrat geben sich zugeknöpft. "Wir haben bislang von dieser Thematik nichts vernommen und können daher zu den Spekulationen keinen seriösen Kommentar abgeben", heißt es von dort.

Bei Thyssen-Krupp kein offizielles Statement. Hinter vorgehaltener Hand sagt einer nur: "Totaler Quatsch." Man habe schon beim Transrapid zusammen gearbeitet. Nur aber weil jetzt Aktivitäten wie der Bau von Aufzügen gut in das Siemens-Geschäftsfeld Gebäudetechnik passten, sei das noch kein Grund für eine Fusion.

Und doch: Der Zuschnitt könnte perfekt passen, und vor allem Thyssen-Krupp würde wohl von einem solchen Schritt profitieren. Hiesinger ist dabei, Thyssen-Krupp unabhängiger vom zyklischen und teuren Stahlgeschäft zu machen und in einen modernen Technologiekonzern umzubauen. Dafür braucht er Geld - und Partner. Die Essener machten zuletzt fast 1,8 Milliarden Euro Verlust. Siemens dagegen fuhr Milliardengewinne ein. Thyssen-Krupp könnte also ein größeres Interesse an einer Liaison mit Siemens haben als die Münchner selbst. Weg mit dem Stahlgeschäft, den Fokus auf Geschäftsfelder wie Aufzüge legen - das Thyssen-Krupp-Geschäft mit dem Bau von Anlagen würde sich wie ein Puzzleteil in die Industriesparte von Siemens einfügen. Vorausgesetzt, dass man sich dafür entscheidet.

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