Geplante Fusion zwischen EADS und BAE:Himmel und Hölle

Die Fusion von EADS und BAE Systems hätte für beide einen angenehmen Effekt: einen Rivalen weniger. Das würde die Position gegenüber dem Marktführer Boeing verbessern. Und doch: Sparen würden die Konzerne dabei wohl nicht viel.

Jens Flottau

Es ist auffällig ruhig gewesen in den vergangenen Wochen rund um den europäischen Luftfahrtkonzern EADS. Spätestens bei der Berliner Luftfahrtmesse ILA in diesen Tagen hatten die meisten Beobachter den ersten großen Auftritt von Thomas Enders erwartet, dem neuen EADS-Chef. Es galt, die Strategie zu erläutern. Der Auftritt entfiel. Und es tauchten Pläne über eine Fusion mit BAE Systems aus England auf, und damit war die vorherige Ruhe erklärt. Es wurde verhandelt, ganz im Stillen.

Die Ehe-Kandidaten EADS und BAE Systems

Der Schock und das Erstaunen ist in der Branche riesig. Die große Frage ist, was das Zusammengehen den beiden Firmen wirklich bringt. Es könnte sich herausstellen, dass die Vorteile geringer sein werden, als es auf den ersten Blick erscheint; dass die Probleme bei der Umsetzung viel größer sind als erwartet. Ist die geplante Fusion also ein Fehler? Nein. Aber es gibt Zweifel, dass es wirklich zu dieser himmlischen Hochzeit kommt.

Die von Paris und München aus gesteuerte EADS, die einst das Aerospace-Programm von Daimler aufgenommen hat, leidet unter einem Ungleichgewicht. Auffälligerweise wächst das Zivilgeschäft in hohem Tempo, weil die Fluggesellschaften erstaunliche Mengen neuer Jets ordern - trotz Euro-Krise und hoher Treibstoffpreise. Das ist in gewisser Weise ein Luxusproblem. Aber das Geschäft ist zyklisch, und es wäre schön, ein Gegengewicht zu haben, das besser zu planen ist und idealerweise annähernd so viel Umsatz beisteuert wie die Airbus-Sparte.

Das soll nun das Geschäft mit der Rüstung und der BAE-Deal erledigen. Auf den ersten Blick gibt es zwar bessere Industriebereiche als die Verteidigung - gerade in Europa ist hier eher ein Schrumpfen zu erwarten. Durch die Kombination von EADS und BAE Systems gibt es für beide Konzerne einen angenehmen Effekt: Sie haben auf einem kleiner werdenden Markt einen Rivalen weniger. Das erleichtert etwa ihr Geschäft mit Drohnen und verbessert die Position gegenüber dem Marktführer Boeing aus den USA.

Aus Sicht von EADS und BAE Systems ergeben sich also Perspektiven. Doch die staatlichen Kunden müssen davon überzeugt werden, dass die Fusion auch für sie ein gutes Geschäft ist. Da dürfte es in Washington Sensibilitäten geben, wenn die Kooperation mit BAE Systems womöglich auf andere erweitert wird. Und man darf nicht vergessen, dass mit Militärprodukten in anderen Teilen der Welt immer noch gutes Geld zu verdienen ist, während die Europäer weltweit um ihre Absatzmärkte kämpfen müssen.

Staatlicher Einfluss könnte nach Fusion weniger werden

Zu den erstaunlichsten Aspekten der geplanten Transaktion gehört, dass es gelingen könnte, den Staatseinfluss bei dem neuen Konzern zurückzudrängen. EADS hat seit der Gründung im Jahr 2000 vergeblich versucht, sich aus den Fesseln zu lösen. Frankreich war nicht davon zu überzeugen, den staatlichen Anteil zu verkaufen. Auch nach einer Fusion ist nicht davon auszugehen, dass sich Paris hier rasch zurückzieht - doch die deutsche Regierung könnte bescheiden werden.

Ob der Plan, über die öffentliche Bankengruppe KfW bis zu 15 Prozent an EADS zu kaufen, noch verwirklicht wird, kann bezweifelt werden. Wenn die Interessen über eine "Goldene Aktie" - die der neue Super-Konzern ausgeben will - abgesichert sind, könnte sich die KfW das Geld für andere Projekte sparen. Wie man hört, wäre das ganz in ihrem Sinne.

Ob die Synergien wirklich so groß sind, wie EADS und BAE Systems erzählen, muss man kritisch hinterfragen. Bei vielen Produkten ergänzen sich die beiden Firmen, Einsparungen sind zunächst allenfalls in der Verwaltung denkbar. Aber auch da werden sie ihre Grenzen haben. Die Ehe soll ja so laufen, dass unter einer neuen Holding die Konzerne bis auf Weiteres als separate Einheiten weitermachen. Das ist den Gewerkschaften besser vermittelbar. Der Preis sind Doppelstrukturen. Das ist für Controller die Hölle.

Die Konsolidierung wird auf sich warten lassen. Immerhin kann sich der neue EADS-Chef Enders einen alten Traum erfüllen: Als Daimler-Manager hatte er schon mal über eine Fusion mit den Briten verhandelt. Das war 1998.

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