Geplante Fusion mit Continental:Aufstand gegen Schaeffler

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Reiz-Signale aus Hannover: Eigentlich sollte Continental mit dem Maschinenbau-Konzern Schaeffler verschmelzen - jetzt stellt der Autozulieferer die Fusion plötzlich in Frage.

Martin Hesse, Hans-Jürgen Jakobs und Kristina Läsker

Die Fusion der Autozulieferer Conti und Schaeffler kommt wieder ins Gerede. Das Management in Hannover spielt Alternativen durch - sehr zum Missvergnügen der fränkischen Mehrheitseigentümer. Im Hintergrund steht offenbar der Machtkampf zweier Manager.

Ihre Unternehmensgruppe ist noch mit 75 Prozent an Conti beteiligt - aber vielleicht ändert sich das: Maria-Elisabeth Schaeffler. (Foto: REUTERS)

Wenn Firmen fusionieren wollen, sind stets Machtfragen berührt. So ist es auch im Verlobungsfall der Continental AG aus Hannover und ihres Mehrheitsaktionärs, der Schaeffler-Gruppe aus Herzogenaurach. Bei den Niedersachsen ist Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle, im Hauptberuf Vorstandschef des Münchner Linde-Konzerns, zentraler Akteur - in Franken wiederum macht sich Schaeffler-Vorstandschef Jürgen Geißinger Gedanken um die Zukunft des Komplexes.

Mitten hinein in die vorweihnachtliche Ruhe platzte eine Geschichte des Manager Magazins. Sie verkündete Neuigkeiten aus dem Hause Reitzle, also aus dem Continental-Kosmos. Danach sei eine Berater-Truppe zu dem Schluss gekommen, das "Projekt 14" bringe nichts mehr - es ist in Hannover der Deckname für die angedachte Fusion mit der Firma Schaeffler. Deren Eigentümer, Maria-Elisabeth Schaeffler und ihr Sohn Georg, hatten vor zwei Jahren in einem Aufsehen erregenden Coup mit Milliarden-Krediten die Mehrheit der Continental-Aktien gekauft. Die Familie hält heute 75 Prozent des Kapitals, sitzt aber auf hohen Verbindlichkeiten.

Nun rechnen die Investmentbank Perella Weinberg, die Anwälte von Freshfields und die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young dem Continental-Management und dem Oberaufseher Reitzle vor, dass ein Zusammenschluss betriebswirtschaftlich keine großen Effekte habe. Nur im Einkauf seien in einem gemeinsamen Konzern bis zu 400 Millionen Euro im Jahr zu sparen - das aber wird schon heute durch Kooperationen erzielt. Schaeffler und Continental entwickeln zudem im Schulterschluss Produkte, etwa einen Turbolader.

Das Team 14 brachte noch eine Variante ins Spiel, wonach Schaeffler einfach seine AutomativeSparte an Continental verkauft. Der Besitz der Franken könnte auf 35 Prozent sinken. Das Manager Magazin verbreitete sogar das Ondit, Aufsichtsratschef Reitzle habe den Beratern zur Aufgabe gemacht, eine Struktur zu erarbeiten, in der Schaeffler auf lange Sicht genau nur noch jene 35 Prozent hält.

Die Folge ist ein Dementi. Ein 35-Prozent-Ziel als Anteil des Großaktionärs an Continental sei "frei erfunden und niemals genannt worden", erklärt Ober-Kontrolleur Reitzle. In seiner gemeinsam mit Continental verfassten Erklärung heißt es weiter, Ziel sei "unverändert eine mögliche Kombination der beiden Unternehmen, auf die wir uns vorbereiten". Das Projekt 14 treibe "kontinuierlich die Synergieplanung und deren laufende Umsetzung voran". Das Ganze wirkt dennoch wie ein Aufstand gegen Schaeffler. Schon vorher waren Interna, die angeblich gegen Vertreter der Franken bei Conti sprachen, in der Presse lanciert worden.

Offiziell erklärt die Schaeffler-Gruppe: "Kein Kommentar". Zu hören ist im Umfeld aber, dass es keine Überlegungen gebe, den eigenen Anteil zu kappen. Die Schaeffler-Familie hat zwar offenbar mehrfach davon gesprochen, womöglich auf 35 Prozent zu reduzieren - das aber gilt für den Anteil in der eigenen Herzogenauracher Holding, und zwar nach einer Fusion mit Continental. Das Ganze firmiert intern als "Quandt-Modell": Vorbild sind die Verhältnisse bei der Familie Quandt und ihrer Beteiligung am Münchner Autobauer BMW.

Bei Schaeffler ist zu hören, dass ja noch immer der Mehrheitseigentümer entscheide, was mit dem eigenen Besitz passiere. Bereits im September hatte der Konzern deutlich gemacht, es gebe bei der Fusion beider Konzerne keinen Zeitdruck. "Wir haben keine Eile", sagte Vorstandschef Geißinger. Es sei nicht nötig, mit aller Kraft rasch in eine Fusion mit Continental zu gehen. Langfristig bekannte er sich zur geplanten Verschmelzung und nannte Ende 2011 als möglichen Termin.

Offenbar solle jetzt öffentlich Druck aufgebaut werden, heißt es im Umfeld von Schaeffler - und das rechtzeitig vor dem Weltwirtschaftsforum Ende Januar in Davos, einem wichtigen Managertreffen. Vor Wochen schon dementierte das Management, dass Großaktionär Georg Schaeffler im Fusionsfall Probleme mit den US-Steuerbehörden bekäme; der Jurist arbeitet für eine Kanzlei in Dallas. Die Fragen seien gelöst. Jetzt gilt die Fiskus-Frage bei Conti als Störfaktor, der alles zum Kippen bringen könnte.

Das Wort "Fusion" ist in Hannover schon länger ein Tabu. Allenfalls wird von einer "Kombination" der Geschäfte gesprochen. Die Unternehmen seien zu verschieden. "Schaeffler kennt sich mit Mechanik aus, Conti mit Elektronik - beide ergänzen sich", ist einer dieser Sätze, die bei Continental seit Monaten wiederholt werden. Die Kombination der Firmen bringe jedoch noch nicht viel, obwohl es etliche Arbeitsgruppen gibt.

Die neuen Reiz-Signale aus Hannover bringen einen Mann ins Blickfeld, der lange bei Schaeffler gearbeitet hat: Conti-Vorstandschef Elmar Degenhart. Der Vertraute von Schaeffler-Chef Geißinger sei "nicht amused" über die neuen Indiskretionen, heißt es.

An der Börse stieg der Kurs von Continental prompt um rund zwei Prozent auf gut 60 Euro. Hier sorgt die mögliche Rückkehr der Aktie in den Dax für Stimmung. Weil der Streubesitz nach dem Einstieg Schaefflers unter ein Viertel gefallen ist, war Conti Ende 2008 aus dem Leitindex herausgefallen.

© SZ vom 22.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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