Gepa: Fairer Handel:Großhändler einer Bewegung

Einst war Gepa-Kaffee eine bittere Brühe, heute schmeckt er deutlich besser. Der faire Handel hat sich längst professionalisiert - und doch sieht Gepa-Chef Speck Steigerungspotential.

Caspar Dohmen

Wer in den 70er Jahren aus Solidarität mit den Revolutionären Kaffee aus Nicaragua kaufte, musste noch eine ziemlich bittere Brühe trinken. Die Zeiten sind vorbei. Längst stellen Experten den fair gehandelten Kaffee zusammen, achten auf den Geschmack. So wie die Kaffeeverarbeitung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten auch die Gepa professionalisiert, Europas führender Großhändler fair gehandelter Produkte.

Gepa, Foto: dpa

Jute statt Plastik: Gepa ist Europas führender Großhändler für fair gehandelte Produkte.

(Foto: Foto: dpa)

Das Hochregallager in der Zentrale in Wuppertal sieht auf den ersten Blick aus wie jedes andere. Gabelstapler fahren durch die Gänge, an acht Rampen werden Lkw beladen; sie bringen zertifizierten und eingeschweißten Kaffee und andere Waren in die Weltläden und mittlerweile auch in einige Supermärkte. Trotzdem ist die Gepa kein gewöhnliches Unternehmen geworden, sondern Großhändler einer Bewegung. Bis heute verkaufen Freiwillige den Großteil der Ware in den 800 Weltläden, die es bundesweit gibt. "Ohne sie würde das Konzept nicht aufgehen", sagt Gepa-Geschäftsführer Peter Speck im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung.

Viel Potential

Speck sieht viel Potential für Weltläden in Deutschland. Er nimmt gern die Niederlande zum Maßstab; demnach müsste es in Deutschland im Verhältnis zur Einwohnerzahl mindestens 2000 Weltläden geben. Und es gäbe ausreichend Ehrenamtliche, um diese Läden zu führen, da ist sich Speck sicher.

Helfen könnte hier als Initialzündung eine staatliche Förderung. Speck will jedoch kein Geld vom Staat geschenkt haben, "sinnvoll wären aber zinsgünstige oder zinslose Kredite für die Gründung von Läden." So könnten auch Arbeitsplätze geschaffen werden. Gewöhnlich können Weltläden nach einigen Jahren einige Leute anstellen. "Es gibt Läden mit einem Jahresumsatz von 500.000 Euro und zwei bis drei angestellten Mitarbeitern", sagt Speck. Gepa insgesamt erreicht mit 179 Mitarbeitern einen Umsatz von 54 Millionen Euro.

Ehrenamtliche haben die ersten Läden gegründet, damals noch als Dritte-Welt-Läden. Die Shops tauften sie mehrfach um, geblieben ist das politische Engagement. Bis heute geht es einerseits um den Verkauf von Waren der kleinbäuerlichen Produzenten zu fairen Preisen, andererseits um die Organisation von Bildungsveranstaltungen und politischer Kampagnenarbeit. Häufig sind die Weltläden ein wichtiger Knotenpunkt in lokalen Netzwerken. Und viele Aktive lehnen es ab, fair gehandelte Produkte in Discountern wie Lidl oder Aldi zu verkaufen. Speck sieht ebenfalls die Gefahr, dass das Profil des fairen Handels beim Verkauf über Discounter beschädigt werden kann. Gesellschafter der Gepa sind kirchliche Organisationen wie die Hilfswerke Misereor oder Brot für die Welt.

Neue Konzepte

In Deutschland wird der faire Handel zwar punktuell von der Politik unterstützt, andere Industrieländer seien jedoch weiter, was sich Speck mit einer anderen politischen Kultur erklärt. Zum Beispiel sei der faire Handel in den Niederlanden weitgehend in das Beschaffungssystem von Kommunen integriert. So verkauft die Schwesterorganisation dort deutlich mehr Kaffee an Großverbraucher. Dagegen hat der faire Handel in der Schweiz höhere Marktanteile, weil dort die Privatwirtschaft mehr mitzieht, vor allem die großen Einzelhandelsketten Migros und Coop, die 80 Prozent des Einzelhandelsmarktes abdecken. Ähnlich sieht es in Großbritannien aus.

Speck denkt auch an neue Konzepte, um den fairen Handel in Deutschland voranzubringen, beispielsweise den Vertrieb über das Internet. Dafür würde Speck gern eine Allianz mit den Verkäufern von biologischen und regionalen Produkten schmieden, damit ein möglichst umfassendes Angebot präsentiert werden könnte. Vorher müssten einheitliche Kriterien für das Produktangebot entwickelt werden, sagt Speck und ergänzt, "es darf kein Sammelsurium werden, sondern muss ein stimmiges Gesamtkonzept geben, damit sich die Konsumenten identifizieren können. Man könnte dies ohne große Kosten als Einkaufsgenossenschaft organisieren oder gleich den Bogen zum Endkunden schlagen". Schon heute tragen viele Produkte sowohl ein Biolabel als auch eines für fairen Handel.

Gute Geschäfte weiterführen sei kein Problem, aber Speck sagt: "Wir wollen schlechte Situationen verbessern". Er schildert einen Besuch in einem Teegarten im indischen Darjeeling. Dieser hatte 16 Jahre brach gelegen, den Teepflückern ging es in jeder Hinsicht schlecht. Dann fand sich ein örtlicher Geldgeber, die Gepa stieg als Partner ein. Heute gehe es den Teepflückern wieder gut, es gebe sogar eine Highschool für deren Kinder.

Traum vom "politischen" Handel

Dabei hätte anfangs ein Besucher berechtigterweise sagen können: Die schlechtesten Verhältnisse in Darjeeling gab es auf der Plantage des fairen Handels, was zunächst ja auch gestimmt hatte. Dies sei der Grund, warum viele andere Unternehmer vor solchen Projekten zurückschreckten. Allerdings brauche die Gepa einen Mix von Handelspartnern. "Sonst könnten wir als Wirtschaftsunternehmen nicht existieren, dann wären wir mehr einer Nichtregierungsorganisation ähnlich", sagt Speck, der seit 15 Jahren bei der Gepa arbeitet.

Unter seine Regie versucht die Gepa die Wertschöpfung in den Anbauländern zu verstärken: So vertreibt sie seit Jahren einen Instantkaffee aus Tansania, den eine Kooperative dort in einer Fabrik herstellt. Und der Tee kommt fertig verpackt aus Sri Lanka. Gescheitert ist dagegen das Vorhaben, einen gemahlenen Kaffee in Costa Rica fertig verpackt herzustellen. "Wir haben es nicht geschafft ein ausreichendes Qualitätsmanagement dort vor Ort aufzubauen, damit den Kunden in Deutschland unser Kaffee schmeckt", sagt Speck selbstkritisch.

Hinderlich für eine tiefere Wertschöpfung in den südlichen Produzentenländern sind auch wirtschaftliche Hemmnisse: Bis heute belegen Industrieländer Fertigerzeugnisse aus den Ländern der Dritten Welt mit höheren Zöllen als die Rohwaren. "Es nutzt nichts, wenn ich möglichst viel Wertschöpfung im Ursprungsland habe, dann aber nur die Hälfte von dem Produkt verkaufe, weil ich nicht die Qualität hinbekomme und weil es zu teuer ist", empört sich der Gepa-Mann. Er plädiert dafür, diese Regeln zu ändern. Vielleicht ist Speck auch deswegen der festen Überzeugung, dass der faire Handel nach all den Jahren der Professionalisierung des Handels wieder "politischer" werden müsse.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: