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Internationaler Währungsfonds:EU will Bulgarin Kristalina Georgiewa als IWF-Chefin

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Von Alexander Hagelüken und Matthias Kolb, Brüssel

Kristalina Georgiewa soll Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) werden.

Die Christdemokratin war bis 2017 Vizechefin der EU-Kommission. Die amtierende Weltbank-Geschäftsführerin war auch als Chefin der EU-Kommission im Gespräch. Die bulgarische Ökonomin gilt als sehr kompetent. Dennoch galt eigentlich der Niederländer Jeroen Dijsselbloem als Favorit für den Spitzenposten.

Denn eigentlich hatte Georgiewa ein Problem, das ihre Wahl zur IWF-Chefin hätte verhindern können: Sie wird bald 66 und hat daher bereits die Altersgrenze von 65 Jahren überschritten, die beim IWF für den Chefposten gilt. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire hatte dafür geworben, sich beim IWF für die Abschaffung der Altersgrenze einzusetzen, war damit aber auch in Berlin auf Skepsis gestoßen.

Ursprünglich waren fünf Bewerber im Rennen, doch bereits am Donnerstagabend hatte der Portugiese Mário Centeno zurückgezogen. Als die Beratungen der 28 Finanzminister am Morgen begannen, standen neben Dijsselbloem und Georgiewa noch der finnische Zentralbank-Chef Olli Rehn sowie Spaniens Wirtschaftsministerin Nadia Calviño zur Wahl. Mittags zog sich dann Calviño zurück, um so eine europäische Einigung zu erleichtern. Einige Stunden später sah auch der Finne Rehn ein, dass er chancenlos war. Er hatte Anfang Juli schon seine Hoffnungen auf den Chefsessel der EZB begraben müssen, da Christine Lagarde zum Zug kam.

Lange galt der IWF als kalte Faust des Kapitalismus

Die Bulgarin wird auf eine veränderte Organisation treffen. Der IWF wurde am Ende des Zweiten Weltkrieges gemeinsam mit der Weltbank gegründet. Er soll das internationale Währungssystem stabilisieren, frühzeitig die Entstehung von Finanzkrisen erkennen und Ländern in Zahlungsschwierigkeiten helfen. Lange galt der IWF als kalte Faust des Kapitalismus. In der Asienkrise Ende der 1990er Jahre warf man ihm vor, er habe den betroffenen Staaten Hilfe nur unter der Bedingung harter Sparprogramme und restriktiver Geldpolitik gewährt.

In den vergangenen 20 Jahren wandelte sich der IWF deutlich. Er kümmerte sich zunehmend um Themen wie Gleichstellung und Ungleichheit. Er propagiert höhere Steuern für Besserverdiener, um die Kluft zwischen Arm und Reich zu verringern. Marktliberale kritisieren solche Ideen scharf. Andere Beobachter kritisieren, der IWF vernachlässige sein Kerngeschäft. So mache er keine Vermittlungsvorschläge im Handelsstreit zwischen den USA und dem Rest der Welt. Für seine fundierten ökonomischen Analysen wird der Währungsfonds bei Fans und Skeptikern aber weiterhin geschätzt.

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