Süddeutsche Zeitung

Weltwirtschaftsforum:Soros attackiert Chinas Staatschef

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Der Investor nennt Xi Jinping den "gefährlichsten Gegner der freien Gesellschaften". Die Regierung von US-Präsident Trump lobt er - und fordert von ihr eine härtere China-Politik.

Von Bastian Brinkmann, Davos

George Soros, 88, trinkt einen großen Schluck Wasser und räuspert sich. Es ist einer seiner seltenen Auftritte. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos veranstaltet der US-Investor mit den ungarischen Wurzeln ein Abendessen und erklärt den Zuhörern die Welt. Er möchte ein Warnsignal senden und nennt Chinas Staatschef Xi Jinping den "gefährlichsten Gegner der freien Gesellschaften". Die "freie Gesellschaft" ist Soros' Lebensziel. Milliarden Dollar, die er an den Finanzmärkten erspekuliert hat, investiert er in Nichtregierungsorganisationen, die sich für eine liberale Gesellschaft in seinem Sinne einsetzen, für Meinungsfreiheit, Menschenrechte, westliche Werte. In China sieht er sie wegen der Übermacht der digitalen Überwachung in Gefahr.

China wolle ein Punktesystem für jeden Bürger installieren, eine totalitäre Datenbank, die jedes Verhalten protokolliert, bewertet - und daher den Alltag der Menschen steuern kann, so Soros. "Das wird das Schicksal des Einzelnen den Interessen des Einparteienstaates in beispielloser Weise unterordnen", sagt er. Soros liest seine Rede vom Blatt ab. Während er spricht, veröffentlichen seine Mitarbeiter eine chinesische Übersetzung, die im Internet publiziert wird.

Das Internet in China ist streng reguliert, der Kommunistischen Partei wird diese Rede nicht gefallen. Soros attackiert Xi und seine Gefolgschaft. China wolle die Regeln der digitalen Wirtschaft diktieren, das bedrohe die Freiheit des Internets. Soros wird deutlich: "Ich will meine Zeit heute Abend nutzen, um die Welt zu warnen vor einer nie dagewesenen Gefahr, die das Überleben der offenen Gesellschaften bedroht." Und er greift zu großen Metaphern: "Wir befinden uns in einem kalten Krieg, der droht, ein heißer zu werden." Auf die Nachfrage, auf welcher Seite Facebook und andere Tech-Konzerne in diesem "kalten Krieg" stehen, sagt Soros: "Auf der Seite des Profits." Manche im Saal applaudieren.

Soros lobt die Trump-Regierung

Wer in Freiheit leben wolle, müsse aufstehen gegen Chinas Staatschef Xi Jinping - das ist seine Botschaft. Und er lobt für viele Zuhörer überraschend die Regierung von US-Präsident Donald Trump. Wohlgemerkt: Soros, der an die Demokratische Partei spendet, lobt nicht Trump. Der sei "etwas besonders", sagt Soros, diene nur sich selbst. Aber: "Sie müssen unterscheiden zwischen Trump und der Trump-Regierung", sagt Soros auf eine verwunderte Nachfrage aus dem Publikum. Denn in seiner Rede lobt er, dass die US-Regierung China offiziell als "strategischen Rivalen" eingestuft habe. Er erwähnt in positivem Ton die Arbeit verschiedener Beamter und Gruppen innerhalb der US-Regierung; Trump selbst schließt er schon dort explizit aus.

Aber Soros fordert mehr: Die USA bräuchten eine tiefgreifendere China-Politik. "Die muss viel ausgefeilter, detaillierter und praktischer sein", sagt Soros. Die USA müssten auch ökonomisch antworten auf die sogenannte "Neue Seidenstraße", ein Projekt aus Peking, bei dem China in Entwicklungsländern Infrastruktur finanziert und sich so Einfluss sichert - und womöglich die Zukunft. Und die, das macht Soros klar, will er nicht den autoritären Vorstellungen von Xi Jinping überlassen.

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