General Motors:Krach der Kulturen

Die Krise bei Opel zeigt, wie wenig amerikanische und europäische Managementkultur zusammenpassen. Besonders seit General Motors Deutschland ein Standortproblem bescheinigt hat, nehmen die Aversionen im transatlantischen Verhältnis zu.

Von Karl-Heinz Büschemann

Die Bild-Zeitung ist besorgt: "Warum reden die Amerikaner über unseren Opel so schlecht?"

General Motors: GM bescheinigte der Bundesrepublik ein Standortproblem. Hierzulande wurde die Äußerung als Nestbeschmutzung aufgefasst.

GM bescheinigte der Bundesrepublik ein Standortproblem. Hierzulande wurde die Äußerung als Nestbeschmutzung aufgefasst.

(Foto: Foto: Reuters)

Der Stern druckt ein Titelbild, auf dem ein Westernstiefel ein aus Menschen gebildetes Opel-Zeichen zertritt ("Methode Wildwest").

"Bosse in die Wüste schicken"

Auch Norbert Blüm, vormals CDU-Arbeitsminister und als junger Mann Werkzeugmacher bei Opel, beklagt mangelndes Verständnis bei den Managern der Opel-Muttergesellschaft: "Ich würde die Bosse in die Wüste schicken." Die Krise bei Opel macht deutlich, wie wenig deutsche und amerikanische Management-Kultur zusammenpassen.

"Das ist finsterster amerikanischer Imperialismus", klagte ein Opel-Betriebsrat, nachdem General Motors (GM) in Rüsselsheim die Zügel angezogen, das deutsche Opel-Management abgeschoben und die Streichung von 10000 Jobs in Deutschland angekündigt hatte.

"Wir müssen handeln", sagte GM-Konzernchef Rick Wagoner: "Wir können nicht mehr auf ein Wunder warten". Diese Kritik rührt aus tiefem Frust, den die GM-Zentrale in Detroit über die deutsche Tochter hegt, die sie bereits im Jahr 1929 kaufte, und die seit fünf Jahren Verlust macht.

Einfluss in Detroit verloren

Die deutschen Führungskräfte bei Opel werden von den Amerikanern als Ingenieure geschätzt. Aber als Manager, die sich schlechten Zahlen entgegenstellen, gelten die Deutschen nicht.

Sie haben in Detroit massiv an Ansehen und Einfluss verloren. Umgekehrt klagen die Deutschen, dass die Amerikaner bei GM zu wenig von den Bedürfnissen einer europäischen Automarke verstünden. Rigorose Sparvorgaben aus Detroit hätten dem Image von Opel und damit dem Absatz geschadet.

Ähnlich ist das Bild beim Konkurrenten Ford. Der hat 1999 den Deutschen Wolfgang Reitzle engagiert, um die Luxusmarken des Konzerns (Aston Martin, Jaguar, Volvo, Land Rover) zu führen.

Nach drei Jahren sprang der Ex-BMW-Manager wieder ab. Er fand in Detroit kein Verständnis dafür, dass Automarken eine langfristige Strategie brauchen. "Die Amerikaner denken zu kurzfristig", sagt ein Automanager. "Die verstehen den europäischen Markt nicht".

Schwerer Stand seit Irak-Krieg

Deutschland hat bei den GM-Managern einen besonders schweren Stand. Das liegt zum Teil daran, dass das Weiße Haus, zu dem GM beste Beziehungen pflegt, die deutsche Außenpolitik seit dem Irak-Krieg kritisch sieht.

Die Bundesrepublik ist bei den Amerikanern als Hochlohnland verschrien, das mit Einrichtungen wie der Mitbestimmung oder den Betriebsräten nervt, die in US-Unternehmen unbekannt sind.

Die Werke in anderen Ländern hätten größere Opfer gebracht als die Deutschen, heißt es bei GM.

Standortproblem Deutschland

Deutlich wurde die steigende Aversion, als der Technik-Chef des Konzerns, Bob Lutz, in einem Interview über den größten Automarkt Europas herzog: "Deutschland hat ein Standortproblem". Die Opel-Belegschaft verstand diese Feststellung als Nestbeschmutzung, die der Marke Opel schadet.

Aber es gibt im transatlantischen Verhältnis auch Beispiele für gelungene Anpassung von Firmen an lokale Verhältnisse. Welcher deutsche Konsument weiß schon, dass typisch deutsch erscheinende Produkte wie Tempo-Taschentücher oder Rei in der Tube oder Wick-Bonbons Produkte von US-Konzernen sind?

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