General Electric:Vorbild Trapattoni

Ferdinando Beccalli-Falco soll dem amerikanischen Unternehmen General Electric neuen Schwung geben. Er ist zuversichtlich - dabei will er ausgerechnet dorthin, wo der Rivale Siemens Platzhirsch ist.

Varinia Bernau

Er hat bei Jeff Immelt nachgefragt warum ausgerechnet er, ein Italiener, die deutsche Mannschaft führen soll. Der Mann an der Spitze des amerikanischen Mischkonzerns General Electric, so erzählt es Ferdinando Beccalli-Falco, versteht zumindest so viel vom Fußball europäischer Spielart, dass ihm Giovanni Trapattoni in den Sinn kam.

Ferdinando "Nani" Beccalli-Falco

Vorbild Trapattoni: Der Italiener Ferdinando Beccalli-Falco leitet seit Jahresanfang das Deutschlandgeschäft von General Electric.

(Foto: ge)

Der, so habe Immelt dem Manager entgegnet, habe doch auch eine deutsche Mannschaft zum Erfolg geführt. Er hoffe, sagt Beccalli-Falco in betont bescheidenem Ton, dass Immelt dabei an Trapattonis Zeit beim FC Bayern München gedacht habe - und nicht an die weniger glorreichen Stunden, die später als Trainer beim VfB Stuttgart folgten.

Beccalli-Falco, der seine Karriere 1975 bei GE in den USA begonnen hat, weiß wohl, dass keine leichte Aufgabe vor ihm liegt. Deutschland ist nach Indien das zweite Land, in dem der vom Glühbirnenerfinder Thomas Edison gegründete Traditionskonzern, ein Experiment wagt: Es gewährt dem Management vor Ort Entscheidungsfreiheit. Das soll helfen, besser und schneller auf die Wünsche von Kunden einzugehen - und GE fernab des schwächelnden Heimatmarktes einen starken Stand verschaffen.

"Wir sehen hier nicht die üppigen Wachstumsraten, die in Schwellenmärkten zu erzielen sind", sagt Beccalli-Falco. "Aber wir begreifen Deutschland als Schlüsselmarkt für Hochtechnologie." Nicht zuletzt in der Finanzkrise habe sich Deutschland als Anker erwiesen.

Beccalli-Falco, Jahrgang 1949, ist so etwas wie der Leiter dieses Experiments. Das, was ihm dazu in seinem neuen Büro in Frankfurt zu Verfügung steht, ist recht ordentlich: 56 Millionen Euro will GE in den nächsten 15 Monaten investieren, um Verwaltung und Vertrieb in Deutschland auszubauen, weitere 30 Millionen sollen in den nächsten zwei Jahren in die Forschung fließen.

Doch die Ziele von Beccalli-Falco sind ambitioniert: Der Konzern schlüsselt seine Bilanz zwar nicht nach Ländern auf. Aber innerhalb Europas, wo der Umsatz im vergangenen Jahr bei 32 Milliarden Euro lag, soll Deutschland den größten Brocken liefern. "Das geht nur, wenn wir den Umsatz in den nächsten fünf Jahren verdoppeln", sagt Beccalli-Falco.

Und das geht nur, das sagt er natürlich nicht laut, wenn GE es mit Siemens aufnimmt. Der Münchner Konzern ist der stete Rivale: Man konkurriert auf dem Feld der Medizin- und der Lichttechnik, bei Gasturbinen und Flugzeugmotoren, bei Haushaltsgeräten und grünen Technologien.

Und auch wenn die Amerikaner bei Umsatz und Börsenwert noch die Nase vorn haben, so hat Siemens doch ganz gut aufgeholt. Nun drängt GE also mit aller Kraft auf dem Heimatmarkt von Siemens vor, so wie sich Siemens längst auf das traditionellen Revier von GE breit gemacht hat.

Niemand, der herumkeilt

Man habe den größten Respekt für Siemens, sagt Beccalli-Falco freundlich-diplomatisch . Der hochgewachsene Manager drückt das Kreuz durch, sein Händedruck ist fest.

Er hat mehrere hochrangige Politiker in Europa beraten, Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat ihm den Verdienstorden der Ehrenlegion verliehen, der italienische Präsident hat ihn zum Cavaliere del Lavoro ernannt.

Beccalli-Falco ist keiner, der gegen die Konkurrenz keilt. Sondern einer, der sich in Geduld üben kann: Man befinde sich keinesfalls in einem Preiskrieg, allenfalls in einem Krieg der Technologien, sagt er. Und dann spricht er von Turbinen, deren Kerosinausstoß GE um 15 Prozent gesenkt habe. Und von Kernspintomografen, die so klein sind, dass man das Knie eines Kranken auch im Sessel untersuchen könne, ohne ihn in die Röhre schieben zu müssen.

Der wichtigste Baustein in seinem Experiment aber, das ist die Energiesparte: In den vergangenen neun Monaten hat GE elf Milliarden US-Dollar in den Ausbau dieses Geschäfts investiert, knapp die Hälfte davon ist nach Europa geflossen. Und jeder zweite der 7000 Mitarbeiter, die Beccalli-Falco hierzulande dirigiert, ist damit beschäftigt, leistungsfähigere Gaskraftwerke und effizientere Energiesteuerungssysteme zu bauen und zu verkaufen.

Deutschland, das ist der Traum von Beccalli-Falco, könnte im Bereich der grünen Technologien bald schon die Führung übernehmen. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres aber, das ist die Realität, hat GE weltweit ein Viertel weniger Windkraftanlagen ausgeliefert als im Vorjahr - und dies auch noch zu niedrigeren Preisen.

Ausgerechnet vor den Küsten, wo der Wind am stärksten weht und wo auch deutsche Politiker die größten Chancen für eine Energiewende sehen, hinken die Amerikaner Siemens hinterher.

Höflich entschuldigt sich Beccalli-Falco, dass er kein Deutsch spricht. Kein einziges Wort, wie er betont, um sich später selbst zu widerlegen, wenn er immer wieder das deutsche Wort "Energiewende" in sein flüssiges, wenn auch mit italienischem Akzent durchsetztes Englisch einstreut.

Fast wirkt es, als wolle er zeigen, dass er zumindest sprachlich mit Trapattoni mithalten kann. Alles andere muss er noch zeigen.

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