Gen-Mais:Was erlaubt ist, muss nicht gefallen

Die EU hat den Anbau von Gen-Mais gestattet - in vielen Ländern der Union aber will man ihn auf den Feldern nicht sehen.

Cornelia Bolesch

Ein dickes Gesetzespaket aus Brüssel regelt seit vier Jahren den Umgang mit gentechnisch veränderten Futter-und Lebensmitteln. Und es lässt dabei kaum Fragen offen. Sollte aber jemand geglaubt haben, dieser bürokratische Akt werde Frieden auf den Äckern herstellen, so hätte er sich grob getäuscht. Trotz aller Regeln wird in Europa der Glaubenskrieg um die Gentechnik weitergeführt. Darin sind nicht nur Umweltschützer und Biobauern, sondern auch die Politiker verstrickt. Die EU-Kommission aber, die den Umgang mit der grünen Gentechnik managen muss, gerät immer mehr in die Defensive.

Gen-Mais: Ein Aktivist der Umweltschutz-Organisation Greenpeace schneidet auf einem Feld bei Riedstadt in Hessen die Blüten von gentechnisch veränderten Maispflanzen ab, um Pollenflug in ein benachbartes Naturschutzgebiet zu verhindern.

Ein Aktivist der Umweltschutz-Organisation Greenpeace schneidet auf einem Feld bei Riedstadt in Hessen die Blüten von gentechnisch veränderten Maispflanzen ab, um Pollenflug in ein benachbartes Naturschutzgebiet zu verhindern.

(Foto: Foto: dpa)

Im Mittelpunkt des Streits steht eine vom amerikanischen Multi Monsanto produzierte Maissorte mit der Seriennummer 810 (Mon810). Ihr besonderes Merkmal ist die eingefügte Erbsubstanz eines Bazillus, mit dessen Hilfe gegen den Hauptschädling der Pflanze, die Raupen eines Schmetterlings mit Namen Maiszünsler, ein Gift freigesetzt wird. Mon810 ist die einzige genmanipulierte Pflanze, die in der Europäischen Union großräumig angebaut wird. In Spanien werden es bald 100 000 Hektar sein.

In Frankreich nimmt dieser moderne Mais viel weniger Platz ein, nämlich nur 22 000 Hektar. Sehr viel mehr dürften es erst einmal nicht werden, denn Frankreich hat den Anbau von Mon810 bis auf weiteres verboten. Premier François Fillon begründete den Schritt mit "schwerwiegenden Bedenken" französischer Wissenschaftler. Der Wind trage die Maispollen mehr als 100 Kilometer weit. Außerdem werde durch das eingebaute Gift nicht nur der Maiszünsler, sondern auch der wertvolle Bodenwurm bedroht.

EU-Kommission steckt in einem Dilemma

Frankreich beruft sich bei seinem Verbot auf eine "nationale Schutzklausel" im EU-Recht. Die Mitgliedsstaaten dürfen danach europaweit zugelassene Gen-Pflanzen in ihrem eigenen Hoheitsgebiet verbieten, falls sie Gesundheit oder Umwelt ernsthaft bedroht sehen. Frankreich ist nicht das erste Land, das so handelt. Auch Österreich, Ungarn, Griechenland, Polen und die Slowakei berufen sich auf die Schutzklausel. Auch Deutschland hat das unter der rot-grünen Bundesregierung getan. Landwirtschaftsminister Horst Seehofer ließ jedoch den Anbau von Mon810 wieder zu. Der CSU-Politiker fühlte sich dabei aber so unwohl, dass er kürzlich in Brüssel verlangte, alle EU-Genehmigungen für gentechnisch veränderte Pflanzen müssten zunächst gestoppt werden. Das Verfahren sei "hoch unbefriedigend". Die EU-Kommission steckt in einem Dilemma. Ihre eigene Lebensmittelbehörde hat Mon810 genehmigt. Dennoch wird der Mais in immer mehr Ländern der Europäischen Union abgelehnt.

Die Kommission kann dagegen nur einschreiten, wenn sich eine Mehrheit der andern EU-Staaten auf ihre Seite stellt. Das war bisher nicht der Fall. Gleichzeitig drohen die USA, Kanada und Australien der EU wegen der Schutzklauseln milliardenschwere Strafzölle an und haben dafür die Rückendeckung der Welthandelsorganisation WTO.

"Alle sind gegen uns", bilanziert die Sprecherin von Umweltkommissar Stavros Dimas. Aber selbst der sperrt sich nun gegen die Zulassung von zwei weiteren Maissorten anderer Bio-Firmen. Bald werden die Kommissare, wie man hört, eine "Orientierungsdebatte" über die ungemütliche Lage führen. Man könnte es auch Krisensitzung nennen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: