Gemeinschaftswährung: Erstaunliche Stärke:Der Teflon-Euro

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Schuldenkrise, Unruhen, Atomkatastrophe: Die Euro-Zone ist lädiert, doch an der gemeinsamen Währung bleibt nichts hängen. Der Wechselkurs zum Dollar steigt sogar ständig, doch das ist gar nicht so erstaunlich.

Helga Einecke, Frankfurt

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht schlechte Nachrichten über den Euro-Raum verbreitet werden. Griechenland droht trotz Milliardenhilfen der Ruin. Portugal hat keine Regierung, dafür hohe Schulden. Irlands Banken kommen allein noch lange nicht klar und benötigen Rettung ohne Ende. Und der Euro? Sein Wechselkurs steigt und steigt, er liegt jetzt bereits bei 1,47 Dollar.

Die Devisenhändler reden meist ziemlich flapsig über ihre Geschäfte. So machte in New York das Wort vom Teflon-Euro die Runde. (Foto: dpa)

Diese Euro-Stärke gibt EZB-Präsident Jean-Claude Trichet die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, es gebe überhaupt keine Euro-Krise. Stimmt das wirklich? Gibt es zwischen dem Wechselkurs und der Verfassung seines Wirtschaftsraums keinen Zusammenhang? Oder wissen die Devisenhändler mehr als die Politiker, die Ökonomen und die Euro-Skeptiker?

Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise empfindet den Gegensatz zwischen dem Wechselkurs des Euro und dem Zustand der Euro-Zone als krass. Noch immer sei das Fundament des Euro brüchig, würden wesentliche Elemente dieses Fundaments neu verhandelt und diskutiert.

Eine griffige Erklärung für das Auseinanderdriften des Wechselkurses und der miesen Reputation des Währungsgebietes hat er nicht. "Eine positive Erklärung wäre, dass die Märkte erwarten, die Euro-Zone bekomme ihre Schwierigkeiten in den Griff", meint er. Dabei stünden vor allem die großen Länder wie Spanien und Italien im Fokus. Diese könnten zu Reformen gezwungen werden und deshalb auch aus dem Gröbsten heraus sein. "Das wäre aber eine sehr optimistische Variante ", fügt er hinzu.

Auf jeden Fall gewinnen die Euro-Optimisten seit dem Sommer 2010 immer wieder die Oberhand. Damals war der Eurokurs unter 1,20 Dollar gefallen, nachdem er ein halbes Jahr zuvor noch über 1,50 Dollar gehandelt worden war. Natürlich gab es im Lauf des Jahres 2010 eine ganze Reihe von Stützungsaktionen für den Euro, angefangen von Garantien und Krediten der Regierungen bis zu Wertpapierkäufen der Europäischen Zentralbank. Aber die Händler von Staatsanleihen reagierten stets empfindlich auf die Sünden einiger Peripherieländer.

Eine Tautologie, aber keine Erklärung

Viele Analysten reden lieber über den Dollar als über den Euro. Nicht der Euro sei stark, der Dollar sei schwach, meinen sie. Heise hält dies für eine Tautologie, also eine Selbstverständlichkeit, aber nicht für eine Erklärung. Er geht sogar davon aus, dass der Dollar derzeit unterschätzt wird.

Dirk Schumacher, Volkswirt von Goldman Sachs, hält dagegen den Vergleich zwischen den beiden Währungszonen USA und Europa durchaus für berechtigt. Schließlich sei die Lage des amerikanischen Staatshaushalts keineswegs besser als die aller europäischen Länder zusammen. Das ist ein Argument, das auch Trichet gerne und häufig zur Entlastung der Euro-Zone anführt.

Sogar Ratingagenturen rütteln neuerdings an der amerikanischen Kreditwürdigkeit. Schumacher weist auf das hohe Defizit der Amerikaner in ihrer Leistungsbilanz hin, die neben Waren auch die Dienstleistungen einschließt. Außerdem müssten die Chinesen und Japaner ihre Überschüsse wieder anlegen, und das könnten sie zunehmend in Euro tun.

China bekräftigt, europäische Anleihen kaufen zu wollen und damit speziell Spanien aus der Bredouille zu helfen. Ein Argument für die akute Euro-Stärke ist nicht zu widerlegen. Die Europäische Zentralbank hat erstmals seit Existenz des Euro die Zinsen früher erhöht als die amerikanische Notenbank Fed. Sie tat das nicht überraschend, sondern bereitete die Märkte mit einer klaren Ankündigung darauf vor. Und sie ließ auch der Phantasie zu weiteren Zinssteigerungen im Lauf dieses Jahres Raum.

"Zinspolitik der EZB wird hoffnungslos überbewertet"

Die Aussicht auf steigende Rendite aber zieht den Handel mit Devisen an wie Honig die Bienen. Heise hält diese Argumentation für übertrieben. "Die Zinspolitik der EZB wird in diesem Zusammenhang hoffnungslos überbewertet", sagt er. Die Notenbank in Frankfurt werde sehr vorsichtig agieren. Es wäre eine Fehleinschätzung zu glauben, sie werde nun aggressiv den Banken das Geld entziehen und verteuern. Auf der anderen Seite sei nicht damit zu rechnen, dass die Amerikaner noch sehr lange die Politik des billigen Geldes verfolgen würden.

Die Devisenhändler reden meist ziemlich flapsig über ihre Geschäfte. So machte in New York das Wort vom Teflon-Euro die Runde, einer Währung, an der weder die Schuldenkrise, noch der Krieg in Nordafrika noch die Atomkatastrophe in Japan hängen bleibe. Vermutlich reiben sich die Amerikaner auch deshalb die Augen, weil die unangefochtene Leitwährung Dollar nicht mehr als typische Fluchtwährung gilt, zumindest nicht mehr in allen schwierigen Situationen.

Der starke Euro erfreut gerade die Urlauber, die in Länder reisen, deren Währungen an den Dollar gekoppelt sind, also auch etliche im ferneren Osten. Dagegen müssen die Produzenten im Euro-Raum ihre Waren aufgrund der Wechselkursverschiebung am Weltmarkt teurer anbieten. Das könnte vor allem diejenigen Peripherieländer des Währungsgebiets treffen, die ohnehin schwach wachsen.

© SZ vom 28.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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