Süddeutsche Zeitung

Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage:EU-Kommission will per Gesetz gegen Steuertricks vorgehen

  • Die EU-Kommission will einheitliche Regeln dafür, wie die Steuer auf Konzerngewinne berechnet wird.
  • Außerdem sollen die Gewinne eines Konzerns fair auf alle EU-Länder verteilt werden. Dem Vorschlag müssen aber alle Mitgliedsländer zustimmen.

Von Bastian Brinkmann

Nach der Rekordstrafe gegen den US-Konzern Apple will die EU-Kommission die Steuerflucht von Unternehmen grundsätzlich bekämpfen. Brüssel möchte dafür EU-weit vereinheitlichen, wie die Steuer auf Konzerngewinne berechnet wird. Viele Steuertricks hätten dann keine Chance mehr. Die entsprechenden Gesetzesentwürfe liegen der Süddeutschen Zeitung vor.

Bisher können Konzerne in der Europäischen Union verschiedene Steuertricks ausnutzen, um Abgaben zu vermeiden. Die EU-Kommission hat vor Kurzem gegen den iPhone-Hersteller Apple eine spektakuläre Strafe in Höhe von 13 Milliarden Euro verhängt. Der iPhone-Konzern bündelt sein Europa-Geschäft in Irland. Das Land erlaubt allerlei Steuertricks.

Die EU-Kommission möchte nun generell verhindern, das Unternehmen auf diese Weise ihre Steuerlast drücken. Der Vorschlag bezieht sich ausdrücklich nicht auf die Höhe der Steuersätze. Stattdessen soll vereinheitlicht werden, was Konzerne als Ausgaben ansetzen dürfen und was nicht. Denn die Ausgaben drücken den Gewinn, auf den dann die sogenannte Körperschaftsteuer fällig wird. Jedes EU-Land hat dafür seine eigenen Regeln. Einzelne Staaten wollen beispielsweise Forschung stärker fördern als andere und erlauben deswegen, Forschungskosten stärker vom Gewinn abzuziehen als ihre Nachbarn.

Solche Regeln können allerdings auch missbraucht werden, wenn Konzerne etwa auf dem Papier Patente von einem Land in ein anderes verschieben, weil dort dann die Steuern niedriger sind. Genau das möchte die EU-Kommission künftig verhindern. Für das konkrete Beispiel Forschung und Entwicklung bedeutet das: Zusätzlich zu den tatsächlichen Kosten sollen künftig maximal 50 Prozent der Ausgaben vom Gewinn abgezogen werden dürfen. Geht es um mehr als 20 Millionen Euro pro Jahr, fällt der Wert auf 25 Prozent. Start-ups sollen bis zu dieser Grenze noch mal 100 Prozent der Forschungsausgaben von der Steuer absetzen dürfen.

Weil die Berechnung der Körperschaftsteuer vereinheitlicht werden soll, trägt der Gesetzentwurf den etwas umständlichen Namen "Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage" (hier als PDF für die sogenannte CCTB und hier für die CCCTB). Betroffen von einer solchen Regelung wären Konzerne, die insgesamt mehr als 750 Millionen Euro Umsatz im Jahr machen. Brüssel argumentiert, dass gemeinsame Regeln den Firmen die Arbeit erleichtern würden. Deswegen prognostiziert die EU-Kommission, dass Firmen mehr Arbeitsplätze schaffen und mehr investieren würden.

Eine neue Regelung bei der Berechnung der Steuer soll nur ein erster Schritt sein. Im Anschluss plant die EU-Kommission weitere Maßnahmen: Die Gewinne eines Konzerns sollen fair auf alle Länder verteilt werden, in denen der Konzern aktiv ist. Bisher siedeln sich Konzerne wie Apple oder Amazon in EU-Staaten wie Irland oder Luxemburg an und zahlen mithilfe der dortigen Steuergesetze weniger Abgaben als in Ländern wie Frankreich oder Deutschland. Das soll verhindert werden. Die Verteilung soll sich daran orientieren, in welchen Ländern der Konzern wie viel Vermögen hält, Mitarbeiter beschäftigt und Umsatz erwirtschaftet, fordert die EU-Kommission. Wie diese Verteilung genau aussehen sollte, ist politisch aber sehr umstritten. Wird die Verteilung der Gewinne neu geregelt, gibt es schließlich Gewinner und Verlierer.

Ausdrücklich nicht vorgesehen ist es, einen Mindeststeuersatz für Konzerne in Europa einzuführen. Die Steuersätze unterscheiden sich innerhalb Europas stark. In Irland müssen Firmen nur 12,5 Prozent zahlen, in Deutschland sind es etwa 30 Prozent.

Jedes Land müsste dem Entwurf zustimmen

Offen ist, ob sich die EU-Kommission mit ihrem neuen Vorhaben durchsetzen kann. Jedes EU-Land müsste dem Vorstoß zustimmen. Die Gesetzesentwürfe haben gerade erst die Hauptstädte erreicht. Ein Sprecher des irischen Finanzministeriums wollte den Brüsseler Vorschlag noch nicht kommentieren, da er noch nicht offiziell veröffentlicht sei. Irland habe in der jüngsten Vergangenheit viele Steuergesetze reformiert, betonte der Sprecher.

Der Brüsseler Vorstoß findet allerdings auch Zuspruch. "Das ist ein guter Vorschlag der EU-Kommission", sagt der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold. "Viel zu lange haben die EU-Mitgliedsländer sich bei den Unternehmenssteuern mit unfairen Mitteln Steuergelder und Investitionen abgejagt."

Ein ähnlicher Vorschlag der Kommission war 2011 gescheitert. Steueroasen wie Irland stellten sich damals quer. Aber auch Deutschland war gegen den Entwurf. Die Bundesregierung fürchtete unter anderem, dass Deutschland weniger Steuern einnehmen würde, wenn die Verteilung zwischen den Ländern so festgeschrieben wird (PDF). Deutsche Konzerne exportieren viel ins Ausland und können daher auch ihre Steuerlast im Ausland drücken. Außerdem gelten Änderungen im Steuerrecht auf EU-Ebene als schwer durchsetzbar, weil sie die staatliche Souveränität berühren.

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