Süddeutsche Zeitung

Gemeinsame Bonds der AAA-Staaten:Verwirrung um Alleingang der Euro-Elite

Die Besten sollen es richten: Deutschland plant angeblich, gemeinsam mit anderen Top-Euro-Staaten eigene Anleihen herauszugeben. Stimmt alles nicht, behauptet die Bundesregierung. Und doch: Europa muss an das Geld privater Investoren kommen.

In Berlin wird angeblich an einem neuen Plan zur Lösung der Schuldenkrise gearbeitet: Die sechs Euro-Staaten mit der höchsten Kreditwürdigkeit wollen einem Zeitungsbericht zufolge gemeinsame Anleihen auf den Markt bringen. An ihnen wären - im Gegensatz zum bisher diskutierten Modell der Euro-Bonds - die schwächeren Euro-Länder nicht beteiligt, sondern nur die, die ein Spitzen-Rating haben. Die Bundesregierung spricht von "Gerüchten".

Unter Berufung auf nicht näher genannte EU-Diplomaten hatte die Welt berichtet, neben Deutschland könnten die AAA-Staaten Frankreich, Finnland, die Niederlande, Luxemburg und Österreich Gemeinschaftsanleihen herausgeben.

Die Vorteile:

[] Die Anleihen könnten zu niedrigen Zinsen auf den Markt gebracht werden, weil die Teilnehmerstaaten über die höchste Kreditwürdigkeit verfügen. Der Zinssatz der neuen Anleihen könnte der Zeitung zufolge zwischen zwei und 2,5 Prozent liegen.

[] Mit den Einnahmen könnten die starken EU-Nationen Ländern wie Italien oder Spanien helfen, in dem sie deren Staatsanleihen aufkaufen. Allerdings gebe es diese Hilfe nur gegen strenge Sparauflagen, heißt es in dem Bericht. Auch am Montag hatten zwei hochverschuldete Euro-Staaten wieder enorm hohe Zinsen zahlen müssen, um sich Geld zu leihen: Belgien musste bei einer Auktion seiner zehnjährigen Staatsanleihen mehr als 5,6 Prozent bieten. Das ist der höchste Wert seit Anfang 2000. Italien musste erneut mehr als sieben Prozent zahlen.

[] Das Geld zum Aufkauf von Anleihen würde nicht mehr, wie bisher, von der EZB kommen, sondern von privaten Investoren. Vor allem die Bundesregierung ist gegen diese politische Rolle der EZB, der es eigentlich verboten ist, die Schulden von Staaten zu finanzieren. Die neue Anleiheform solle so einen "glaubwürdigen Schutzwall errichten, der die Finanzmärkte beruhigt".

Die Vorsicht der privaten Investoren macht der EU schwer zu schaffen. Der Euro-Rettungsschirm EFSF wird voraussichtlich durch finanztechnische Hebel nicht auf das ursprünglich erhoffte Volumen von etwa einer Billion Euro vergrößert werden können. EFSF-Chef Klaus Regling sagte in einer Arbeitsgruppe von Haushaltesexperten der Koalition Teilnehmern zufolge, Markteilnehmer würden nicht genug Geld zur Verfügung stellen, um den erwünschten Hebelfaktor von vier bis fünf zu erreichen. Das Maximum werde wohl beim Drei- bis Vierfachen der verbleibenden Fonds-Summe von 250 Milliarden Euro liegen, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Norbert Barthle.

Finanzministerium dementiert

Einen Alleingang der reichen Europäer werde es aber nicht geben - behauptet das Finanzministerium. "Derartiges war auch nicht Thema des Treffens von Bundesfinanzminister Schäuble mit seinen Amtskollegen aus Finnland und den Niederlanden."

Auch Unionsfraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU) will die Debatte über gemeinsame europäische Staatsanleihen nicht führen. "Ich bin dagegen, dass wir jede Woche eine neue Sau durchs Dorf treiben", sagte Altmaier.

Die möglichen Elite-Bonds-Pläne sollen Teil eines Konzepts der Bundesregierung sein, das auf eine Zweiteilung der Euro-Zone hinauslaufen würde: Im Rahmen eines Euro-Sondervertrags würden sich zunächst nur wenige Euro-Staaten auf eine strengere Haushaltskontrolle und eine stärker verzahnte Finanzpolitik verständigen.

Erst vor wenigen Wochen hatte die EU-Justizkommissarin Viviane Reding das Elite-Modell ins Gespräch gebracht. Sie schlug vor, "dass alle Euro-Staaten, die eine Bestbewertung haben - die AAA-Staaten Frankreich, Deutschland, Luxemburg, Österreich, die Niederlande und Finnland - ihre Anleihemärkte zusammenlegen", hatte die Luxemburgerin der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung gesagt. Das wäre dann ein "Fels in der Brandung, mit starker Liquidität und Bonität".

Nicht nur die Bundesregierung musste einen Bericht über neue Krisenhilfe dementieren: Der Internationale Währungsfonds widersprach Informationen, wonach er Italien mit Hunderten Millionen Euro unterstützen will. Dennoch legte der deutsche Leitindex Dax am Montag um mehr als vier Prozent zu. In den zwei Wochen zuvor hatte er bis zu zwölf Prozent verloren. Offenbar sorgt allein die Aussicht auf neue Entscheidungen im Kampf gegen die Krise für Optimismus an den Finanzmärkten.

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