Geldwerkstatt:Welchen Anteil meines Vermögens sollte ich in Aktien investieren?

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Die Regel, 100 minus Alter gleich Aktienquote, greift zu kurz. Sie berücksichtigt weder die Höhe des Vermögens noch die Risikobereitschaft des Anlegers.

Von Jan Willmroth

Argumente klingen immer besser, wenn man sie mit harten Zahlen unterstreichen kann. Es sind sehr große Zahlen, mit denen Finanzexperten gerade hantieren. Vor einigen Wochen veröffentlichte die DZ Bank eine Analyse, aus der die Zahl 260 im Gedächtnis blieb: Etwa 260 Milliarden Euro seien deutschen Sparern durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank bislang verloren gegangen. Hans-Werner-Sinn, zu der Zeit noch Chef des Münchner Ifo-Instituts, legte Mitte März noch einen drauf: 327 Milliarden Euro sei Deutschlands Wohlstand durch die EZB-Politik reduziert worden. Nun kann man sich darüber streiten, ob für Privatleute, die nicht nur anlegen, sondern auch Kredite nachfragen, die Vor- oder Nachteile der niedrigen Zinsen überwiegen. Man kann aber auch pragmatisch an die Sache herangehen und sagen: In Ordnung, es ist an der Zeit, das Ersparte anders aufzuteilen.

Die Niedrigzinspolitik ist dafür ein guter Anlass. Offenbar sehen das aber nicht viele Sparer so: Einer Umfrage von TNS-Emnid im Auftrag der Postbank zufolge geben nur 15 Prozent der Bürger an, wegen der niedrigen Zinsen ihr Geld umzuschichten. Mehr als 90 Prozent sagen nach wie vor: Sicherheit ist wichtig.

Weil aber Sicherheit und Rendite grundsätzlich nur schwer in Einklang zu bringen sind, sollte wenigstens ein Teil des Geldes in riskantere Anlageklassen investiert werden. Aktien, das kann man zur allgemeinen Regel erheben, sollten in keinem gut sortierten Portfolio fehlen. Wer Unternehmensanteile kauft, egal auf welchem Weg, hat die Chance auf eine langfristige Rendite jenseits der fünf Prozent und profitiert zusätzlich von Dividenden. Am Anfang sollte dabei die Frage stehen, welcher Anteil des Sparvermögens in Aktien fließen sollte. Eine allgemein gültige Antwort darauf gibt es nicht.

Finanzberater vertrauen trotzdem gern auf eine alte Faustregel: 100 minus Alter gleich Aktienquote. Ein 35-Jähriger sollte demnach 65 Prozent seines Vermögens in Aktien investieren; je älter ein Anleger, umso mehr sollten er oder sie auf weniger schwankungsanfällige, sicherere Alternativen ausweichen. Allerdings greift die Regel zu kurz. Sie berücksichtigt weder die Höhe des Vermögens, noch die Risikolust des Anlegers, noch die Zielsetzung, mit der gespart wird. Auch, in welcher Form in Aktien investiert wird, bleibt außer Acht.

Wer noch nie Aktien gekauft hat, muss es nicht gleich übertreiben. Schon gar nicht in der aktuellen Marktphase, in der Aktien und Fonds seit Jahren sehr gut gelaufen sind und jetzt kein vergleichbar großes Aufwärtspotenzial mehr haben. Eine Aktienquote von 25 Prozent des Vermögens ist für Anleger, die nicht alles riskieren und zunächst einmal Erfahrungen sammeln wollen, keine schlechte Wahl.

Sie haben dann mehrere Möglichkeiten: Erstens können sie aus der Vielzahl aktiv verwalteter Fonds gute Produkte aussuchen oder in Dachfonds investieren. Das ist nicht leicht, aber mit der nötigen Geduld und Analyse machbar. Eine Anlage in börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, lässt Sparer direkt in einen Aktienindex investieren. Die Risikostreuung ist dann besonders einfach, und die Fonds kosten nur geringe Gebühren. Die Auswahl einzelner Aktien sollten sich nur Anleger zutrauen, die sich bereits auskennen und sich viel Zeit für die Analyse von Geschäftsberichten nehmen wollen. Sonst gerät jeder Kauf von Einzeltiteln zur Spekulation; mit Sicherheit hat das nichts mehr zu tun.

© SZ vom 18.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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