Geldwerkstatt:Trump, der Investorenschreck

Was der Ausgang der US-Wahl für die Finanzmärkte bedeuten würde und wie sich Anleger darauf einstellen können.

Von Harald Freiberger

Am Freitag zeigte sich an der Wall Street wieder einmal, was die Investoren von den beiden Kandidaten für die US-Präsidentschaftswahl halten: Sie würden die Demokratin Hillary Clinton begrüßen, und sie haben Angst vor dem Republikaner Donald Trump. Als Berichte bekannt wurden, dass das FBI seine Ermittlungen gegen Clinton wegen der E-Mail-Affäre wieder aufnimmt, fielen sofort die Kurse. Die Finanzmärkte rechnen fest mit einem Sieg Clintons, und alles, was diese Kalkulation ins Wanken bringt, führt zu negativen Reaktionen.

Trump gilt als Investorenschreck. Mark Burgess, Strategie-Chef der Fondsgesellschaft Columbia Threadneedle für Europa, hat sich Gedanken gemacht, was passieren würde, wenn Trump wirklich gewählt würde. "Da er unberechenbar ist, dürfte er auf den Märkten Nervosität hervorrufen", sagt Burgess. In vielen Bereichen sei nur wenig darüber bekannt, welche Ansichten er vertritt. "Auch sein instinktives und sprunghaftes Wesen dürfte Nervosität hervorrufen." Hillary Clinton gilt dagegen als verlässlicher. Sie kündigte an, die aktuelle US-Regierungspolitik in vielen Bereichen zu unterstützen. Mit ihrer Wahl würde weit weniger Unsicherheit einhergehen.

Wichtig ist allerdings nicht allein die Präsidentenwahl, sondern auch die im Januar folgende Wahl für die beiden Kongresskammern, Repräsentantenhaus und Senat. Je nachdem, welche Mehrheiten sich dort ergeben, umso weniger oder mehr kann der Präsident seine Politik durchsetzen. Die Schweizer Großbank UBS hält die Wahl von Clinton mit 85 Prozent für am wahrscheinlichsten, allerdings unter verschiedenen Konstellationen in Repräsentantenhaus und Senat. Die Wahrscheinlichkeit, dass Trump gewinnt, taxiert sie auf 15 Prozent.

Wind Is the New Corn For Struggling Farmers

Windkraftanlage in Iowa: Hillary Clinton hat angekündigt, sich für erneuerbare Energien stark zu machen.

(Foto: Daniel Acker/Bloomberg)

"Wir gehen im Basisszenario von wenigen Veränderungen für die Wirtschaft aus", sagt Maximilian Kunkel, Investment-Stratege der UBS. Die Unternehmensgewinne sollten weiter anziehen, die US-Börse sich positiv entwickeln, der US-Dollar dürfte sich leicht abschwächen. Anlegern empfiehlt die UBS prinzipiell weiter US-Aktien und Anleihen amerikanischer Unternehmen mit guter Bonität zum Kauf.

Was einzelne Branchen betrifft, gibt es durchaus Unterschiede zwischen Clinton und Trump. So hat sich Clinton dafür ausgesprochen, großen Wert auf Energieeffizienz zu legen. "Unternehmen, die mit erneuerbaren Energien zu tun haben, dürften sich unter ihr langfristig positiv entwickeln", sagt Kunkel. Zudem kündigte sie an, 275 Milliarden Dollar in Infrastruktur zu investieren, also den Bau von Straßen, Brücken und Leitungen. Finanziert werden soll das durch höhere Steuern für Besserverdienende.Auch Trump will die Infrastrukturausgaben stark ausweiten, außerdem Investitionen ins Militär. Beides würde Bau- und Verteidigungsunternehmen zugute kommen. "Die Infrastruktur dürfte bei Trump zu den klaren Gewinnern zählen, insbesondere Straßen, Brücken und Flughäfen", sagt Threadneedle-Experte Burgess.

Clinton drängt stark darauf, den Glass-Steagall-Akt wieder einzuführen, das heißt Investmentbanken und Geschäftsbanken voneinander zu trennen. Das wäre extrem negativ für Großbanken. "Wir glauben nicht, dass es sofort eingeführt würde, aber es könnte die Märkte in Sachen Banken nervös machen", sagt Kunkel. Bei Trump dagegen hätten die Geldhäuser wohl weniger zu befürchten.

Die Kurse von US-Pharmaaktien sind zuletzt schon deutlich gefallen, weil Clinton ankündigte, gegen die Verteuerung verschreibungspflichtiger Medikamente durchzugreifen. Die UBS erwartet aber nicht, dass sie es so dramatisch umsetzen würde wie angekündigt, sie sieht den Pharma-Bereich deshalb weiter attraktiv. Beide Kandidaten haben eine Verschärfung der Handelspolitik angekündigt. Trump ist dabei extremer, er kündigte Protektionen gegenüber China und Mexiko an. Clinton will stärker gegen Konzerne vorgehen, die Steuern sparen, indem sie ihren Sitz ins Ausland verlegen. Das würde diese stark belasten. Trump will Konzerne dagegen entlasten, indem er den Spitzensteuersatz von 35 auf 15 Prozent senkt.

Fazit: Clinton mit demokratischer Mehrheit ist gut für erneuerbare Energie und Bau und kritisch für Banken sowie Pharma. Trump mit republikanischer Mehrheit ist grundsätzlich problematisch wegen seiner Unberechenbarkeit, aber positiv für Bau und Verteidigung.

Allerdings stehen alle Vorhaben unter einem großen Vorbehalt: Sie müssen finanziert werden. "Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung, Steuersenkungen und protektionistische Maßnahmen kosten viel Geld", sagt Kunkel. Heißt: Es ist nicht sicher, ob es wirklich so kommt, wie es die Kandidaten angekündigt haben.

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Ohnehin gibt es da jene Börsianer-Weisheit, dass "politische Börsen kurze Beine" haben. Auch Kunkel sagt, die UBS versuche in ihrer Anlagestrategie mit einem Horizont von fünf bis sieben Jahren "solche kurzfristigen Ereignisse auszublenden". Wichtiger als die US-Wahl seien langfristige Trends wie Urbanisierung, Alterung und Wachstum der Bevölkerung. Unter dem Aspekt sieht er andere Branchen und Themen positiv: Onkologie, Cyber-Sicherheit, Pharma und landwirtschaftlicher Ertrag.

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