Geldwerkstatt:Thematisch Geld anlegen

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Niedrige Zinsen, hohe Unsicherheit - wie soll man da noch sein Geld investieren? In der "Geldwerkstatt" erklären wir aktuelle Fragen zur Geldanlage.

Themenfonds investieren in bestimmte Branchen oder nach einem bestimmten Leitmotiv. Die Fokussierung birgt Risiken, weil sie zu Lasten der Streuung im Wertpapierdepot geht. Stürzt die Branche in eine Krise, leidet die Rendite.

Von Janis Beenen und Felicitas Wilke

Die Gesellschaft wird immer älter, also werden auch die Produkte, die (gut betuchte) ältere Menschen konsumieren, stärker nachgefragt: Kreuzfahrten, Gleitsichtbrillen oder mal eine Botox-Behandlung. Folglich steigen wiederum die Kurse der Unternehmen, die diese Produkte und Dienstleistungen bieten. Nach dieser Logik funktionieren Themenfonds, die sich "Golden Age", "Silver Age" oder "Ageing Population" nennen und vor allem in die Konsumgüter- und Gesundheitsindustrie investieren. Und genauso funktionieren eigentlich alle Themenfonds. Sie suchen sich ein Megathema heraus und basteln ein Finanzprodukt drum herum.

Ganz neu ist diese Idee nicht, doch zuletzt haben die Fondsgesellschaften verstärkt solche Themenfonds auf den Markt gebracht. Besonders populär sind die Sektoren Technologie, Gesundheit und Immobilien, zeigen Daten der Fondsratingagentur Morningstar. Vor allem der Börsenboom der vergangenen Jahre hat den Aufstieg dieser Fonds begünstigt. Die Chancen auf überdurchschnittliche Rendite werden ob des hohen Niveaus der Kurse rar. Daher setzen Fondsmanager ihre Hoffnungen in Portfolios, die Firmen einer vermeintlichen Wachstumsbranche bündeln.

Wie der Name schon sagt, konzentrieren sich solche Finanzprodukte auf bestimmte Themen und daher oftmals auch auf bestimmte Branchen. Bei Demographiefonds wie dem "Golden Age"-Fonds der Schweizer Privatbank Lombard Odier ist das Gesundheitswesen überrepräsentiert, während Infrastrukturfonds wie der "First State Global Listed Infrastructure Fund" besonders auf Aktien von Versorgungsunternehmen setzen.

Fokussiert man sich auf bestimmte Branchen, geht das zulasten der Streuung des Wertpapierdepots - und birgt damit Risiken: Stürzt die Branche aus welchen Gründen auch immer in die Krise, wirkt sich das direkt auf den Fonds und die Rendite aus. Der Verlust wird dann unter Umständen nicht durch andere, besser laufende Sektoren abgefedert. Bestes Beispiel sind die Internet-, Telekommunikations- und Technologiefonds, die abstürzten, als die Dotcom-Blase platzte.

Also sind Themenfonds per se eine schlechte Anlage? "Die Antwort der Wissenschaft ist klar: Das Beste ist, wenn man in ein breites Marktportfolio wie den Dax investiert", sagt Henry Schäfer, Professor für Finanzwirtschaft an der Universität Stuttgart. Losgelöst von der Theorie könne die Anlage in einen Themenfonds individuell aber gerechtfertigt sein. Für den Vermögensverwalter Ben Betz gilt die Regel, dass die Diversifikation nicht zu sehr leidet, solange Anleger Themenfonds nur beimischen. "Ein Depot nur mit Themenfonds ist sicherlich nicht breit genug aufgestellt und unterliegt seinen eigenen Gesetzen und Zyklen", sagt Betz.

Auch sollten Anleger immer darauf achten, was solche Produkte kosten. Die durchschnittlichen laufenden Gebühren der Sektorfonds, die in den vergangenen fünf Jahren neu aufgelegt wurden, liegen bei 1,86 Prozent und damit über dem Durchschnitt für klassische globale Aktienfonds, der 1,52 Prozent beträgt.

Alternativ zu den Themenfonds bieten die Fondsgesellschaften auch Produkte an, die sich zwar einem bestimmten Motto verschrieben haben, aber in Unternehmen aus vielen verschiedenen Branchen investieren. Hier landet man beispielsweise bei Genderfonds, die auf Unternehmen setzen, die Frauen explizit fördern - oder bei den schon etwas etablierteren Nachhaltigkeitsfonds. Letztere enthalten Aktien von Konzernen, die nachhaltig agieren.

Was auch immer das heißt: Ein Fonds mag den Begriff vor allem auf Umweltaspekte auslegen, während ein anderer auch die Produktionsbedingungen einbezieht. Manche Anbieter lassen die Waffen-, Öl- oder Tabakindustrie komplett außen vor, andere agieren nach dem Best-in-Class-Ansatz und beziehen die nachhaltigsten Vertreter des jeweiligen Sektors ins Portfolio ein.

So kann es passieren, dass ein Nachhaltigkeitsfonds auch Aktien enthält, die man darin nicht vermuten würde. Eine Untersuchung der Zeitschrift Finanztest und der Verbraucherzentrale Bremen zeigte, dass die meisten der 44 untersuchten Investmentfonds keinen Bogen um die Öl- und Kohleindustrie machen. Sämtliche umstrittene Branchen schloss nur ein untersuchtes Produkt des Anbieters Ökoworld aus. Finanzwissenschaftler Schäfer erklärt, wie es dazu kommen kann: "Die Fondsmanager müssen die moralischen Vorstellungen der Gesellschaft mit einem ansehnlichen Renditeniveau vereinbaren." Das kann durchaus gelingen, denn Studien haben gezeigt, dass Nachhaltigkeitsfonds, wie auch immer sie genau ausgestaltet sind, ähnlich hohe oder sogar bessere Renditen als konventionelle Investmentfonds erzielen. Um herauszufinden, was wirklich nachhaltig ist und was nicht, sollen spezielle Siegel den Anlegern helfen. Letztlich bleibe die ethische Bewertung der Produkte aber eine individuelle Angelegenheit, meint Schäfer.

Auf keinen Fall soll der Eindruck entstehen, dass Gier über Moral steht

Gute, sogar überdurchschnittliche Renditen können aber auch unmoralische Anlagemöglichkeiten bieten - so schlecht ihr Ruf auch ist. Daher kommen auch in Deutschland immer wieder Pläne für das glatte Gegenteil eines Nachhaltigkeitsfonds ins Gespräch: nämlich einen Sünden- oder Lasterfonds mit den Aktien von Waffenfirmen, Alkoholproduzenten und Zigarettenherstellern. In den USA ist so ein Produkt am Markt. Der Texaner Dan Ahrens, in der Szene bekannt als "König der Sünde", legte im Jahr 2002 den sogenannten Vice Fund auf. Das Potpourri aus Konzernen wie British American Tobacco und dem Casino-Betreiber Las Vegas Sand Corps brachte seitdem immerhin eine Rendite von durchschnittlich 8,3 Prozent pro Jahr.

In Deutschland konnte sich bislang kein ähnliches Modell durchsetzen. Die Angst der Fondsverwalter um die eigene Reputation ist riesig. Kein Anbieter möchte öffentlich über die Chancen eines Bösewicht-Fonds reden. Auf keinen Fall soll der Eindruck entstehen, dass Gier über der Moral steht. Für den Erfolg dieser anrüchigen Investments nennen die Experten mehrere Erklärungsansätze. Getreu der Devise: Die Menschen rauchen und trinken immer, gelten die Hersteller als recht robust gegen eine Abschwächung der Konjunktur. Die Ausgangslage der Rüstungshersteller sieht ähnlich aus. Zudem greift ein Ansatz der Verhaltensökonomie. Wenn sich die Masse der Anleger für ökologisch-nachhaltige Fonds entscheidet, sind dort überdurchschnittlichen Entwicklungen unwahrscheinlich. Wer auf das exakte Gegenteil setzt, kann mehr erwarten, so die Lehre.

Doch es gibt auch nachhaltige, erfolgreiche Alternativen: Der LGT Sustainable Equity Fund Global zum Beispiel erwirtschaftete über die vergangenen fünf Jahre eine Rendite von 13,02 Prozent im Jahr - und damit noch deutlich mehr als der Sündenfonds.

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