Geldwerkstatt:Kosten wegverhandeln

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Niedrige Zinsen, hohe Unsicherheit - wie soll man da noch sein Geld investieren? In der "Geldwerkstatt" erklären wir aktuelle Fragen zur Geldanlage.

Wer Gebühren und Ausgabeaufschläge bei aktiven Fonds scheut, kann sich ETF kaufen - oder aber mit den Banken verhandeln. Einige Anbieter wollen von sich aus ein günstigeres Gebührenmodell für Privatkunden anbieten.

Von Harald Freiberger

Kauft ein Anleger in seiner Bank für 20 000 Euro einen Aktienfonds, zahlt er oft drauf. Als erstes ist häufig ein Ausgabeaufschlag von bis zu vier Prozent fällig. 800 von den 20 000 Euro sind also schon mal weg. Und dann fallen jedes Jahr laufende Gebühren von durchschnittlich 1,5 Prozent an. Auch die muss der Aktienfonds erst einmal hereinholen, indem er sich hoffentlich positiv entwickelt. Doch gerade das tun viele nicht, wie die Statistiken zeigen: Die weitaus meisten Fondsmanager schaffen es nicht, ihren Vergleichsindex zu schlagen. Das wiederum liegt vor allem daran, dass ihre Kosten so hoch sind.

Lange war den deutschen Privatanlegern dieses Grundproblem nicht bewusst. In den vergangenen Jahren hat sich dies allerdings geändert, und das hat mit dem Erfolg von Indexfonds zu tun, die auch ETF genannt werden. Diese bilden einen Index eins zu eins nach; ein ETF auf den Deutschen Aktienindex (Dax) investiert genau in dem Verhältnis in die 30 Aktien, in dem diese im Dax vertreten sind. ETF werden daher auch passiv genannt, im Unterschied zu den aktiv gemanagten Fonds.

Der große Vorteil von ETF sind ihre niedrigen Kosten. Es gibt keinen Ausgabeaufschlag, und die jährlichen Gebühren liegen für Aktien-ETF bei etwa 0,4 Prozent, nicht bei 1,5 Prozent wie bei aktiv gemanagten Aktienfonds. Möglich ist das, weil ETF-Anbieter wie db x-trackers, iShares, Comstage oder Amundi keinen teuren Apparat unterhalten müssen wie die traditionelle Fondsbranche mit ihren Dickschiffen Union Investment (Volks- und Raiffeisenbanken), Deka (Sparkassen), DWS (Deutsche Bank) oder Allianz Global Investors.

Noch sind nur etwa fünf Prozent des Fondsvermögens in Deutschland in ETF angelegt. Da sich der Trend jedoch stetig verstärkt, macht er der traditionellen Fondsbranche zunehmend Sorgen. Immer mehr Geld fließt aus aktiv gemanagten Fonds ab und in ETF hinein. In den USA steckt schon jeder fünfte in Fonds angelegte Dollar in solchen passiven Produkten. Den traditionellen Fonds laufen die Kunden davon.

Das neue Gebührenmodell sieht niedrige Grundkosten vor, dazu 20 Prozent Erfolgsbeteiligung

Langsam beginnt die Branche darauf zu reagieren. Einer der Vorreiter ist Allianz Global Investors (AGI), ein weltweit tätiger Anbieter rein aktiver Fonds, in dem auch DIT, die frühere Fondsgesellschaft der Dresdener Bank, aufgegangen ist. AGI hat in den USA, ebenso wie zwei andere Anbieter, bereits ein Gebührenmodell eingeführt, das der ETF-Branche nachempfunden ist: Die Grundgebühren sind ähnlich niedrig. Gleichzeitig nimmt ein Fonds aber eine Erfolgsgebühr von 20 Prozent, wenn er den Vergleichsindex schlägt oder, wie es in der Branche heißt, "outperformt".

Seit einigen Wochen bietet AGI dieses Gebührenmodell auch in Großbritannien an. "Wo immer möglich, wollen wir künftig Fonds bringen mit niedrigen fixen Gebühren und einer erfolgsabhängigen Komponente", sagt AGI-Chef Andreas Utermann. Ob das auch in Deutschland komme, hänge davon ab, ob die Finanzaufsicht und der Markt solche Modelle akzeptierten. Erfolgsabhängige Gebühren gibt es zwar schon bei etwa jedem zehnten Aktienfonds in Deutschland, sie liegen allerdings deutlich unter dem Niveau, das AGI plant.

Utermann sieht in dem neuen Gebührenmodell "eine Anpassung an den Markt". Wenn sich die Modelle nicht deutlich ändern, bestünde die Gefahr, dass aktive Produkte verschwinden. Man versuche den Trend nun umzukehren. Generell sieht der AGI-Chef ein wichtiges Argument, das derzeit für aktiv gemanagte Fonds spricht: "Die Realrendite bei Aktien und Anleihen wird in den nächsten zehn bis 15 Jahren deutlich niedriger ausfallen als in der Vergangenheit", sagt er. ETF folgten nur dem Markt. Kunden, die in der Lage sind, Risiken einzugehen, seien deshalb gut beraten, aktiv gemanagte Fonds zu wählen. Utermann prophezeit der aktiven Fondsbranche "eine Renaissance". Dazu sei aber auch ein Wandel nötig. "Die Fondsbranche hat in der Vergangenheit den Fehler gemacht, sich zu sehr an den Indizes zu orientieren und zu wenig Risiko einzugehen," sagt Utermann. Es gebe dann keinen Grund, die teureren aktiv gemanagten Fonds zu kaufen. "Wir müssen uns den Vorwurf machen, dass wir nicht aktiv genug waren."

AGI liefert eine Menge Daten an die Hand, die zeigen, dass ihre wichtigsten Aktienfonds mit dem neuen Gebührenmodell in vielen, wenn auch nicht in allen Zeiträumen in der Vergangenheit den Vergleichsindex geschlagen hätten. Das gelte auch, wenn man eine Erfolgsgebühr von 20 Prozent abziehe. Wenn ein Fonds in einem Jahr "underperformt", muss er dies im Jahr darauf wieder hereinarbeiten; erst dann wird die Erfolgsgebühr abgezogen.

Unabhängige Experten finden das neue Gebührenmodell interessant. "Eine niedrige Grundgebühr für aktiv gemanagte Fonds ist der einzig logische Weg", sagt Ali Masarwah von der Fonds-Ratingagentur Morningstar. Die Fondsbranche verdiene immer noch "wahnsinnig viel Geld". Eigentlich arbeite sie schon mit einer jährlichen Gebühr von 0,3 Prozent kostendeckend, im Durchschnitt verlange sie aber 1,5 Prozent, und der Ausgabeaufschlag käme noch hinzu.

Eine Auswertung von mehr als 10 000 aktiv gemanagten Aktienfonds durch Morningstar zeigt, dass sie laut Prospekt im Durchschnitt einen Ausgabeaufschlag von 2,50 Prozent verlangen. Masarwah rät Privatanlegern, diesen beim Fondskauf in der Bank "unbedingt wegzuverhandeln". Die Banken ließen dabei mit sich reden, sie verdienten schließlich auch an der jährlichen Gebühr. Beim Fondskauf über Direktbanken seien Ausgabeaufschläge ohnehin nicht mehr üblich.

Masarwah erwartet, dass sich die Anlagewelt auch in Deutschland deutlich ändern wird. "Die Leute merken langsam, dass es deutlich günstiger geht", sagt er. Wenn die Fondsbranche sich darauf einstelle, hätten auch aktiv gemanagte Produkte eine Zukunft.

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