Süddeutsche Zeitung

Geldtransport-Streiks:Kein frisches Bargeld? Kein Problem!

  • Wegen eines Streiks der Geldtransport-Fahrer bekommen am Mittwoch viele Geschäfte und Bankautomaten kein frisches Bargeld.
  • Entgegen aller Ankündigungen bleiben größere Probleme aber aus, da sich Banken und Sparkassen im Vorfeld auf den Streik vorbereitet haben.

Von Vivien Timmler und Felicitas Wilke

Der große Notstand ist ausgeblieben. Trotz des bundesweiten Streiks der Geldkuriere konnten am Mittwoch die Kunden an fast allen Geldautomaten und in fast allen Geschäften wie gewohnt Bargeld abheben. Und das, obwohl viele davon am Morgen keine Lieferung mit frischen Münzen und Scheinen erhalten hatten.

Die Gewerkschaft Verdi hatte die 12 000 Beschäftigten der Geld- und Wert-Branche, also die Fahrer von Geldtransportern, Geldzähler und Vorbereiter für Geldtransporte, zu Arbeitsniederlegungen in ganz Deutschland aufgerufen. Und angekündigt: Durch die Streiks werde der Bargeldverkehr in Deutschland erheblich gestört.

Die Streikbeteiligung war in vielen Bundesländern tatsächlich hoch - echte Störungen waren jedoch am Mittwoch nicht zu spüren. "Die deutschen Banken und Sparkassen sind auf den heutigen Warnstreik bei Geldtransportunternehmen vorbereitet", heißt es in einer Stellungnahme der Deutsche Kreditwirtschaft (DK). Viele Banken und Bankautomaten seien bereits zwischen den Jahren mit ausreichend frischem Bargeld versorgt worden. Zwar könne es zu punktuellen Einschränkungen kommen, größere Auswirkungen seien aber nicht absehbar - zumal Kunden schließlich mit ihrer Girocard oder Kreditkarte zahlen und sich auch Bargeld an der Supermarkt-Kasse auszahlen lassen könnten. "Es gibt keine Bargeldknappheit im Handel oder überlaufende Tresore in den Supermärkten - auch nicht bei drei Streiktagen", sagt eine Sprecherin der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste.

Sollte der Streik tatsächlich auf drei oder sogar mehr Tage ausgeweitet werden, könnten jedoch an einigen Geldautomaten die Scheine ausgehen. Vielfrequentierte Automaten, gerade von kleineren Banken, dürften dann Versorgungsprobleme bekommen und Kunden müssten auf Maschinen in der Nähe ausweichen. In Bayern, Berlin und Rostock etwa hat die Gewerkschaft bereits angekündigt, den Warnstreik am Donnerstag fortzusetzen. Ob bundesweit am Donnerstag und vielleicht auch am Freitag weitergestreikt wird, steht aber noch nicht fest.

70 Überfälle auf Geldboten im Jahr 2017

Die Mitarbeiter in Geldtransportunternehmen sind oft angelernte Arbeitskräfte, viele haben vorher in der Sicherheitsbranche gearbeitet oder eine militärische Vergangenheit. "Sie versorgen die Menschen mit Bargeld und leisten eine gesellschaftlich relevante Arbeit, erhalten dafür aber keine angemessene Anerkennung", sagt Arno Peukes, Verhandlungsführer der Gewerkschaft Verdi.

Im Westen der Bundesrepublik verdienen die Geldzähler und Geldtransportfahrer zwischen 2200 und 2900 Euro brutto, im Osten sind es 1800 bis 2400 Euro. Auch zwischen den westdeutschen Bundesändern schwanken die Löhne: So verdienen die Angestellten in Bayern laut Verdi rund einen Euro mehr pro Stunde als in Nordrhein-Westfalen. Ziel der Gewerkschaft ist eine Erhöhung des Stundenlohns um 1,50 Euro für zwei Jahre in Folge sowie die Angleichung der Gehälter in den neuen Bundesländern

Verdi verweist zudem auf eine Umfrage unter Mitgliedern der Gewerkschaft, die zeige, dass die Angestellten im Sicherheitsbereich ihren Job als belastend empfänden und über mangelnde Aufstiegschancen klagten. "Auch der Führungsstil in der Branche ist nicht gerade wertschätzend", kritisiert Peukes. Zudem fahre die Angst vor Überfällen immer mit: Im Jahr 2017 wurden in Deutschland 70 Überfälle auf Geldboten verübt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4271902
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/vit/rus
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.