Geldpolitik:Historische Zinswende in den USA

Federal Reserve Chair Janet Yellen Testifies Before The Joint Economic Committee

Ende der Politik der Mini-Zinsen: Fed-Chefin Janet Yellen (Archivbild).

(Foto: Bloomberg)
  • Die US-Notenbank Fed beendet die Phase des extrem billigen Geldes und hebt den Leitzins von 0,25 auf 0,5 Prozent an.
  • Damit wollen die Notenbanker Inflation vorbeugen, Aktienblasen entschärfen und langfristig wieder ein normales Zinsniveau erreichen.
  • Für die momentane Lage in Europa wären höhere Leitzinsen Gift.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Mit der ersten Leitzinserhöhung seit fast einem Jahrzehnt hat die US-Notenbank Fed einen historischen Kurswechsel eingeleitet und die beispiellose Phase des extrem billigen Geldes beendet. Die Fed-Führung beschloss am Mittwoch, ihre sogenannte Zielspanne um einen viertel Punkt auf 0,25 bis 0,5 Prozent anzuheben. Für die Amerikaner wird es damit tendenziell teurer, sich bei ihrer Bank Geld zu leihen. Umgekehrt könnten ihre Guthabenzinsen erstmals seit Jahren wieder steigen.

Hoffnung auf sinkende Arbeitslosenquote und weiter steigenden Wirtschaftsaufschwung

Fed-Chefin Janet Yellen sprach von einem Einschnitt, warnte aber zugleich davor, den Schritt überzubewerten. Trotz des Beschlusses werde das Zinsniveau noch für lange Zeit sehr niedrig bleiben und die Konjunktur stützen. Deshalb sei sie zuversichtlich, dass sich der Wirtschaftsaufschwung in den USA fortsetzen und die mit fünf Prozent ohnehin sehr niedrige Arbeitslosenquote weiter sinken werde. Tatsächlich geht man notenbankintern davon aus, dass der Leitsatz erst 2018 wieder einen Wert von etwa dreieinhalb Prozent erreichen wird, der früher in wirtschaftlich normalen Zeiten einmal als "normal" galt.

Die bis dato letzte Zinserhöhung datierte vom 29. Juni 2006. Nach einer längeren Stillhaltephase begann die Fed gut ein Jahr später damit, ihren Leitsatz in mehreren Schritten radikal zu senken, um die schwerste Finanz- und Wirtschaftskrise seit Kriegsende einigermaßen in den Griff zu bekommen. Seit Ende 2008 lag die Rate bei null bis 0,25 Prozent, die Geschäftsbanken konnten sich ihr Geld bei der Fed also jahrelang praktisch kostenlos leihen.

Die Europäische Zentralbank wird an ihrer Null-Zins-Politik festhalten

Mit Hilfe von Leitzinserhöhungen und -senkungen kann eine Notenbank die Wirtschafts- und Preisentwicklung in ihrem Land oder Währungsraum erheblich beeinflussen. Niedrige Zinsen stimulieren für gewöhnlich das Wachstum, können aber eine Inflation heraufbeschwören. Höhere Zinsen dämpfen die Teuerung, aber auch die Konjunktur. Anders als die Fed wird daher die Europäische Zentralbank (EZB) vorerst an ihrer Null-Zins-Politik festhalten: Das Wachstum ist vielerorts schwach, die Inflation zu niedrig statt zu hoch. Höhere Leitzinsen wären in einer solchen Lage Gift.

Mit ihrem jetzigen Beschluss möchte die US-Notenbank gleich drei Dinge erreichen: Sie will einer durch steigende Löhne ausgelösten Inflation vorbeugen, die Gefahr von Spekulationsblasen am Aktienmarkt entschärfen und den ersten Schritt hin zu einer "Normalisierung" des Zinsniveaus gehen. Ziel ist es, den Handlungsspielraum zurückzuerobern, der durch die Extremmaßnahmen während der Krise verloren gegangen war. Geht die Rechnung auf, und die Wirtschaft verkraftet die Wende, ist für 2016 mit zwei bis vier weiteren Zinserhöhungen zu rechnen. Während einige renommierte Experten die Zinswende lange gefordert hatten, warnten andere die Fed vor verfrühten Schritten. Sie befürchten, dass eine Straffung der Geldpolitik die US-Konjunktur abwürgen wird.

Der befürchtete Euro-Absturz bleibt zunächst aus

Die Finanzmärkte reagierten sehr moderat auf den Zinsbeschluss. Der Dow-Jones-Aktienindex legte bis zum Abend 1,4 Prozent auf 17 770 Zähler zu. Auch der befürchtete Euro-Absturz blieb zunächst aus, die Gemeinschaftswährung lag mit 1,09 Dollar fast auf Vortagesniveau.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: