Geldinstitut:Deutsche Bank sucht verzweifelt Mitglied für Aufsichtsrat

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  • Dem Aufsichtsrat der Deutschen Bank fehlt seit Ende Mai ein Aufsichtsratsmitglied.
  • Laut Aktiengesetz ist das nicht zulässig. Das zuständige Registergericht gibt der Bank bis Freitag Zeit, einen Nachfolger zu finden - sonst bestimmt es selbst jemanden.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Michael Bohndorf mangelt es nicht an Hartnäckigkeit. Stets braun gebrannt, fliegt der 74-jährige Hamburger seit mehr als zehn Jahren zu den Hauptversammlungen der Deutschen Bank nach Frankfurt ein, zuweilen aus Ibiza, wo er den Sommer verbringt. Vorher reicht der Rechtsanwalt regelmäßig Gegenanträge ein. Hinterher überzieht er das Institut mit Anfechtungsklagen. Manche nennen ihn einen Berufskläger.

Es geht um Formfehler bei den Beschlüssen, Fehler im Protokoll, zu wenig Redezeit. So manchen Streit hat der Hamburger auch gewonnen. Vor Jahren setzte die Bank sogar einmal Privatdetektive auf den Rechtsanwalt an, wofür sie sich später entschuldigen musste. Nach den Erben des Medienunternehmers Leo Kirch gehört der Rechtsanwalt zu den größten Kritikern der Deutschen Bank.

Jetzt hat Bohndorf einen neuen Anlass gefunden, die Bank zu ärgern: Er hat beim zuständigen Registergericht beantragt, auf den freien Sitz im Aufsichtsrat der Deutschen Bank berufen zu werden.

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Seit Ende Mai operiert der Aufsichtsrat der Bank mit einem Mitglied weniger

Den Anlass dafür bietet ihm der Fall Georg Thoma - eine für die Deutsche Bank ohnehin schon schwierige Geschichte. Ende Mai war Thoma aus dem Aufsichtsrat ausgeschieden, der 71-Jährige war so etwas wie der Chefaufklärer des Gremiums gewesen. Als Vorsitzender des Integritätsausschusses steuerte er die Aufklärung der zahlreichen Skandale, die das Haus zu verantworten hat. Bei diesen Nachforschungen jedoch habe er eine "Übereifrigkeit" an den Tag gelegt, die die Bank lahmgelegt habe, hatten ihm Aufsichtsratskollegen vorgeworfen. Andere vermuteten, er habe einfach zu unangenehme Fragen gestellt.

Thoma legte sein Amt zur Hauptversammlung Ende Mai nieder, ohne dass Aufsichtsratschef Paul Achleitner einen Nachfolger präsentieren konnte. Interimsmäßig übernahm Aufsichtsrätin Louise Parent, eine amerikanische Juristin, den Sitz im Integritätsausschuss. Der Aufsichtsrat der größten deutschen Bank aber operiert seither mit einem Mitglied weniger. Das darf eigentlich nicht sein. Das Aktiengesetz schreibt in diesem Fall vor, dass die Bank den vakanten Posten "unverzüglich", also binnen weniger Wochen, nachbesetzt.

Das jedoch hat die Deutsche Bank nicht geschafft. Ganz allein ist sie nicht mit dem Problem: Aufsichtsratsposten bei Banken sind derzeit unbeliebt. Felix Hufeld, Chef der Finanzaufsicht Bafin, mahnte vergangene Woche sogar an, die "Vergütungsstrukturen auf Altherrenclub-Niveau" müssten erhöht werden. Schließlich sei das Risiko, für Fehler zu haften, deutlich gestiegen. Für kaum einen Aufsichtsratsposten in Deutschland gilt das mehr als für den Vorsitz des Integritätsausschusses der Deutschen Bank. Auch die Commerzbank sucht vergeblich nach einem Nachfolger für Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller.

Bis Freitag muss die Deutsche Bank einen Kandidaten vorschlagen

Kein Wunder, dass Bohndorf eine Chance sieht, der Bank einen mitzugeben. "Der Aufsichtsrat ist praktisch handlungsunfähig", sagt Bohndorf, der sich daher beim laut Aktiengesetz zuständigen Registergericht kurzerhand selbst für die Thoma-Nachfolge vorgeschlagen hat. Dass Bohndorf jemals von der Hauptversammlung gewählt wird, ist zwar unwahrscheinlich. Aber darum geht es ihm auch gar nicht, sondern er will der Bank offenbar vor allem die Vakanz im Aufsichtsrat unter die Nase reiben.

Das zuständige Gericht hat inzwischen die Geduld verloren und der Bank - was eher selten vorkommt - eine Frist gesetzt. Bis Freitag muss sie einen Kandidaten vorschlagen, anderenfalls bestellt das Gericht selber jemanden. Zu hören ist, dass die Bank das schaffen wird - auf den letzten Drücker.

© SZ vom 11.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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