Geldanlange:Investieren in die Führungsfrauen

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Genderfonds setzen auf Unternehmen, die viel für Mitarbeiterinnen tun und sie befördern - ob das die Rendite nach oben treibt, ist fraglich.

Von Felicitas Wilke

Für ein Unternehmen, das einen gesellschaftlichen Beitrag leisten und nachhaltig wachsen wolle, sei es "unerlässlich", ein Gleichgewicht der Geschlechter in der Belegschaft herzustellen, schreibt Procter & Gamble auf seiner US-Website. Das scheinen mehr als nur hochtrabende Worte zu sein, denn tatsächlich sind fast 50 Prozent der Mitarbeiter im Management des Konsumgüterherstellers weiblich. So verwundert es wenig, dass P&G eines der Unternehmen ist, die in Genderfonds gelistet sind. Zuletzt haben mehrere Fondsgesellschaften solche Produkte aufgesetzt.

Sie werben damit, in Unternehmen zu investieren, die überdurchschnittlich viele Frauen in Führungspositionen einsetzen, sich für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie starkmachen und Frauen genauso gut bezahlen wie Männer. Manche sind aktiv gemanagte Investmentfonds, andere passive Indexfonds (ETFs), aber gemeinsam haben sie Namen, die Stichworte wie "Gender" und "Equality" beinhalten - die Gleichberechtigung der Geschlechter.

Genderfonds passen in eine Zeit, in der Investoren zunehmend Druck auf Unternehmen ausüben, eine nachhaltige und ethische Geschäftspolitik zu verfolgen. Anfang des Jahres hatten zwei US-amerikanische Großaktionäre den Apple-Konzern aufgefordert, gegen die Smartphone-Sucht bei Jugendlichen aktiv zu werden und an einer Software zu arbeiten, die Eltern ermöglicht, die Nutzungsdauer am Handy zu begrenzen. Bereits seit mehreren Jahren drängt zudem die aktivistische Investorin Natasha Lamb darauf, dass börsennotierte Konzerne die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen schließen.

Gender-Produkte können Druck auf Firmen ausüben, die sich in dem Bereich nicht engagieren

Die BWL-Professorin Alexandra Niessen-Ruenzi forscht an der Universität Mannheim unter anderem zu geschlechterspezifischen Unterschieden an den Finanzmärkten. Sie glaubt, dass Anleger durchaus etwas verändern können, wenn sie ihr Geld in Unternehmen stecken, die bereits auf Diversität und Gleichberechtigung setzen. "Solche Produkte sind kein reiner Marketing-Gag, sie können auch Druck auf Unternehmen ausüben, die sich bislang nicht in diesen Bereichen engagieren", sagt sie.

Dass Frauen in der Wirtschaft gleichberechtigt werden, kann man allein schon förderungswürdig finden. Doch die Banken und Fondsgesellschaften möchten ihren Kunden nicht nur ein gutes Gewissen verkaufen, sondern bieten ihre Produkte auch als lukrative Anlagestrategie feil. So lancierte die Schweizer Bank UBS ihren "Gender Equality"-ETF im Januar und ließ ihren Nachhaltigkeitsbeauftragten ausrichten, der ETF ermögliche auch "starke Renditen". Die Fondsgesellschaft Robecosam lancierte nicht nur einen Investmentfonds nach Kriterien der Gleichberechtigung, sondern veröffentlichte auch eine Studie, die zu dem Ergebnis kam, dass sich mehr Frauen im Management positiv auf den Aktienkurs von Unternehmen auswirken.

"Ich wünschte, ich könnte solche Studien unterschreiben", sagt Niessen-Ruenzi. Doch viele Untersuchungen, die in diesem Kontext zitiert würden, könnten den kausalen Zusammenhang zwischen mehr Frauen in Führungspositionen und steigenden Kursen nicht nachweisen. Will heißen: Es könnte auch andere Gründe gegeben haben, weshalb ein Unternehmen an der Börse gut oder schlecht dastand. Eine der wenigen wissenschaftlichen Studien bewies in der Vergangenheit sogar das Gegenteil: Ein US-amerikanisches Forscherteam fand nach Einführung der Frauenquote in Norwegen heraus, dass sich dieser Schritt zumindest kurzfristig negativ auf die Kurse auswirkte. Da die Aktionäre mit hohen Kosten rechneten, um geeignete Frauen zu finden, und weil die Verwaltungsgremien dadurch jünger und tendenziell unerfahrener wurden, zogen sich Anleger zurück.

Mittelfristig, ist Niessen-Ruenzi überzeugt, können Männer und Frauen gleich gut führen. Erwirtschaften Genderfonds also wirklich besonders gute Renditen?

Das lässt sich bislang nicht seriös beurteilen, sagt Natalia Wolfstetter von der Fondsratingagentur Morningstar. Der aktiv gemanagte Fonds "Gender Plus" von Ampega, der größtenteils in deutsche Unternehmen investiert, schaffte 2017 eine Rendite von knapp 15 Prozent, im Jahr zuvor rangierte er mit mehr als drei Prozent im Minus. Weil es ihn genau wie andere Genderfonds erst seit wenigen Jahren gibt, "erlaubt die Performance-Historie eigentlich noch keine Aussage", sagt Wolfstetter.

Ist ein frauenfördernder Konzern, der Steuern meidet, ethisch korrekt? Konflikte tun sich auf

Fest steht hingegen, dass bei Fonds Gebühren anfallen, die auf die Renditen drücken. Beim Produkt von Ampega beträgt der einmal fällige Ausgabeaufschlag vier Prozent des Anlagebetrags, beim Fonds von Robecosam sind es fünf Prozent. Hinzu kommen laufende Verwaltungsgebühren, die bei aktiven Fonds höher sind als bei passiven ETFs, da letzte nur automatisch, ohne selektive Auswahl durch ein Fondsmanagement, einen Index abbilden.

Ein Risiko bei solchen Themenfonds liegt darin, dass es zulasten eines breit diversifizierten Portfolios gehen könne, wenn man sich auf bestimmte Unternehmen konzentriert, sagt Niessen-Ruenzi. Tatsächlich fällt auf, dass einige Branchen in den Genderfonds überrepräsentiert sind - darunter Tech- und Softwareunternehmen sowie einige Vertreter der ansonsten nicht unbedingt als frauenfreundlich geltenden Bankenbranche. Trotzdem hat Fondsanalystin Wolfstetter den Eindruck, dass die Produkte auf genügend unterschiedliche Wirtschaftszweige setzen und daher breit genug gestreut sind.

Auch die Aktien von Nike tauchen in einigen der Fonds auf, darunter im "Gender Equality"-ETF von Lyxor. Nike gilt als Konzern, der auf gewiefte Weise Steuern vermeidet, wie die Paradise Papers enthüllten. Wenn solche Firmen im Fonds auftauchen, kann das Anleger schon mal in ein Dilemma stürzen: Ist ein frauenfördernder Steuervermeider ethisch korrekt? In solchen Fällen gilt es abzuwägen. Legt man Wert auf ganzheitliche Grundsätze der Unternehmensführung, könnte man in nachhaltige Fonds investieren, die Diversität und Gleichberechtigung berücksichtigen.

© SZ vom 19.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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