Klimaschutz:Wie die EU grüne Investments fördern will

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Windrad in Hannover: Die EU-Kommission hat nun festgelegt, welche wirtschaftlichen Aktivitäten dem Klima dienen - und welche nicht. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Anlageberater sollen Kunden nach ihren Öko-Vorlieben fragen, viel mehr Firmen sollen detailliert über Nachhaltigkeit berichten. Doch Heikles spart die EU-Kommission vorerst aus.

Von Michael Bauchmüller und Björn Finke, Brüssel

Die EU-Kommission will grünes Investieren vereinfachen. Dafür präsentierte Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness am Mittwoch in Brüssel eine Reihe von Gesetzesvorschlägen und -änderungen. So müssen Anlage- und Versicherungsberater Kunden demnächst nicht nur nach ihrer Risikobereitschaft fragen, sondern auch danach, wie wichtig ihnen die Ökobilanz der Investments ist. Außerdem sollen viel mehr Unternehmen als bisher regelmäßig über Nachhaltigkeitsthemen berichten müssen - fast 50 000 europäische Firmen anstatt 11 000. Die Angaben zu Umwelt und Sozialem müssen auch deutlich detaillierter sein. Am umstrittensten ist aber das Klassifizierungssystem, das McGuinness vorstellte.

Diese sogenannte Taxonomie bestimmt, welche wirtschaftliche Aktivität klima- und umweltfreundlich ist und welche nicht. Das soll Managern von Öko-Fonds oder umweltbewussten Anlegern bei der Auswahl von Aktien oder Firmenanleihen helfen. Die Kommission will zudem ein Ökolabel für Fonds und Standards für grüne Anleihen entwickeln - hierfür soll die Taxonomie die Grundlage bieten, und sie soll verhindern, dass Konzerne greenwashing betreiben, also Geschäfte als grün verkaufen, die es nicht sind.

Der Kriterienkatalog der EU ist der erste seiner Art und dürfte andere Staaten weltweit beeinflussen. McGuinness sagte, das Paket von Mittwoch werde "eine grundlegende Wende im Finanzwesen herbeiführen". Das Taxonomie-Gesetz ist allerdings schon seit vorigem Sommer in Kraft. Doch jetzt erst - und damit später als geplant - brach die Kommission die Bewertungskriterien in langen Listen auf wichtige Branchen und Produkte herunter. Diese stehen für 80 Prozent des Ausstoßes an Treibhausgasen.

Diese Listen, ein sogenannter delegierter Rechtsakt, widmen sich nur dem Klimaschutz. Bis Jahresende soll ein weiterer Rechtsakt klarstellen, welche Kriterien beim Schutz der Umwelt und der Artenvielfalt und beim Thema Kreislaufwirtschaft einzuhalten sind, damit Firmen hier grüne Ziele erfüllen. Zudem hat die Kommission die Klimabewertung von Gas- und Atomkraftwerken und der Landwirtschaft ausgeklammert. Über diese heiklen Themen soll ebenfalls erst bis Jahresende entschieden werden.

Ist Kernkraft grün?

Vor allem osteuropäische Staaten haben darauf gedrängt, Gaskraftwerke als klimafreundlich einzustufen, wenn sie Kohlekraftwerke ersetzen. Schließlich pusten diese noch mehr Treibhausgase in die Luft. Deshalb bezeichnet auch der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber Gas als unverzichtbare "Brückentechnologie". Frankreich wiederum wollte Nachteile für seine Kernkraftwerke vermeiden. Beide Vorstöße erregten den Zorn von Umweltgruppen.

Die Kommission kündigte an, sich bei der Beurteilung der Kernkraft an einer Studie der Gemeinsamen Forschungsstelle zu orientieren, dem wissenschaftlichen Dienst der Behörde. Die Grünen im Europaparlament klagen aber, dass diese Forschungsstelle zu kernkraftfreundlich sei. Würde die Kommission Atommeiler am Ende wirklich als nachhaltig bewerten, "würde das die Glaubwürdigkeit der Taxonomie irreparabel beschädigen", sagt der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold.

Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze warnt vor solch einem Schritt: "Sollte die EU-Kommission tatsächlich die Atomenergie in die Taxonomie aufnehmen wollen, würden viele zusätzliche Milliarden Euro in eine energiepolitische Sackgasse fließen und für Investitionen in wirklich nachhaltigen Klimaschutz fehlen", sagte die SPD-Politikerin der Süddeutschen Zeitung. Atomenergie gehöre definitiv nicht zu den sauberen und sicheren klimafreundlichen Technologien, die von Anlegergeldern aus grünen Fonds profitieren sollten, erklärte Schulze. Eine unglaubwürdige Taxonomie würde zudem "der deutschen Finanzwirtschaft schaden, die sich bereits stark auf nachhaltige Angebote ausrichtet".

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