Verlust der Kaufkraft:Welche Anlagen vor Inflation schützen

Lesezeit: 7 Min.

Anlagen gegen die Inflation: Bitcoins sind nur eine von mehreren Optionen. (Foto: BUTENKOV/imago images)

Immer mehr Sparer sorgen sich vor steigenden Preisen. Bieten Gold, Immobilien, Bitcoins oder Wein eine gute Absicherung fürs Depot? Was Anleger wissen sollten.

Von Kirsten Jöhlinger

Nimmt die Europäische Zentralbank (EZB) es doch nicht so genau? Wird das billige Geld, mit dem die Märkte geflutet werden, nicht zwangsläufig in eine höhere Inflation münden? Kann die EZB die Zügel rechtzeitig wieder anziehen? Das Schreckgespenst der Inflation geht um.

Viele Anleger befürchten derzeit, dass die Preise weiter steigen. Vermögende sind besonders besorgt. "Die Inflation ist inzwischen ein häufiges Thema in den Kundengesprächen", berichtet Carolin Schulze Palstring, Leiterin Kapitalmarktanalyse im Bereich Private Banking beim Bankhaus Metzler. "Unsere Kunden bemerken die Inflation in ihren eigenen Unternehmen, an den Spritpreisen an der Tankstelle oder sie haben davon aus der Presse erfahren."

Nasim Amini, der den Bereich Wealth Management & Private Banking in der Region München bei der Hypo-Vereinsbank leitet, berichtet ähnliches. "Unsere Kunden sorgen sich um ihre Rendite. Die niedrigen Zinsen verschärfen die Situation natürlich noch einmal." Schulze Palstring und Amini arbeiten im Private Banking, der Sparte für vermögende Kunden.

Im August lag die Inflationsrate in Deutschland bei 3,9 Prozent. Es sind mehrere Sondereffekte wie die Senkung der Mehrwertsteuer im vergangenen Jahr, die hohen Energiepreise sowie die Lieferengpässe während der Corona-Pandemie, die den Preisschub im Vergleich zum Vorjahr verursachen. Eine übertriebene Sorge ist nicht angebracht. Generelle Vorsicht jedoch schon: "Inflation gehört zu den elementaren Risiken für Vermögen," sagt Schulze Palstring. Denn Inflation entwertet direkt die Kaufkraft des Geldes im Portemonnaie und auf dem Bankkonto. "Hat man sein Geld gar langfristig in Festgeld geparkt, so sinkt der Wert noch deutlicher", erklärt Andreas Hackethal, Finanzprofessor an der Goethe-Universität Frankfurt und Wissenschaftler am Frankfurter Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE. Doch wie können Anleger ihr Depot vor Vermögensverlusten schützen?

Viele Anleger bevorzugen Gold in Form von Barren oder Münzen. Bei Goldpapieren fallen jedoch die Kosten für den Safe und die Versicherung weg. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Gold für Konservative

Zu den ältesten Anlagemöglichkeiten gehört Gold. Als Zahlungsmittel ist es heute kaum mehr gebräuchlich. Viele Anleger betrachten das Edelmetall eher als sicheren Hafen. Dass sich Gold als Inflationsschutz eignet, zeigen Untersuchungen der Frankfurter Goethe-Universität. Bei einer Rendite-Analyse verschiedener Anlage-Klassen stach Gold während Inflationsperioden als glänzender Gewinner hervor, noch vor Rohstoffen oder Aktien.

Eine Beimischung im Portfolio kann sinnvoll sein. Bei Barren oder Münzen besteht aber ein Diebstahlrisiko. "Wer physisches Gold erwirbt, muss sich auch fragen, wo er es aufbewahrt. Wer es zu Hause einschließt, muss sich vermutlich Gedanken darüber machen, wann der nächste Einbrecher kommt", sagt Marc Oliver Rieger, Professor für Bank- und Finanzwirtschaft an der Universität Trier. Außerdem unterscheiden sich die Verkauf- und Ankaufpreise von physischem Gold. Die Banken, die Goldbarren verkaufen, geben die Lagerungskosten an die Käufer weiter und kaufen Gold zu geringeren Preisen an als sie es verkaufen. Wer sein Gold also schnell wieder loswerden möchte, kann Verluste machen.

Bei Gold-Zertifikaten, die wahlweise auch physisch hinterlegt sind, entfallen die Lagerungs- und Versicherungskosten. Zertifikate lassen sich einfacher verkaufen als physisches Gold, allerdings sollten Käufer auch hier auf die Kosten und die Bonität der Bank achten, die die Zertifikate herausgibt.

Anleger sollten zudem wissen: "Gold ist volatil - Preise schwanken langfristig in etwa so wie Aktien", sagt Wissenschaftler Hackethal. Das liege an der gestiegenen Nachfrage in Krisenzeiten, so Ökonom Rieger: "Wenn Krisen auftreten, denken Menschen, sie müssten ihr Geld parken. Dann nimmt also die Nachfrage nach Gold zu und der Goldpreis steigt dementsprechend. Der Goldpreis fällt dann aber irgendwann auch wieder."

Rohölgewinnung in Loving County (Texas). Rohstoffe wie Öl sind für Anleger riskante Investments. (Foto: Angus Mordant/Reuters)

Rohstoffe für Kenner

Auch eine Beimischung an verschiedenen Rohstoffen kann das Vermögen vor Inflation schützen. Der Analyse der Goethe-Universität zufolge landen sie auf dem zweiten Platz bei den höchsten realen Renditen in Inflationsperioden. Der Haken: Rohstoffe müssen gelagert werden. Anders als Immobilien oder Aktien produzieren sie auch keine Erträge aus sich heraus, erklärt Hackethal. "In normalen Zeiten sind die erwarteten Renditen deshalb auch geringer. In Inflationszeiten aber steigen die Preise von Gütern und damit auch die von Rohstoffen an. Darum wirken Rohstoffe im Portfolio als Gegengewicht."

Wer in Rohstoffe investieren möchte, hat verschiedene Möglichkeiten. Anleger können etwa auf den GSCI-Index setzen. Dieser besteht aus vierundzwanzig Rohstoffen, darunter Erdöl, Mais, Zucker, Schwein und Blei. Diese Rohstoffe werden in Termingeschäften gehandelt. "Der GSCI-Index hat über die letzten dreißig Jahre eine negative reale Rendite erzielt. In Zeiten sehr hoher Inflation hat er aber selbst Aktien deutlich geschlagen", sagt Hackethal.

Anleger können über Branchenfonds oder ETF in Rohstoffe investieren. Doch Hackethal warnt vor den Risiken. "Die Preise von Rohstoffen hängen von Nachfrage und Angebot ab. Deren Zusammenspiel ist jedoch besonders stark verbunden mit politischen Unwägbarkeiten und mit technologischen Entwicklungen." Rohstoffe würden sich daher lediglich als Beimischung zur Abfederung von Preisschocks in Inflationszeiten lohnen. Rieger empfiehlt Rohstoffinvestments nur Anlegern, die sich gut auskennen.

Die Bronzeplastik "Bulle und Bär" vor dem Gebäude der Frankfurter Wertpapierbörse. Wer in Aktien oder ETF investieren möchte, sollte auf eine möglichst breite Streuung achten. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Aktien für Nervenstarke

Neben Gold und Rohstoffen haben auch Aktien das Potenzial, Inflationsschutz zu bieten. Entscheidend ist jedoch die Auswahl. Die Marktanalystin Schulze Palstring rät dazu, das Inflationsszenario zu betrachten. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten lohne es sich, auf defensive Aktien, etwa aus der Nahrungsmittelbranche zu setzen. Wenn die Inflation aber aus hohem Wirtschaftswachstum resultiere, profitierten Anleger von Aktien, die stark zyklisch reagieren, etwa Industrie- oder Finanzaktien. Zudem sollten Anleger immer die Bilanz des Unternehmens prüfen. "Auch in Zeiten von Inflation sollte ein Anleger darauf achten, dass das Unternehmen nicht zu hoch verschuldet ist. Zwar verlieren die Schulden real an Wert, allerdings steigen gleichzeitig die Renditen am Kapitalmarkt und damit auch die Finanzierungskosten eines Unternehmens", sagt Schulze Palstring.

Außerdem sollten Anleger in Inflationszeiten Unternehmen meiden, deren Gewinne vermutlich erst spät eintreten. Entscheidend sei auch die Preissetzungsmacht der Unternehmen. "Bei Inflation steigen die Kosten der Unternehmen. Im besten Fall können die Unternehmen die höheren Kosten aber an ihre Kunden weitergeben. Auf diese Weise bleiben die Gewinnmargen stabil und die Aktien dieser Unternehmen verlieren nicht an Wert", erklärt Schulze Palstring. Hackethal nennt als Beispiel die Energieversorgerbranche: "In Inflationszeiten hören Menschen nicht auf, ihre Wohnungen zu heizen. Die Nachfrage nimmt also nicht ab und die Unternehmen können die gestiegenen Einstandskosten an ihre Kunden weitergeben."

Aus den Analysen der Goethe-Universität geht hervor, dass sich internationale Aktien in Inflationszeiten lohnten, während Anleger mit deutschen Aktien Verlustgeschäfte machten. Hackethal rät dazu, das Investment breit zu streuen. Das Vermögen sollte nie in nur ein Unternehmen investiert werden.

Ein Anleger sollte sich immer die Frage stellen, bei welcher Höhe von Verlusten er die Nerven verliert und sehr ehrlich darüber nachdenken, rät Rieger: "Wer es psychologisch verkraftet, von seinem investierten Geld kurzfristig bis zu vierzig Prozent zu verlieren und danach immer noch warten kann, bis sich die Aktienpreise wieder erholen, der kann in Aktien investieren."

Wer sein Geld in Aktien anlegen möchte, muss auch mit Kosten wie Ordergebühren und Depotverwaltungsgebühren rechnen. Auf Anleger, die ihre Aktien nicht selbst verwalten möchten, kommen die Kosten eines Vermögensverwalters hinzu.

ETF für Preisbewusste

Sogenannte Exchange-Traded Funds (ETF), börsengehandelte Fonds, die einem bestimmten Aktienindex wie etwa dem Weltindex MSCI World folgen, bieten eine kostengünstige Alternative. Die meisten ETF sind passive Fonds: sie folgen automatisch einem Index. Das spart Kosten für Fondsmanager oder Analysten.

Anleger können über Anbieter wie iShares, Vanguard, Amundi oder Xtrackers in ETF investieren. "Aktien sind generell ein guter Inflationsschutz, und ETF sind die preiswerteste Möglichkeit, in Aktien zu investieren", sagt Rieger. Anleger sollten jedoch auf eine möglichst breite Streuung achten.

Hausfassaden im Hamburger Nobel-Stadtteil Eppendorf. Wer in Immobilien investiert, sollte sich gut auskennen. (Foto: Karl-Heinz Spremberg/imageBROKER/mauritius images)

Immobilien für Informierte

Ein Inflationsschutz lässt sich auch mit Immobilien bauen. "Weil Mieten häufig vertraglich an die Inflation gebunden sind, steigen in Inflationszeiten auch die Einnahmen aus Immobilien," erklärt Hackethal.

In Immobilien lässt sich direkt oder über Fonds investieren. Rieger und Schulze Palstring raten bei Fonds jedoch dazu, sich einzuarbeiten und herauszufinden, welche Fonds sichere Renditen bringen und welche eher spekulativer Natur sind.

Wer direkt in ein Gebäude investieren möchte, sollte sich Gedanken über die Lage des Hauses machen und auch hier auf eine breite Streuung setzen, rät Schulze Palstring. Ein Beispiel für die Relevanz der Lage sei die Mietgesetzgebung, die sich je Region unterscheide. Auch sollten Käufer die bereits vielerorts hohen Immobilienpreise, die anfallenden Kaufnebenkosten sowie die laufenden Unterhaltskosten einkalkulieren. Derzeit sorgt die gestiegene Nachfrage für einen Immobilienboom. "Bei Geldentwertung suchen Anleger reale Vermögensgüter. Auch daher steigen dann die Immobilienpreise", erklärt Hackethal.

Bei direktem Immobilienerwerb könne es sich zudem lohnen, Experten hinzuzuziehen. "Eine Freundin von mir ist Architektin. Sie investiert in Immobilien und da sie sich damit auskennt, macht sie damit Gewinne. Wenn ich mein Geld in Immobilien anlegen würde, würde es desaströs enden", meint Rieger.

Inflationsanleihen für Ängstliche

Ihrem Namen nach versprechen inflationsgeschützte Anleihen dem Anleger, ihn vor Inflation zu schützen. Bei diesen Inflationsanleihen, auch Linker genannt, leiht der Anleger einem Staat Geld und bekommt dafür Zinsen. Anders als bei gewöhnlichen Staatsanleihen werden die Kuponzahlungen und der Rückzahlungsbetrag aber um die Inflation angepasst. Die Kaufkraft des Anlegers bleibt erhalten, der feste Bestandteil der Inflationsanleihe, der Kupon, fällt jedoch in der Regel geringer aus als bei gewöhnlichen Staatsanleihen.

"Inflationsgeschützte Anleihen lohnen sich für Anleger, die davon überzeugt sind, dass eine höhere Inflation eintreten wird als die Mehrheit der Marktteilnehmer glaubt", sagt Schulze Palstring. Für Anleger, die in gewöhnliche Staatsanleihen investiert haben, könnten sich Inflationsanleihen eignen, um das Risiko der Geldentwertung zu balancieren. Anleger sollten aber auch bei Inflationsanleihen auf die Bonität des Landes achten. Letztendlich müsse der Staat, der die Anleihen herausgibt, in der Lage sein, seine Schulden zurückzuzahlen.

Hohe Renditechancen könne man nicht erwarten, sagt Rieger: "Mehr Rendite mit weniger Risiko gibt es leider nur im Märchen. Zumindest bieten solche Anleihen aber Schutz gegen eine mögliche hohe Inflation. Man sollte sich die Konditionen aber auf jeden Fall genau anschauen, da dieser Schutz unterschiedlich ausgestaltet sein kann."

Anlagen gegen die Inflation: Bitcoins sind nur eine von mehreren Optionen. (Foto: BUTENKOV/imago images)

Bitcoins für Mutige

Immer mehr techaffine Anleger setzen auf Bitcoins als Inflationsschutz. In die Kryptowährung lässt sich direkt oder über Zertifikate investieren. Von direkten Investments rät Rieger eher ab. Sicherer seien Zertifikate, die börsennotiert sind und die Anleger über einen Broker oder eine Bank kaufen können. Zertifikate bieten etwa Vontobel und Leonteq an. Bei Vontobel liegen die Kosten für die Managementgebühr etwa bei 1,5 Prozent pro Jahr.

Allerdings schwankt der Bitcoin-Kurs stark. "Ein Bitcoin-Kauf kann sich lohnen, wenn Sie ein bisschen Mut haben und wenn es Ihnen nicht weh tut, das eingesetzte Vermögen im schlimmsten Fall zu verlieren. Dann können Sie auch fünf bis zehn Prozent Ihres Vermögens in Bitcoin oder andere seriöse Kryptowährungen anlegen", sagt Rieger.

Der Bankberater Amini weist auch auf den hohen Energieverbrauch von Bitcoins hin. "Die Bitcoin-Herstellung verbraucht mehr Energie als ein Land wie Schweden. Da stellt sich natürlich die Frage nach der Nachhaltigkeit."

Wein für Genießer

Wenn die Kaufkraft fällt, so bringe auch dein Vermögen in den Keller. Das könnte der Spruch von Anlegern sein, die mit Vorliebe in Wein als Inflationsschutz investieren. Für diese Anlageform braucht es genügend Platz, was für Vermögende kein Problem sein dürfte. Doch dann gilt es, die edlen Tropfen perfekt zu lagern und darauf zu hoffen, dass sie sich bei einer Auktion zu Preisen versteigern lassen, die nicht nur höher sind als der Ankaufspreis, sondern auch den Kaufkraftverlust ausgleichen.

Weine steigen vor allem an Wert, wenn sie zu einer Rarität werden. Zur Bewertung werden oft die "Parker-Punkte" herangezogen, eine Beurteilung, die auf der Kritik des Weinbewerters Robert Parker beruht. Laut Rieger erzielen jedoch die wenigsten Anleger mit Wein Gewinne. Lohnen würde es sich nur für Experten. "Für viele ist es wohl eher ein teures Hobby."

Eine gute Diversifikation, darüber sind sich Rieger, Hackethal, Schulze Palstring und Amini einig, ist der beste Schutz gegen Inflation. Was dem Portfolio beigemischt werden sollte, hänge zudem immer von der individuellen Situation des Anlegers ab. Wein hat jedoch einen Vorteil: Wenn er nicht zum Inflationsschutz taugt, lässt sich die Flasche immer noch öffnen.

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