Süddeutsche Zeitung

Geldanlage:In der Krise gibt es wieder Zinsen

1,05 Prozent für Festgeld: Das Coronavirus hat unerwartete Folgen - auf einmal sind die Einlagen von Sparern bei Banken begehrt.

Von Harald Freiberger

So etwas haben Sparer lange nicht erlebt. Über Jahre sind die Zinsen gefallen, es gab zuletzt kaum mehr eine Bank, die für Tagesgeld oder Festgeld einen nennenswerten Ertrag bot. Bei den meisten lag der Zins nicht nur vor dem Komma bei null, sondern auch bei der ersten Stelle dahinter. Doch seit sich die Coronakrise verschärft hat, geht es plötzlich in die andere Richtung. Finanzinstitute sind auf der Suche nach flüssigen Mitteln. Das Geld der Sparer ist wieder begehrt, und das führt dazu, dass die Zinsen steigen.

Das Finanzportal tagesgeldvergleich.de hat seit 12. März elf Banken und Finanzdienstleister registriert, die die Konditionen für Tagesgeld angehoben haben, für Festgeld waren es sogar 16. "Wir erwarten, dass sich der Trend noch verstärkt", sagt André Salzwedel von dem Portal.

Für Tagesgeld erhalten Sparer bis zu 0,50 Prozent Zinsen im Jahr, für Festgeld mit einem Jahr Laufzeit sind es bis zu 1,05 Prozent (siehe Tabelle). Auffällig ist, dass besonders Banken und Finanzdienstleister mit Zinsen locken, die direkt mit einem Unternehmen verbunden sind, zum Beispiel die Renault Bank direkt oder die Leasingspezialisten Grenke und LeasePlan Bank. Salzwedel interpretiert dies als Zeichen, dass die Unternehmen Geld einsammeln wollen, um liquide zu bleiben. Durch die Coronakrise ist das öffentliche Leben in Europa zum Erliegen gekommen, die Einnahmequellen vieler Unternehmen versiegen. Jetzt geht es darum, einen Finanzpuffer für die nächsten Monate aufzubauen.

"Einlagen von Sparern waren bei Banken in den vergangenen Jahren wegen der Negativzinsen teilweise geradezu verpönt", sagt Salzwedel. Die Geldhäuser müssen für überschüssiges Geld, das sie kurzfristig bei der Europäischen Zentralbank parken, einen Zins von minus 0,5 Prozent zahlen. Das nehmen sie nun in Kauf und legen Sparern obendrein Zinsen drauf. "Durch die Krise hat sich alles umgekehrt, nun sind die Einlagen von Sparern wieder begehrt", sagt Salzwedel.

Viele Anleger in Deutschland dürften das mit Interesse registrieren. Sie leiden seit langem darunter, dass ihr Erspartes keinen Ertrag mehr bringt. Berücksichtigt man die Inflationsrate, derzeit 1,7 Prozent, verliert das Geld unterm Strich sogar an Wert. Anlageexperten empfahlen in den vergangenen Jahren deshalb, stärker auf den Aktienmärkten zu investieren, da die Börsen seit 2009 fast ununterbrochen boomten. Doch mit der Coronakrise sind Aktien um bis zu 40 Prozent eingebrochen. Ein Investment an der Börse ist in solch unsicheren Zeiten vielen zu riskant.

Dass nun die Zinsen für Tages- und Festgeld anziehen, dürfte für viele Anleger deshalb verlockend sein. Doch wie sieht es mit der Sicherheit aus?

Grundsätzlich gilt, dass die Einlagen jedes Sparers bei einer Bank im Euroraum bis zur Höhe von 100 000 Euro gesetzlich geschützt sind. Verbraucherschützer empfehlen deshalb, nicht mehr als diese Summe pro Bank anzulegen. Einige der Finanzhäuser, die deutschen Sparern nun höhere Zinsen anbieten, kommen aus dem europäischen Ausland, aus Frankreich, den Niederlanden oder Italien. Sollte eine Bank insolvent gehen, bürgt am Ende der Staat für die Einlagen der Sparer. Daher kommt es auf die Solidität des jeweiligen Landes an. In der Tabelle finden sich die Bewertungen von Ratingagenturen in der Spalte "Sicherheit". Das Insolvenzrisiko von Unternehmen und Banken ist durch die Coronakrise größer geworden. Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg riet deutschen Sparern, die auf Nummer sicher gehen wollen, schon vor Zeiten von Corona, ihre Einlagen besser einem deutschen Finanzinstitut zu überlassen als einem im Ausland. Denn im Zweifelsfall werde ein Staat die einheimischen Sparer eher entschädigen als die ausländischen. Dieser Rat hat nun noch stärkeres Gewicht. Hinzu kommt: Banken in Deutschland verfügen über Sicherungssysteme, die über 100 000 Euro deutlich hinausgehen.

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SZ vom 28.03.2020/vd
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