Süddeutsche Zeitung

Geldanlage:In der Defensive

Die Deutschen lieben konservativ ausgerichtete Mischfonds mit geringem Aktienanteil. Doch viele von ihnen sind teuer und können bei den derzeit so niedrigen Zinsen kaum Rendite erwirtschaften.

Von Harald Freiberger

Es hört sich gut an: Man wende sich an Anleger, die "im aktuellen Umfeld niedriger Zinsen eine etwas rentierlichere und gleichzeitig wertstabile Anlage suchen". So wirbt die Fondsgesellschaft Union Investment für ihr neues Produkt, das am 1. April auf den Markt kam, den "UniAnlageMix: Konservativ". Die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken spricht ein Problem an, das viele Bundesbürger haben: "Im anhaltenden Niedrigzinsumfeld lohnt sich Sparen in traditionellen Anlageformen nicht mehr. Dennoch halten viele Menschen daran fest, weil sie großen Wert auf Sicherheit legen."

Mit dem neuen Fonds, so das Versprechen, könne man die Chancen auf höhere Rendite nutzen, die die Kapitalmärkte bieten, ohne dabei zu hohe Risiken einzugehen. Auf die Idee sind vor Union Investment auch andere Fondsgesellschaften schon gekommen: Es gibt Hunderte solcher Fonds, oft tragen sie Attribute wie "defensiv", "kontrolliert", "vorsichtig" oder "konservativ" in ihrem Namen. Sie legen das Geld der Anleger überwiegend in sichere Anleihen von Staaten und Unternehmen an, der Anteil riskanterer Aktien liegt meist unter einem Drittel.

Mit dieser Mischung versuchen die Anbieter den Spagat zwischen Chance und Risiko für die vorsichtigen Deutschen hinzubekommen. Doch wie sieht es damit in der Praxis aus? Die Tabelle der Fonds-Ratingagentur Morningstar zeigt die 14 größten defensiven Mischfonds in Deutschland. Im "PrivatFonds: Kontrolliert", ebenfalls gemanagt von Union Investment, stecken zum Beispiel 18,5 Milliarden Euro von Anlegern, bei den anderen sind es zwischen einer und vier Milliarden Euro. Das zeigt, dass die Fondsgattung bei den Bundesbürgern beliebt ist.

Die Bilanz der Mischfonds fällt gemischt aus, wie die Spalte über die jährliche Rendite über fünf Jahre zeigt: Bei zwei von zehn Anbietern ist das Ergebnis negativ, bei einem gerade noch positiv. Vier weitere Fonds gleichen mit Renditen von bis zu rund zwei Prozent gerade die Inflationsrate aus. Einer liegt leicht darüber, nur drei deutlich: der "BBBank Kontinuität" mit 2,83 Prozent Rendite, der "FairWorldFonds" mit 3,21 Prozent und der "FVS - Multi Asset - Defensive R" mit 3,48 Prozent. Nur diese drei Fonds lösen das Versprechen ein, die Chance einer höheren Rendite mit relativ hoher Sicherheit zu kombinieren.

Und wie sieht es mit dem Risiko aus? Es ist nicht so gering, wie die Adjektive "defensiv" oder "kontrolliert" andeuten: Drei Fonds verloren in den vergangenen zwölf Monaten mehr als vier Prozent an Wert. Der maximale Verlust in den vergangenen drei Jahren beträgt bei einigen Anbietern fast zehn Prozent. Das ist vermutlich mehr, als sicherheitsorientierte Anleger sich wünschen.

Die Tabelle offenbart das Dilemma, in dem die Fondsanbieter stecken: Sie müssen das Portfolio auf Sicherheit ausrichten, doch damit lässt sich in Zeiten des Nullzinses nichts ernten; die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen rutschte erst jüngst wieder in den negativen Bereich. "Wir beobachten, dass viele Fondsmanager deshalb stärker ins Risiko gehen und Anleihen von Ländern und Unternehmen mit schlechterer Bonität kaufen", sagt Ali Masarwah von der Fonds-Ratingagentur Morningstar. Die Kreditqualität der Fonds liege im Durchschnitt bei der Ratingnote BB, was ein Ausfallrisiko von 17 Prozent bedeute. "Es stellt sich die Frage, ob die Fondsmanager noch ihrem Auftrag gerecht werden, eine relativ sichere Anlage zu bieten", sagt Masarwah. Die Zinsen dürften noch auf Jahre niedrig bleiben, defensiv ausgerichtete Fondsmanager könnten da kaum erfolgreich sein.

Zumal die Kosten hoch sind. Die Gebühren betragen mindestens 1,13 Prozent im Jahr, bei den teuersten Anbietern sind es sogar fast zwei Prozent. Das ist auch der Grund, weshalb viele der Fonds langfristig so schlecht abschneiden: Sie können die hohen Gebühren derzeit auf den Kapitalmärkten zum großen Teil gar nicht oder gerade nur so erwirtschaften.

Wenn die Fondsmanager aber in riskantere Anlagen gehen, erfüllen sie ihren auftrag nicht mehr. Ali Masarwah rät Anlegern deshalb, die vorsichtig ausgerichtete Fondssparte mit Vorsicht zu genießen. "Da kann man gleich 80 Prozent seines Gelds zu niedrigen Zinsen auf ein Tagesgeld-Konto parken und mit 20 Prozent einen Aktien-ETF kaufen, dann weiß man, welches Risiko man eingeht", sagt der Experte.

Ohnehin vertrügen die Deutschen eine höhere Aktienquote, gerade jüngere Anleger, die für das Alter vorsorgen wollen. Da sie viel Zeit haben, könnten sie ihr Geld auch in offensiver ausgerichteten Mischfonds anlegen, die den Spagat zwischen Chance und Risiko langfristig meist besser hinbekommen.

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Quelle:
SZ vom 08.04.2019
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