Geldanlage:Fonds ohne Vertrieb

Hersteller von Investment­fonds müssen darlegen, für welche Kunden diese sind. Sonst dürfen sie nicht verkauft werden. Kurz vor Fristende fehlen etliche Daten.

Von Nils Wischmeyer

Am Ende werden es wohl viele Fonds nicht pünktlich schaffen, wichtige Informationen an den Vertrieb zu liefern. Tausenden droht der temporäre Ausschluss aus dem Verkauf. Denn vom 3. Januar an gilt europaweit eine neue Finanzmarktrichtlinie. Das bedeutet sowohl für die Hersteller der Finanzprodukte als auch für den Vertrieb, dass sie fortan strengeren Regularien unterliegen. Hersteller müssen beispielsweise definieren, ob sie das Produkt für Profi- oder aber Privatanleger konzipiert haben.

Machen sie das nicht, dürfen Berater die Fonds nicht mehr anbieten. Der Umsatz der Hersteller, die keine Informationen geliefert haben, könnte einbrechen. Denn die Regularien betreffen nicht nur Neuvermittlungen. Sobald ein Kunde eine Beratung wünscht, müssen die Vertriebe das Kundenprofil mit den Informationen der Hersteller vergleichen. Passt das Produkt nicht zum Kunden, dürfen sie es nicht verkaufen oder müssen es austauschen.

Trotz der möglichen Folgen fehlen nach Angaben des Fondsdaten-Spezialisten FWW noch Tausende Datensätze. Das Unternehmen, das Fondsinformationen für Investoren bereitstellt, berechnete, dass für über 30 000 Produkte nur ein Drittel der Datensätze zur Verfügung steht. Torsten Ulrich, Geschäftsführer bei WM Datenservice, schätzt, dass erst 50 Prozent aller Fonds die nötigen Informationen geliefert haben. Und er muss es wissen. Seine Firma ist eine der führenden Portale zum Sammeln und Aufbereiten der Daten. Viele Banken sind an den Datenpool der Firma angeschlossen.

Dass alle Hersteller die Daten fristgerecht überliefert haben werden, glaubt niemand mehr. FWW-Geschäftsführer Matthias Rothe sagt, er sei froh, wenn knapp 80 Prozent der Hersteller die Frist einhalten. "Es wäre utopisch zu glauben, dass alle liefern."

Die Folgen sind allen klar, sagt Hans-Jürgen Bretzke, Vorstand bei der Fondskonzet AG, einer freien Vertriebsfirma. "Die Hersteller, für die wir vertreiben, wissen genau, was droht, wenn sie die Daten nicht noch liefern. Wir dürfen und werden die Produkte aus dem Sortiment nehmen", sagt er. Neben dem freien Vertrieb gibt es unter anderem noch Banken wie beispielsweise die Sparkasse oder die Hypovereinsbank, bei denen Kunden Fonds kaufen können. Bretzek rechnet aufgrund der fehlenden Informationen mit einem mehr als "holprigen Start."

Betroffen sind aber nicht alle Hersteller. Größere Fonds werden nach Schätzungen der Branche keine Probleme haben. Sie haben die Kapazitäten all die Informationen im richtigen Format zu übermitteln. Auch Hersteller, die direkt über die eigene Bank vertreiben, wie etwa bei der Deka und der Sparkasse, dürften die Frist einhalten.

Kleine Anbieter von Finanzprodukten hätten hingegen massive Schwierigkeiten sich an die Frist zu halten. Das sei zum Teil der Gesetzgebung geschuldet, die erst im Sommer die endgültige Fassung der Richtlinien vorgegeben hat. "Aber einige haben auch schlicht und einfach zu spät angefangen mit der Arbeit", sagt Rother. Das rächt sich jetzt.

Wenn Kunden sehen, wie niedrig die Rendite ist, könnten sie die Geldanlagen künftig meiden

Die Schuld allein bei den Firmen zu Suchen wäre aber falsch, sagt Thorsten Ulrich, Geschäftsführer von WM Datenservice. "Der Aufwand ist enorm, den die Firmen durch die Regulierungen tragen müssen. Alle werden zeitgleich Anfang Januar 2018 wirksam", sagt er. Bisher seien viele Datensätze bei ihnen eingegangen, die nun darauf geprüft werden, ob die Formate und Details richtig sind. Einige Anbieter werden aber sicherlich nachbessern müssen. Und auch die Finanzaufsicht Bafin werde nach zwei Monaten nicht alles abnicken, sondern voraussichtlich Verbesserungen oder Änderungen einfordern.

Dass die Hersteller Probleme haben, die Daten zu liefern, liegt nicht zuletzt am deutschen Markt. Denn während sich europaweit ein Datenformat (EMT) durchgesetzt hat, gibt es hier gleich mehrere Varianten. Das bedeutet, die Daten liegen zwar teilweise vor, aber in unterschiedlichen Formaten, die nicht immer miteinander kompatibel sind. Es kann also sein, dass die Informationen für einen Fonds bei manchen Vertrieben vorliegen, bei anderen aber nicht, sagt Rothe.

Wie viele Datensätze pünktlich geliefert worden sind, werde man erst zum Inkrafttreten der Richtlinie sehen. WM-Datenservice-Geschäftsführer Torsten Ulrich rechnet damit, dass viele Hersteller die Informationen auch noch an diesem Mittwoch kurz vor Ende der Frist eintragen. In seinen Augen sind die Tage nach Neujahr vielleicht sogar die wichtigsten Tage. Es könnte einige Firmen geben, die den Startschuss zwar verpassen, aber noch in der gleichen Woche nachliefern. Dann dürfen Vertriebe sie wieder verkaufen.

Sind die Informationen endgültig eingetroffen, bleibt es spannend für die Hersteller und auch die Betriebe. Erstmals müssen sie die Kosten für ihre Produkte, also Fonds oder Zertifikate, detailliert offenlegen und voneinander trennen. Der Kunde soll sehen, wie hoch die Vertriebsprovisionen, der Ausgabeaufschlag oder die Depotgebühren sind - und das zu jedem Zeitpunkt. Am Ende soll er verstehen, wie viel Rendite nach Abzug aller Kosten übrig bleibt. Einige Experten befürchten bereits, dass die Kunden weniger Produkte kaufen, wenn sie wissen, wie klein die Rendite bei einigen Produkten ist.

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