Geld lagert bei Zentralbanken:Europas Banken bunkern

Die europäischen Banken bekamen viele Milliarden von der EZB, um in Staatsanleihen investieren. Doch es zeigt sich: Angst und Vorsicht beherrschen die Finanzmärkte. Die Banken lagern ihr Geld lieber bei Notenbanken.

Eigentlich schwimmen die europäischen Banken im Geld, das die Europäische Zentralbank ihnen gegeben hat. Doch statt das Geld zu verleihen, hinterlegen die zehn größten Kredithäuser Europas knapp 925 Milliarden Euro bei Notenbanken. Das Wall Street Journal veröffentlichte dies in einer Analyse, die sich auf Berichte der Banken bezieht. Der sogenannte Angstkasse der Finanzhäuser ist also prall gefüllt.

Die EZB hatte den europäischen Geldhäusern kurz vor Weihnachten 2011 und zuletzt im Februar dieses Jahres jeweils mehr als 500 Milliarden Euro zum günstigen Zinssatz von einem Prozent geliehen. Dies sollte einerseits die krisengebeutelten Banken stärken: Im Klima des Misstrauens hatten sie sich gegenseitig kaum noch Geld geliehen und konnten sich so nicht mehr ausreichend refinanzieren. Andererseits sollte die Hilfe der EZB indirekt vor allem den schuldenbelasteten Eurostaaten zugutekommen. Die Hoffnung war, dass die Banken das günstig geliehene Geld etwa in spanische oder italienische Staatsanleihen investieren und freizügiger an Unternehmen verleihen.

Nun zeigt die Analyse des Wall Street Journal aber, dass sich diese Hoffnung nicht erfüllt hat. Dafür analysierte die Zeitung die Kapitalbestände der spanischen Institute Banco Santander und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, der Deutschen Bank, der schweizerischen UBS und Credit Suisse, der BNP Paribas und Societé Générale aus Frankreich sowie der britischen Barclays, Lloyds und der Royal Bank of Scotland.

Die Überlegungen der Banken sind dieselben wie vor der Kreditvergabe durch die EZB: Hinterlegen sie ihr Geld, können sie jederzeit darauf zurückgreifen, etwa um selbst Schulden abzubezahlen. Vergeben sie aber Kredite, verfügen sie über weniger Kapital und müssen Abstufungen durch die Ratingagenturen befürchten.

"Die oberste Priorität ist die Absicherung der Bank in einer unruhigen Phase", sagte Bruce Van Saun, Finanzchef der Royal Bank of Scotland dem WSJ. Nicht nur die RBS, auch die spanische Banco Santander lagert einen Großteil der von der EZB geliehenen 40 Milliarden bei der EZB, statt sie in Umlauf zu bringen. Tendenz steigend: Ende März hatte das Kreditinstitut 112 Milliarden Euro bei unterschiedlichen Zentralbanken hinterlegt, ein Jahr zuvor waren es noch 86 Milliarden.

Dabei schien das Konzept der EZB in den ersten Monaten nach der Geldvergabe aufzugehen. Zahlen des Datenanbieters Dealogic zufolge kauften europäische Banken in den ersten drei Monaten ordentlich Staatsanleihen. Im April allerdings verkauften sie wieder. Hinzu kommt, dass die Banken wie vor der dem EZB-Kreditprogramm auch untereinander wieder weniger Kredite vergeben.

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