Geld im Fußball:Schulden schießen Tore

Bloß keine Schulden machen: Wenn FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß einen Spieler verpflichten will, geht er in die Festgeldabteilung der Bank. Nicht in die Kreditabteilung. Andere deutsche Vereine wirtschaften ähnlich solide. Spanische und italienische Klubs dagegen machen ungeniert Schulden - und sind damit erfolgreicher. Doch ihr Finanzierungsmodell wird bald nicht mehr funktionieren.

Harald Freiberger, Frankfurt

Alle, die schon immer wussten, dass der Fußball ein Spiegel der Gesellschaft und eigentlich der ganzen Welt sei, haben jetzt ein ganz neues Argument: Eine Studie bescheinigt den deutschen Profi-Fußballvereinen, dass sie sehr solide wirtschaften. Sie verschulden sich nicht übermäßig für teure Transfers, sondern fördern lieber die Nachwuchsarbeit. Die meisten von ihnen geben nicht mehr Geld aus, als sie einnehmen.

Champions League - FC Barcelona - Manchester United

Sieg auf Pump: Lionel Messi (li.) und Andrés Iniesta vom FC Barcelona feiern den Gewinn der Champions League 2009. Der spanische Verein ist erfolgreich, aber verschuldet.

(Foto: dpa)

Ausnahmen bestätigen die Regel. Doch immer mehr Vereine scheinen sich ein Beispiel am FC Bayern München zu nehmen und dessen Sparmeister Uli Hoeneß. Der sagt immer, er bevorzuge es, in der Festgeldabteilung der Bank vorbeizuschauen statt in der Kreditabteilung. Bloß keine Schulden machen - das scheint typisch deutsch zu sein

Und wie sieht es in den anderen großen Ligen Europas aus? Zum Fürchten. In Italien wurde vor wenigen Monaten ein Korruptionsskandal ruchbar - die Zuschauer boykottieren zunehmend den Spielbetrieb, viele Partien spielen sich vor fast leeren Rängen ab.

In Spanien gibt es zwar Zuschauer und tollen Fußball, er ist aber total auf Pump finanziert. Mit sage und schreibe 3,5 Milliarden Euro stehen die Erstliga-Vereine in der Kreide, ein Drittel davon geht auf das Konto der beiden Parade-Klubs Real Madrid und FC Barcelona.

Hier die Soliden, dort die Schuldenmacher

Zum Vergleich: In der Bundesliga beträgt die Verschuldung der Vereine knapp 600 Millionen Euro. Hier die Soliden, dort die Schuldenmacher - fast wie im realen Leben. Man will ja gar nicht so genau wissen, wie es in der griechischen Fußball-Liga zugeht.

Finanzielles Fair Play nach Deutschlands Vorbild

Mag sein, dass die anderen exzessiv Geld leihen - es sind aber auch die anderen, die siegen. Die Himmelsstürmer von Borussia Dortmund schieden in der Vorrunde der Champions League sang- und klanglos aus. Der FC Bayern verlor im Finale auf unglaubliche Weise gegen eine britische Maurer-Mannschaft. Die deutsche Nationalelf scheiterte im Europameisterschafts-Halbfinale gegen die italienische Korruptionsverdachts-Truppe. Und Europameister wurden die spanischen Schuldenmacher. Da könnte mancher zur Frage kommen, ob die Deutschen vielleicht zu brav sind und zu solide wirtschaften. Oder anders gewendet: Schießen Schulden Tore?

Bayern-Präsident Hoeneß stellte in diesem Zusammenhang die Frage, wie es sein könne, dass Deutschland den spanischen Staat mit unterstütze, der wiederum seine Fußballvereine unterstütze. Ob es also sein könne, dass deutsches Geld indirekt dazu beträgt, die Schulden der größten Bayern-Konkurrenten weiter zu erhöhen und sie weiter unschlagbar zu machen. Die deutschen Vereine dürfen sich trotz solcher Fragen nicht von ihrem Weg abbringen lassen. Sportlicher Erfolg, der um jeden Preis erkauft werden soll, führt auf Dauer in den Ruin. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) tut gut daran, bei der Vergabe der Lizenzen streng zu sein. Es ist einer ihrer größten Erfolge, dass es in der Bundesliga zuletzt keine größeren Finanz-Skandale mehr gegeben hat.

Ohnehin wäre es sinnlos, wenn sich deutsche Klubs den Usancen anderer Länder annähern würden. Sie können in Ruhe abwarten, bis es umgekehrt läuft: Von 2013 an prüft der europäische Fußballverband Uefa erstmals die Bilanzen der Klubs. Das Projekt nennt sich Financial Fair Play. Die Vereine dürfen künftig nicht mehr ausgeben, als sie einnehmen.

Finanzierung über russische Oligarchen und Scheichs wird schwieriger

Es gibt dabei eine großzügige Übergangsfrist, weil sonst zu viele Vereine in Europa zusammenbrechen würden. Bis 2015 darf ein Klub noch 45 Millionen Euro Miese machen, bis 2018 sind es 30 Millionen. Danach aber dürfen die Ausgaben die Einnahmen nur mehr um fünf Millionen Euro im Jahr übersteigen.

Spanische Vereine müssen künftig darauf achten, dass sie sich nicht weiter maßlos verschulden. In Großbritannien wird es nicht mehr möglich sein, dass einfach ein russischer Oligarch oder ein Scheich jedes Jahr die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben begleicht. Financial Fair Play wird für mehr Gerechtigkeit auf der internationalen Fußball-Bühne sorgen. Die deutschen Vereine haben dabei einen Startvorteil.

Die Ware Fußball ist ein erstklassiges Produkt, und die Grenzen der Attraktivität sind noch gar nicht ausgelotet. In Asien und Arabien interessiert man sich zum Beispiel sehr für deutschen Fußball. Hier kann die DFL bei der Vergabe von Fernsehrechten noch viel tun, um den Vereinen neue Einnahmequellen zu erschließen.

Wie attraktiv Fußball ist, beweist in diesen Tagen ausgerechnet einer der größten Spekulanten der Welt: George Soros sicherte sich beim Börsengang von Manchester United knapp acht Prozent der Aktien. Er zwang vor 20 Jahren mit seinen Finanzwetten das britische Pfund in die Knie. Wenn so jemand an die Zukunft des Fußballs glaubt, kann es um ihn nicht so schlecht bestellt sein.

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