Süddeutsche Zeitung

Geländewagen:Schwerer, stärker, schmutziger

Autohersteller sagen, wie wichtig es sei, sauberere Autos zu bauen. Doch am besten verkaufen sich große Geländewagen.

Von Thomas Fromm

Wenn alle Autohersteller ständig darüber reden, wie wichtig es ist, sparsamere und sauberere Autos zu bauen, und die Autos, die sich am besten verkaufen, ausgerechnet große Geländewagen - SUVs - sind, dann kann man das für einen großen Widerspruch halten.

Nur auflösen lässt er sich schlecht, denn Autokonzerne bauen ja nicht die Autos, die per se am umweltfreundlichsten sind, sondern erst einmal jene Kisten, die der Kunde haben will. Und momentan ist es so, dass der Kunde vor allem große und sportliche Geländewagen fahren will.

Und weil alle hoch über den Dingen sitzen und dabei stark motorisiert sein wollen, setzen BMW, Daimler, VW und all die anderen auf Größe - und wissen dabei genau, dass kleiner besser wäre.

Das Problem daran ist: Je größer so ein Auto, desto mehr Blech muss transportiert werden. Und je schwerer so ein Auto wird, desto stärker muss der Motor sein: In den ersten neun Monaten hatte der durchschnittliche Dieselwagen in Deutschland 163 PS, so eine Studie der Universität Duisburg-Essen. Vor 20 Jahren reichten noch durchschnittliche 98 PS, um Autos hierzulande zu bewegen.

All diese großen Autos mit großen Motoren führen nun dazu, dass sich das Klimagift Kohlendioxid (CO₂) nur schwer zurückfahren lässt - auch wenn Motoren heute im Prinzip sauberer sind als noch vor 20 Jahren. Oder, anders gesagt: Wären Autos 2015 mit der durchschnittlichen Motorleistung aus dem Jahre 2008 unterwegs gewesen, dann hätte sich alleine Deutschland 9,3 Millionen Tonnen CO₂ sparen können, so eine Analyse des Statistischen Bundesamtes vom Mittwoch. Demnach habe sich der CO₂-Ausstoß um fast fünf Millionen auf 112,3 Millionen Tonnen im Jahr 2015 erhöht; die Flotte sei in dieser Zeit von knapp 41 Millionen auf 44,5 Millionen Fahrzeuge angewachsen. Dass der Spritverbrauch seit 2008 immer weiter zunimmt, braucht einen nicht zu wundern: Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 45,3 Milliarden Liter Sprit verfahren, 3,6 Prozent mehr als 2008, und einer der Hauptgründe dafür lautet: SUVs. Ein großer Geländewagen frisst einiges mehr als ein Kleinwagen, aber zumindest solange der Ölpreis noch einigermaßen niedrig ist, stört das kaum jemanden.

Wie soll das weitergehen? Lange glaubte die Industrie, mit ihren Dieselautos, die weniger CO₂ ausstoßen, die Lösung gefunden zu haben. Seit der VW-Dieselaffäre weiß man, dass die Geschichte anders geht. Damit nicht eines Tages gigantische Elektro-SUVs mit Riesenbatterien durch die Städte surren, bleibt nur: Alles wieder ein bisschen kleiner machen.

"Downsizing" nennt man das in der Industrie.

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Quelle:
SZ vom 15.12.2016
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