Geheimtreffen in Berlin:Steinbrück lässt Conti und Schaeffler abblitzen

"Konstruktive Gespräche" im Wirtschaftsministerium: Conti und Schaeffler werben bei Minister Glos um Staatsgeld. Doch Finanzminister Steinbrück ist empört.

Es geht um den in Schieflage geratenen Autozulieferer Schaeffler, der sich mit der Übernahme des Konkurrenten Continental möglicherweise zu viel zugemutet hat - und der sich jetzt in einer schwierigen Schieflage befindet.

Geheimtreffen in Berlin: Finanzminister Steinbrück: "Wir können es doch keinem Menschen erklären, Unternehmen, hinter denen Milliardenvermögen stehen, mit Steuergeldern zu unterstützen."

Finanzminister Steinbrück: "Wir können es doch keinem Menschen erklären, Unternehmen, hinter denen Milliardenvermögen stehen, mit Steuergeldern zu unterstützen."

(Foto: Foto: AP)

Vertreter von Schaeffler und Continental haben sich im Wirtschaftsministerium mit Glos sowie den Unions-Ministerpräsidenten Horst Seehofer (Bayern) und Christian Wulff (Niedersachsen) getroffen und ausgelotet, ob die Unternehmen mit staatlicher Hilfe gestützt werden können.

Wie das Ministerium in einer kurzen Erklärung am frühen Donnerstagmorgen mitteilte, seien die Gespräche "konstruktiv" verlaufen. Ursprünglich war das Treffen für Donnerstagmorgen angesetzt. Warum der Termin schon am Mittwochabend stattfand, wurde nicht mitgeteilt.

"Die beteiligten Unternehmen werden in den nächsten Wochen ein tragfähiges und zukunftsweisendes Konzept vorlegen, das mit den wichtigsten beteiligten Banken abgesprochen ist. Das ist eine Voraussetzung für weitere Verhandlungen mit Bund und Ländern unter der koordinierenden Federführung des Bundes", hieß es in der Erklärung des Wirtschaftsministeriums weiter. Einzelheiten wurden nicht genannt. Offenbar hat Schaeffler wegen einer Kapitalspritze von bis zu vier Milliarden Euro angefragt.

Gegenwind von Steinbrück

Für ziemlich schlechte Laune sorgen diese Gespräche bei Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD). Er lehnt staatliche Hilfen für Schaeffler rigoros ab. "Es ist nicht Aufgabe des Staates, in solchen Fällen einzugreifen, in denen unternehmerische Entscheidungen möglicherweise nicht durchdacht genug waren", sagte er der Berliner Zeitung. "Wir können es doch keinem Menschen erklären, Unternehmen, hinter denen Milliardenvermögen stehen, mit Steuergeldern zu unterstützen." Auf die Frage, ob die Regierung einen Rettungsschirm über die Schaeffler-Gruppe spannen werde, sagte Steinbrück wörtlich: "Ein ganz klares Nein."

Unterdessen hat die Unternehmerin Maria-Elisabeth Schaeffler den umstrittenen Milliarden-Deal mit Continental verteidigt. Der Bild-Zeitung sagte Schaeffler, sie sehe nicht, dass sich die Firmengruppe mit dem Conti-Kauf verhoben habe. "Wir erleben die größte Finanzkrise seit Jahrzehnten, wir haben eine weltweite Rezession und Automobilkrise. Das Umfeld für alle Unternehmen hat sich dramatisch verändert. Das fordert uns jetzt, aber wir werden Lösungen finden", sagte Schaeffler. Niemand habe die Finanzkrise und die "drastischen Folgen für die gesamte Wirtschaft" voraussehen können. Aus juristischen Gründen könne die Conti-Übernahme auch nicht mehr abgesagt werden.

Der Autozulieferer Schaeffler wirbt in den Verhandlungen mit Bund und Ländern auch für einen direkten Einstieg des Staates. Schaeffler brachte neben der Anfrage nach Krediten oder Bürgschaften eine Beteiligung des Bundes mit Conti-Aktien ins Spiel. Offenbar hat Schaeffler deshalb auch bei der Bundesregierung angefragt, ob für Staatshilfen der neue 100-Milliarden-Schutzschirm der Koalition für die Industrie genutzt werden könne. Über diesen Weg könnte der Bund Conti-Aktien in einer Größenordnung von drei bis vier Milliarden Euro übernehmen, so die Überlegung. Dies wird bislang von der Bundesregierung strikt abgelehnt.

Ernste Lage

Denn aus dem 100-Milliarden-Euro-Topf, den die Koalition mit dem zweiten Konjunkturpaket beschlossen hat, soll es nur Kredite und Bürgschaften für Unternehmen geben.

Am Dienstag hatte Schaeffler bereits mit der Staatsregierung in Bayern verhandelt. Konkrete Ergebnisse gab es nicht. Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) betonte, Hilfen für die beiden Zulieferer könne es nur unter Federführung des Bundes geben. Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) sagte, ein oder zwei Länder allein könnten die Sache nicht stemmen. Schaeffler und Conti haben zusammen über 200.000 Beschäftigte.

Die Lage bei Conti-Großaktionär Schaeffler gilt als sehr ernst. Der Kugellager-Spezialist hält 49,9 Prozent der Conti-Aktien. Zunächst als Coup von Milliardärin Maria-Elisabeth Schaeffler gefeiert, entpuppt sich die Übernahme des viel größeren, börsennotierten Dax-Konzerns aus Hannover wegen der Finanz- und Autokrise zunehmend als Gefahr für beide Unternehmen. Schaeffler und Conti sind mit insgesamt rund 22 Milliarden Euro verschuldet.

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