Gehaltsvergleich:Nur britische Bosse verdienen mehr als deutsche

Fast nirgendwo verdienen Vorstandschefs mehr als in Deutschland - mit durchschnittlich 4,3 Millionen Euro im Jahr stehen die deutschen Unternehmenschefs in Europa an zweiter Stelle. In der Einzelwertung landet VW-Chef Winterkorn mit seinen 16 Millionen Euro auf Platz drei.

Markus Zydra, Frankfurt

Rueckblick 2012: Maerz

Der Vorstandsvorsitzende der Volkswagen AG, Martin Winterkorn, verdient Schätzungen nach 16,6 Millionen Euro.

(Foto: dapd)

Mit dem fairen Gehalt für Vorstandschefs ist das so eine Sache. Die Rezipienten der Millionenbeträge halten sich, wenn nicht für unterbezahlt, so doch zumindest für angemessen entlohnt; eine Selbsteinschätzung, die von der deutlich weniger verdienenden Öffentlichkeit mit einem leichten Gruseln zur Kenntnis genommen wird.

Es ist also alles eine Frage der Perspektive. Fest steht aber: Die deutschen Manager verdienen sehr gut. Sie stehen mit einem Durchschnittsgehalt von 4,3 Millionen Euro im Jahr 2011 europaweit an zweiter Stelle - direkt hinter den Briten, wo höhere Dotierungen in der angelsächsischen Tradition liegen. "Es gab ja immer wieder Klagen, die deutschen Führungskräfte verdienten zu wenig, doch nun sind die Gehälter wettbewerbsfähig", sagt Jella Benner-Heinacher, Vorsitzende des Beratungshauses ECGS, das erstmals einen europaweiten Vergleich gezogen hat.

ECGS analysierte die Gehaltsstrukturen der Führungsebenen in 392 europäischen Unternehmen. Darunter waren in Deutschland die 30 Konzerne im Deutschen Aktienindex (Dax), einige MDax-Unternehmen und zum Beispiel auch der Autobauer Porsche. Benner-Heinacher, die auch als stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) amtiert, forderte, dass in Zukunft die Aufsichtsräte in Deutschland darauf achten sollten, dass bestimmte Gehaltsgrenzen nicht überschritten würden. Diese Grenze falle je nach Branche jedoch unterschiedlich hoch aus. "Wenn die Aufsichtsräte von sich aus keine Obergrenzen ziehen, dann wird Brüssel wohl ein entsprechendes Gesetz ausarbeiten", sagte Benner-Heinacher.

Britische Unternehmensbosse erhielten der Studie zufolge mit mehr als fünf Millionen Euro noch knapp ein Viertel mehr. Deutschlands Topmanager strichen jedoch 252 Prozent mehr als ihre Kollegen in Portugal und immerhin noch 25 Prozent mehr als Unternehmenschefs in Frankreich ein. Auf den Plätzen drei und vier der 14 untersuchten Länder landeten mit jeweils gut vier Millionen Euro Chefs von Unternehmen in der Schweiz und Spanien. Im europaweiten Durchschnitt ergab sich eine Summe von 3,7 Millionen Euro.

Spitzenverdiener ist der Chef von Publicis

Während ein Großteil der Vergütung in Deutschland bar ausgezahlt werde, erhielten die Chefs britischer oder schweizerischer Unternehmen den Löwenanteil in Form von Aktien. Spitzenverdiener der 392 Manager ist Maurice Lévy, Chef des weltweit drittgrößten Kommunikationsunternehmens Publicis. Er kam auf rund 19,7 Millionen Euro Gesamtvergütung. Das liege vor allem daran, dass Lévy einen seit Jahren aufgeschobenen Anspruch auf ein 16-Millionen-Bonuspaket geltend gemacht habe, hieß es zur Erklärung.

Auf Rang zwei findet sich der inzwischen zurückgetretene Barclays-Vorstandschef Bob Diamond. Seine Gesamtvergütung für 2011 lag demnach bei gut 17,5 Millionen Euro. Die britische Großbank war im Sommer in der Affäre um Zinsmanipulationen (Libor) in die Kritik geraten. Wegen verbotener Absprachen akzeptierte Barclays Ende Juni 290 Millionen Pfund Strafe. Diamond verlor wegen der Affäre seinen Posten. Die dritthöchste Vergütung unter den Unternehmenslenkern kassierte Martin Sorrell vom britischen Werbeunternehmen WPP. Er kam auf eine Gesamtvergütung von 16,7 Millionen Euro. Auf Rang vier steht Volkswagen-Lenker Martin Winterkorn, der auf rund 16,6 Millionen Euro taxiert wird.

Die Aktionärsschützer fordern, dass die Eigentümer ihre Verantwortung wahrnehmen. In einigen Staaten wie Deutschland und Großbritannien stimmen die Aktionäre auf Hauptversammlungen - ohne Bindungswirkung - über die Vorstandsgehälter ab: "Doch obwohl dieses Aktionärsvotum unverbindlich ist", so Benner-Heinacher, "gibt es viele Fälle, in denen der Aufsichtsrat zum Handeln gezwungen wurde." In Finnland und Dänemark sind diese Voten bindend.

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