Süddeutsche Zeitung

Gehälter:Was die Bahn im Vergleich zu anderen Branchen bietet

Lesezeit: 2 min

5,1 Prozent mehr Lohn, so lautet das Angebot der Deutschen Bahn an die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Das klingt zunächst nach gar nicht so wenig, doch betrachtet man die Zahl genauer und setzt sie vor allem in Vergleich zu den Tariferhöhungen, die andere Branchen in diesem Jahr erreicht haben, sieht das schon etwas anders aus. Denn die Lohnerhöhung soll nicht auf einmal erfolgen, sondern in zwei Schritten: 2,5 Prozent im März 2019 und 2,6 Prozent im Januar 2020, bei einer Vertragslaufzeit von 29 Monaten.

Zum Vergleich: In diesem Jahr steigen die Tariflöhne aller Branchen durchschnittlich um drei Prozent. Das hat die Tarifbilanz des Wirtschaft- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung ergeben, die am Montag veröffentlicht wurde. Berücksichtigt man lediglich die Neuabschlüsse aus diesem Jahr, ist sogar eine Lohnsteigerung von 3,5 Prozent zu verzeichnen.

Das Plus aus Vereinbarungen, die in den Jahren zuvor getroffen wurden, liegt bei 2,5 Prozent. "Im Durchschnitt gibt es also spürbare Reallohnzuwächse", teilte Thorsten Schulten, Leiter des WSI-Tarifarchivs, mit. Der vorläufigen Jahresbilanz zufolge liegen diese bei voraussichtlich 1,1 Prozent, wenn man von einem durchschnittlichen Anstieg der Verbraucherpreise von 1,9 Prozent ausgeht.

Höhere Löhne macht die Arbeit attraktiver

Bei den Lohnsteigerungen gibt es jedoch deutliche Unterschiede, je nach Branche: Während die Tariflöhne in der Energiewirtschaft Nordrhein-Westfalen zum Beispiel durchschnittlich um 2,2 Prozent stiegen, lag der Zuwachs im ostdeutschen Bauhauptgewerbe bei 6,6 Prozent.

Die Bahnmitarbeiter liegen mit einer Entgeltsteigerung von 2,6 Prozent im Jahr 2018 unter dem allgemeinen Durchschnitt von drei Prozent. Allerdings erhielten nur jene Mitarbeiter die Gehaltserhöhung, die sie auch wählten. Denn die Beschäftigten konnten alternativ auch mehr Freizeit in Anspruch nehmen. Ein Fahrdienstleiter beispielsweise, der die 2,6 Prozent gewählt hat, verdient inklusive anteiligem Weihnachts- und Urlaubsgeld zwischen 2500 und 3560 Euro brutto im Monat, je nachdem, wo er eingesetzt wird.

Sein Kollege, der die Urlaubsoption gewählt hat, kommt dementsprechend auf 2440 bis 3470 Euro. Fahrdienstleiter steuern Weichen und Signale, sie sind für einen reibungslosen Zugverkehr verantwortlich. Die Tariferhöhungen werden die Bahn viel Geld kosten, sie könnten allerdings auch helfen, ein Problem des Konzerns zu lindern: den großen Personalmangel, der inzwischen auch die Servicequalität und die Pünktlichkeit beeinträchtigt. Das Unternehmen will im nächsten Jahr gut 20 000 neue Mitarbeiter einstellen. Höhere Löhne dürften helfen, mehr Interessenten für eine Arbeit bei der Bahn zu gewinnen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4247072
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 11.12.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.